Auf diesen Seiten stelle ich ausgewählte Ergebnisse meiner Arbeit auf dem Gebiet der Didaktik des Mathematikunterrichts vor. Sie betreffen vor allem Überlegungen zu wahren mathematischen Begriffen und Zusammenhängen als Einheit formaler und inhaltlicher Momente.  Die Überlegungen zur Modellierung stochastischer Situationen, zu den Begriffen Zufall, Wahrscheinlichkeit, Merkmal oder Prozent sind nur für das Lernen von Mathematik, sondern für viele andere Wissenschaften von Bedeutung.

Die vorgestellten Auszüge aus Publikationen enthalten viele Bezüge zu philosophischen Hintergründen, insbesondere eine immanente Prozesssicht, Begriffe als Gesamtheiten von Gedanken und Einheit gegensätzlicher Momente. Aus heutiger Sicht würde ich einiges anders formulieren und vertiefen, ohne dass sich dadurch der Inhalt der wesentlichen Aussagen ändert.

Die spekulative Methode von Hegel und das Lernen von Mathematik

Ausgehend von den etwa 100.000 Seiten, die Publikationen in den letzten Jahrzehnten zur Interpretation der Werke von Hegel umfassen, stelle ich meine Überlegungen zu den Ursachen dieses Phänomens dar. Am Beispiel des Terminus „Spekulation“ soll das Problem der eigenen Bedeutungen zentraler Wörter bei Hegel verdeutlicht werden. Es wird auf das Verhältnis von Philosophie und Mathematik bei Hegel und in aktuellen Werken zur Philosophie der Mathematik eingegangen. Hauptziel des Beitrages ist der Nachweis, dass aus der Hegelschen Philosophie wesentliche Anregungen für die Vermittlung von Mathematik kommen können. Dies betrifft das Verhältnis von Innerem und Äußerem bei der Aneignung von Wissen sowie die Einheit formaler und nichtformaler Momente mathematischer Begriffe. Am Beispiel der Begriffe „Variable“ und „Wahrscheinlichkeit“ zeige ich, dass alleine mit formalen Momenten nur ein rudimentäres und auch fehlerhaftes Verständnis des wahren Inhalts der Begriffe erreicht wird. Am Schluss des Beitrages werden Arten nichtformaler Momente mathematischer Begriffe vorgestellt.

Gegenstände der Mathematikdidaktik

Die Fachdidaktiken kämpfen um ihre Anerkennung als eigenständige wissenschaftliche Disziplinen. Von den einen werden sie als Bestandteil der jeweiligen Fachwissenschaft, von anderen als Bestandteil der Erziehungswissenschaften und von einigen auch als „Design-Science“ (d. h. Konstruktion und Erforschung von geeigneten Lernumgebungen) angesehen. Die Frage nach dem Gegenstand einer Wissenschaft ist substantiell für ihre Existenz. In dem Auszug aus meinem Didaktiklehrbuch werden eigenständige Gegenstände der Mathematikdidaktik angegeben, die ihren selbständigen Status als Wissenschaft determinieren und in analoger Weise auf alle anderen Fachdidaktiken übertragen werden können.

Modellierung stochastischer Situationen

Stochastische Situationen sind allgegenwärtig, fast nichts ist sicher, Daten gibt es überall. Um solche Situationen zu bewältigen, müssen Sie in geeigneter Weise wissenschaftlich erfasst werden. Das in dem Beitrag dargestellte Modell und die damit verbundene Prozessbetrachtung sind über 40 Jahre gereift und haben sich in zahlreichen Zusammenhängen bewährt. In dem Auszug aus einem Lehrbuch für Grundschullehrkräfte werden sie an elementaren Beispielen ausführlich läutet. Meine Kolleginnen Katja Krüger, Grit Kurtzmann und Christine Sikora haben sich kritisch damit auseinandergesetzt und zur Reife des Produkts beigetragen.

Die Vorschläge und Konkretisierungen betreffen den Stochastikunterricht in der Schule, lassen sich aber auf alle anderen gesellschaftlichen Bereiche übertragen. Insbesondere eröffnen sie einen neuen Blick auf den Umgang mit Daten. Um Daten wirklich interpretieren zu können, muss man die realen Vorgänge untersuchen, in deren Ergebnis sie entstanden sind, was heute selten geschieht.

Der Begriff Zufall

„Zufall“ ist eines der schillerndsten Wörter, sowohl im Alltag als auch in der Wissenschaft. Selten gibt es so viele unterschiedliche Bedeutungen eines Wortes, es lässt sich als Terminus kaum fassen und ist als Begriff nur mit großer Mühe zu explizieren. Aber jeder verwendet das Wort und im Stochastikunterricht kommt man nicht herum, mit Schülerinnen und Schüler darüber zu sprechen. In dem Auszug aus einem Lehrbuch für Grundschullehrkräfte wird in Auswertung relevanter Literatur versucht, auf verständliche Weise und mit vielen konkreten Äußerungen von Kindern möglichst viele Momente des Begriffs zu beschreiben. Dabei hat mich die Co-Autorin Grit Kurtzman sehr unterstützt.

