Ein neuer Zugang zu den Begriffen Merkmal und Eigenschaft

Merkmal und Eigenschaft sind fundamentale Begriffe in zahlreichen Wissenschaften, so in der Philosophie, der Psychologie oder der Beschreibenden Statistik. Begriffsanalysen haben ergeben, dass es sehr selten Versuche zur Explikation oder Unterscheidung dieser beiden Begriffe gibt, die insgesamt als unbefriedigend eingeschätzt werden müssen.

Es wird ein neuer Zugang zu den Begriffen vorgeschlagen, der auf der axiomatischen Methode beruht, wie sie von David Hilbert (1862–1943) am Beispiel der Geometrie begründet wurde. Es werden zahlreiche Beispiele mit diesem neuen Zugang zu den Begriffen untersucht und dabei wird die Tragfähigkeit und Konstruktivität der Vorschläge deutlich.

Analysen zu den Begriffen „Merkmal“ und „Eigenschaft“

Eine Analyse der Erklärung und Verwendung der beiden Begriffe in Lexika und Fachbüchern der Disziplinen Philosophie, Theologie, Psychologie, Mathematik und Beschreibender Statistik zeigt, dass es keine zufriedenstellenden Erklärungen gibt. Es kann, wie das Beispiel von Verwendungen in der Beschreibenden Statistik zeigt, zu begrifflichen Inkonsistenzen führen, wenn Arten der Messung von Merkmalsausprägungen als Arten von Merkmalen bezeichnet und Merkmalsausprägungen mit Messwerten gleichgesetzt werden. Die Ausprägung des Merkmals „Sprungweite“ ist der Abdruck im Sand und nicht die gemessene Weite.

„Merkmal“ und „Eigenschaft“ sind Grundbegriffe der Philosophie, der eng mit den Begriffen Sein, Ding und anderen zusammenhängen. Es ist Aufgabe der Philosophie aus ihrer Sicht auf alle Anwendungsgebiete geeignete Explikationen der Begriffe auf einer übergreifenden Ebene vorzunehmen, die dann zu Konsequenzen für die Fachdisziplinen führen. Diese Aufgabe hat die Philosophie bisher nicht erfüllt.

Momente des Begriffs „Eigenschaft“ in Schriften von Aristoteles

Auf der Suche nach Ideen zu den Begriffen „Merkmal“ und „Eigenschaft“ bei Aristoteles bin ich auf die von ihm verwendeten Wörter idion und symbebêkos gestoßen. Er erfasst mit diesen beiden Wörtern Momente des Begriffs „Eigenschaft“, die in der heutigen Literatur kaum oder gar nicht erwähnt werden. Ich unterbreitete einen Vorschlag zur Einführung des philosophischen Begriffs „Eigentümlichkeit“, der auf den Ideen von Aristoteles zum Wort idion beruht. Die verschiedenen Übersetzungen von symbebêkos ins Deutsche sind ein Beispiel für den Einfluss der Vorstellung der Übersetzer zu philosophischen Begriffen, in diesem Fall zu „Zufall“, „Eigenschaft“ und „Merkmal“ auf die gewählten sprachlichen Übertragungen. Ich weise nach, dass die häufig anzutreffenden Übersetzungen mit „zufällig“ nicht sinnvoll sind unterbreitete einen eigenen Vorschlag. Beide Vorschläge werden an Beispielen von Aristoteles erläutert.

Exzerpte zu Wolff und Kimmerle zu den Termini Unterschied, Differenz, Gegensatz und Widerspruch

Der Text enthält zwei Exzerpte zu Beiträgen von Michael Wolff und Heinz Kimmerle auf der Tagung der Internationalen Hegelvereinigung 1980 sowie ein Exzerpt zum Buch von Wolff (2017): Der Begriff des Widerspruchs.

Das Verständnis der entsprechenden Überlegungen Hegels ist fundamental für das Verständnis seiner Theorie. Nach Hegel ist die Negativität abstrakte Grundlage aller philosophischen Ideen und auch des spekulativen Denkens. Ohne Erkenntnis der Natur der reflexionslogischen Negativität sei „kein Schritt in der Philosophie möglich“. Dies ist nach meiner Ansicht eine zutiefst „materialistische“ Auffassung.

Beide Autoren bemühen sich, die anspruchsvollen und zum Teil verworrenen Überlegungen von Hegel zu den genannten Termini sowie zur Negativität und Negation zu interpretieren. Insbesondere Wolff entwickelt dazu in seinem Buch umfangreiche Argumentationen mit eigenen Begrifflichkeiten und Symbolen. Allerdings erweisen sich diese Überlegungen teilweise als ebenso unverständlich wie die von Hegel. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Überlegungen von Hegel viel expliziter mit eigenen Worten und vor allem auch mit einer Reihe von Beispielen interpretiert werden.

Ich weise auf einige Ungereimtheiten in den Darlegungen hin, insbesondere was die Bezüge zur Mathematik angehen. Ich gehe weiterhin auf unterschiedliche Bedeutungen verwendeter Termini ein, die von den Autoren nicht immer auseinandergehalten werden und versuche eigene Interpretationen der Überlegungen von Hegel vorzunehmen.

Insgesamt halte ich die Resultate der Hegel-Interpretationen noch für unzureichend. Es müsste eine stärkere Loslösung von Hegels verwirrender Terminologie und eine Konzentration auf seine wesentlichen fundamentalen Gedanken erfolgen.

Analyse der Termini Beziehung und Verhältnis

Die Wörter „Beziehung“ und „Verhältnis“ werden im Alltag und in der philosophischen Literatur in vielen Fällen synonym gebraucht, da sie mehrere gemeinsame Seme haben. Die quantitativen und inhaltlichen Analysen ergaben eine Reihe von interessanten Ergebnissen. Einmal zeigte sich, dass sich die Erklärung dieser Wörter in den Nachschlagewerken für die Alltagssprache erheblich unterscheiden. In den philosophischen Nachschlagewerken wird das Wort „Verhältnis“ sehr häufig verwendet. Eine Analyse entsprechender Formulierungen ergab, dass in den meisten Fällen anstelle von „Verhältnis“ auch das Wort „Beziehung“ verwendet werden könnte. Dies erweist sich in diesen Fällen sogar als günstiger, da mit dem Wort „Beziehung“ vielfältigere und tiefgründigere Gedanken verbunden sind. Die spricht für eine Bevorzugung des Terminus „Beziehung“. Es gibt aber auch Sachverhalte, in denen nur die Worte „Verhältnis“ bzw. „Verhältnisse“ verwendet werden sollten.

Die Untersuchungen ergaben weiterhin, dass die Wörter „Wechselbeziehung“ und „Wechselverhältnis“ als philosophische Termini ungeeignet sind.

Analysen der Wörter Gemeinsamkeit, Gleichheit, Identität und Einheit

Um geeignete Termini für die Relation der teilweisen oder völligen Übereinstimmung zu finden, wurden die Wörter „Gemeinsamkeit“, „Gleichheit“ und „Identität“ untersucht. Da eine Bedeutung des Wortes „Identität“ enge Bezüge zu einer Bedeutung des Wortes „Einheit“ hat, wurde auch dieses in die Analyse einbezogen.

Während die Wörter „Gleichheit“ und „Identität“ als Termini in der philosophischen Literatur auftreten, werden die Wörter „Gemeinsamkeit“ und „Einheit“ ohne weitere Explikationen in ihrer alltagssprachlichen Bedeutung verwendet.

Bei der Analyse der Termini „Gleichheit“ und „Identität“ in den philosophischen Lexika zeigten sich insbesondere beim Terminus „Identität“ erhebliche Unterschiede in der Verwendung und unvollständige Explikationen in den betreffenden Stichworten. Die Momente des Terminus „Identität“ werden in dem Text neu strukturiert. Zusammenfassend wird seine mangelnde Eignung für verständnisvolle philosophische Erörterungen herausgestellt.