Weiterhin werden die Wortverbindungen „zufälliges Ereignis“, „Zufallsexperiment“ und „Zufallsgerät“, die in der Wissenschaft und im Unterricht oft eine zentrale Rolle spielen, kritisch betrachtet und für den Unterricht als ungeeignet charakterisiert.

Ein Hauptergebnis der Begriffsanalysen ist der Vorschlag, auf das Wort „Zufall“ möglichst zu verzichten. Man kann ohne Verwendung der Wörter „Zufall“ oder „zufällig“ das damit Gemeinte in geeigneter Weise weit besser zum Ausdruck bringen. Dies wird an vier typischen Beispielen verdeutlicht.

Momente des Wahrscheinlichkeitsbegriffs

Das Wort „Wahrscheinlichkeit“ ist in der Mathematik ein grundlegender Terminus, der aber nur axiomatisch festgelegt wird. D. h. es werden ohne eine Definition über die Gattung und den Artunterschied vorzunehmen, nur formale Bedingungen angegeben, die erfüllt sein müssen, damit etwas als „Wahrscheinlichkeit“ bezeichnet werden kann.

In dem Auszug aus einem Lehrbuch für Mathematiklehrkräfte werden die wesentlichen Momente des Wahrscheinlichkeitsbegriffs, die im Beitrag als Aspekte bezeichnet werden, an Beispielen erläutert. Die Co-Autorinnen des Lehrbuchs haben die Entstehung des Kapitels kritisch begleitet.

Im Mittelpunkt stehen zwei entgegengesetzte Intensionen, die sogenannten objektiven und subjektiven Wahrscheinlichkeiten, mit denen unterschiedliche Situationen und unterschiedliche mathematische Theorien verbunden sind. Sie spalten die Zunft der Mathematiker und ihrer Anwender in zwei entgegengesetzte Lager. Vorgeschlagen wird, die Gegensätze als Einheit eines Ganzen aufzufassen.

Weiterhin wird erörtert, wie man Wahrscheinlichkeiten ermitteln, qualitativ und durch Chancen angeben sowie interpretieren kann. Dies betrifft nicht nur den Unterricht, sondern den Umgang mit Wahrscheinlichkeiten im Alltag eines jeden Bürgers.

Der Begriff Merkmal und andere Grundbegriffe der Beschreibenden Statistik

In der Fachliteratur zur Disziplin „Beschreibende Statistik“ werden Grundbegriffe wie „Merkmal“ „Skala“ und „Daten“ sehr unterschiedlich verwendet und erklärt. Oft unterscheidet man in aufwändiger Weise Merkmalsarten, Skalenarten und Datenarten.

Auf der Grundlage eines 3-Ebenen-Modells für stochastische Situationen, dass an zwei Beispielen erläutert wird, wird ein Vorschlag zur Definition des Terminus „Merkmal“ unterbreitet. Davon ausgehend wird weiterhin ein System von Bezeichnungen vorgeschlagen, womit gegenwärtige Sprechweisen wesentlich vereinfacht und durchsichtiger gemacht werden können.

Die Vorschläge zum Terminus „Merkmal“ in der Beschreibenden Statistik lassen sich auf den allgemeinen Merkmalsbegriff, wie er in der Philosophie und anderen Wissenschaften verwendet wird, anwenden, was später noch genauer dargestellt werden soll.

Probleme im Umgang mit Prozenten

Die Fünf-Prozent-Hürde ist eine gängige Formulierung aus dem politischen Alltag. Umso bedenklicher ist es, wenn weniger als die Hälfte von befragten Auszubildenden und Fachgymnasiasten zutreffende Interpretationen der Formulierung „5 % der Bürger“ nicht erkannt haben. Dies ist nur ein Zeichen für die vielen Probleme, die in der Schule und im Alltag mit Prozenten verbunden sind. In dem Beitrag werden Probleme aufgelistet und auf ihre unzureichende wissenschaftliche Bearbeitung, insbesondere für die Behandlung im Unterricht, hingewiesen.

Eine Hauptursache für die Schwierigkeiten liegt im Prozentbegriff selbst. Er besitzt gegensätzliche Momente, die zu unterschiedlichen mathematischen Modellen führen und sogar Wissenschaftlern Probleme bereiten. Angesichts der unbestreitbaren Bedeutung eines sinnvollen und sicheren Umgangs mit Prozenten, ist hier auf verschiedenen Ebenen noch einiges zu tun.