Analysen der Wörter Verschiedenheit, Unterschied, Unterscheidung und Differenz

Um geeignete philosophische Termini zu bestimmen, mit denen die Relation der Nichtübereinstimmung zwischen mentalen oder nichtmentalen Objekten bzw. von Momenten innerhalb eines solchen Objektes allgemein bezeichnet werden kann, wurden die Bedeutungen der Wörter Verschiedenheit, Unterschied/Unterscheidung und Differenz in der Philosophie und der Umgangssprache untersucht.

Dabei hat sich herausgestellt, dass das Wort „Differenz“ aus mehreren Gründen bis auf Verwendungen in speziellen Theorien ungeeignet ist.

Als besonderes Problem hat sich die Unterscheidung von Bedeutungen der Wörter „Verschiedenheit“ und „Unterschied“ erwiesen. Die Charakterisierung von Verschiedenheit als Gegenbegriff zur Identität in der philosophischen Literatur wird aufgrund der unterschiedlichen Bedeutungen des Wortes „Identität“ problematisiert. Verschiedenheit kann ebenfalls nicht als Gegenbegriff zur Gleichheit angesehen werden.

Analysen der Wörter Gegenteil, Komplementarität, komplementär, Polarität und Dichotomie

Es wurden geeignete Termini gesucht, um Relationen des Gegensatzes zwischen zwei mentalen oder nichtmentalen Objekten bzw. innerhalb eines solchen Objektes bezeichnen. Dazu wurden die Explikationen und Verwendungen der Wörter Gegenteil, Komplementarität, komplementär, Polarität und Dichotomie in der Alltagssprache, der Philosophie und z. T. der Linguistik untersucht und Übersichten zu den Verwendungsarten erstellt.

Das Wort „Gegenteil“ erwies sich als ungeeignet aufgrund des seltenen Auftretens in philosophischen Texten, fehlender Explikationen, unterschiedlicher Verwendungen und dargestellten Problemen in der Alltagssprache.

Auch die Wörter „Komplementarität“ und „komplementär“ sind nicht geeignet, da sie im Alltag und in der Philosophie nur marginal und in der Philosophie sowie in der Linguistik mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet werden. Die Wörter sind weiterhin sprachlich anspruchsvoll und ihre Bedeutung ist nicht intuitiv zu erfassen.

Auch das Wort „Polarität“ ist aufgrund seiner dominierenden physikalischen Bedeutung in der Alltagssprache, den unterschiedlichen Bedeutungen in anderen Bereichen und der sehr unterschiedlichen Verwendung in der Philosophie sowie auch der Linguistik kein geeigneter Terminus.

Das Wort „Dichotomie“ kann als philosophischer Terminus verwendet werden, der aber eine sehr geringe Anwendungsbreite hat. Von den sehr wenigen Beispielen in den philosophischen Lexika hat sich nur ein einziges als Dichotomie im strengen Sinne herausgestellt.

Analyse des Terminus Gegensatz

Die Analyse des Terminus „Gegensatz“ in der Alltagssprache und in der philosophischen Literatur zeigt seine häufige und sehr vielfältige Verwendung. Neben den untersuchten Lexika wird ausführlich auf die Auffassungen von Romano Guardini im Rahmen seiner lebensphilosophischen Betrachtungen eingegangen und eine Wertung vorgenommen. Es werden weiterhin zahlreiche Probleme zum Terminus „Gegensatz“ herausgestellt, unter anderem Beziehungen zum Terminus „Widerspruch“. Alle Gegensatzpaare, die in den ausgewählten Zitaten vorkommen, sind in einer strukturierten Zusammenstellung enthalten. Im Ergebnis der Analyse des Terminus werden zwölf Aspekte angegeben, nach denen konkrete Gegensätze in einheitlicher Weise untersucht werden können.