Hans-Dieter Sill, 20.08.2024
Analysen zu den Wörtern Prozess, Vorgang und Zustand
Inhalt
„Prozess“ in der Alltagssprache
Auswertungen und Schlussfolgerungen zur Verwendung des Wortes
„Prozess“ in der Alltagssprache
„Vorgang“ in der Alltagssprache
Auswertungen und Schlussfolgerungen zur Verwendung des Wortes
Explikation des Begriffs „Vorgang“
Auswertungen zur Verwendung des Wortes
Explikation des Begriffs „Zustand“
Vorbemerkungen
Die Wörter Zustand und Vorgang bzw. Prozess sind eine Grundlage für dynamische Betrachtungen. Vorgang und Prozess werden oft als synonym angesehen, die folgenden Analysen weisen aber auf einige Unterschiede hin, die für eine Bevorzugung des Wortes Vorgang sprechen.
Zu Ermittlung der Bedeutungen der Wörter im Alltag wird das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache (www.dwds.de/) verwendet (DWDS). Um einen Eindruck von der Häufigkeit der Verwendung des Wortes im Alltag zu bekommen wird für die Jahre 2016-2020 die Häufigkeit pro 1 Million Token (Frequenz) im DWDS- Zeitungskorpus sowie Kollokationen mit anderen Wörtern angegeben.
Als weitere Quellen zu Bedeutung von Wörtern werden herangezogen
- die Internet Enzyklopädie Wiktionary (Wiktionary) (https://de.wiktionary.org/wiki/Wiktionary:Hauptseite) und
- das Deutsche Universalwörterbuch (2023) (DUW)
Um einen ersten Überblick zu den Verwendungen der Wörter, ihrer Geschichte und Bezüge zu anderen Inhalten in der Philosophie zu gewinnen, werden die Einträge in der Internetenzyklopädie Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite) verwendet (Wiki).
Um die Bedeutungen der Wörter in der Philosophie genauer zu analysieren, werden die folgenden Wörterbücher und Enzyklopädien verwendet. Sie liegen auch in elektronischer Form vor, wodurch eine Suche nach den Wörtern im gesamten Text möglich ist.
- Ritter u. a. (2007): Historisches Wörterbuch der Philosophie, 17.144 Sp. (8.572 S.) (HWPh)
- Prechtl und Burkard (2008): Metzler Lexikon Philosophie, 705 S. (MLPh)
- Sandkühler (2010): Enzyklopädie Philosophie, 3.209 S. (EPh)
Mit den jeweiligen Suchfunktionen wird im Volltext nach den betreffenden Wörtern gesucht und es wird die Anzahl der jeweiligen Ergebnisse absolut und (in Klammern) pro 100 Seiten angegeben.
Weitere Informationen zu den Wortanalysen und Auswahlkriterien sind auf der Seite „Zu den Wortanalysen und Auswahlkriterien“ enthalten.
Prozess
Literaturanalysen
„Prozess“ in der Alltagssprache
DWDS
Frequenz: 102,1
Kollokationen: beginnen (7.5, 8246), langwierig (7.0, 1325), fortsetzen (6.9, 2363), politisch (6.7, 4154), aussagen (6.6, 1155)
Bedeutungen:
- gerichtliches Verfahren zur Entscheidung von Zivilsachen, Familiensachen, Strafsachen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten
- gesetzmäßig verlaufender Vorgang
Wiktionary
- eine durch ein Ereignis ausgelöste Folge von Aktivitäten oder Zuständen, die in einen Endzustand mündet
- Recht: Gerichtsverhandlung, Gerichtsverfahren, Rechtsstreit
- Informatik: in Rechnern ablaufende Programme
DUW
Prozess: 1. vor einem Gericht ausgetragener Rechtsstreit: einen Prozess verlieren; * jmdm. den Prozess machen; [mit jmdm., etw.] kurzen Prozess machen (1. ugs.; energisch, rasch, ohne große Bedenken u. Rücksicht auf Einwände [mit jmdm., etw.] verfahren. 2. salopp; jmdn. skrupellos töten). 2. sich über eine gewisse Zeit erstreckender Vorgang, bei dem etw. [allmählich] entsteht, sich herausbildet: ein chemischer Prozess; ein Prozess gegenseitiger Annäherung; der Prozess ist abgeschlossen.
Wiki
Prozess steht für:
- Prozess, ein gerichteter Ablauf eines Geschehens
- Prozess (Informatik), ein von einem Computerprogramm gesteuerter Informationsverarbeitungsvorgang
- Prozess (Recht), ein streitiges Verfahren vor Gericht
- Prozess (Technik), Gesamtheit der Vorgänge in einer technischen Anlage
- chemischer Reaktionsvorgang, der Ablauf einer chemischen Reaktion
- in Unternehmen oder Behörden:
- Arbeitsprozess (Betriebswirtschaft), die Kombination von Arbeit und Betriebsmitteln
- Führungsprozess, von einer Führungskraft wiederholt einzusetzende Menschenführung
- Geschäftsprozess, dient der Erfüllung der Unternehmensziele
- Kernprozess, dient der Wertschöpfung
- Managementprozess, dient der Strukturierung der organisatorischen Rollen und deren Aufgaben
- Produktionsprozess, dient der Herstellung von Produkten oder Dienstleistungen;
Ein Prozess (von lateinisch procedere, „vorwärts gehen“) kann als ein Verlauf, eine Entwicklung oder ganz allgemein als ein System von Bewegungen bezeichnet werden. Vergleichbare Begriffe sind auch „Hergang“, „Fortgang“, „Ablauf“ und „Vorgang“. Die ursprüngliche Hauptbedeutung ist der Prozess als Rechtsbegriff.
Ein deterministischer Prozess ist ein Prozess, bei dem jeder Zustand kausal von anderen, vorherigen, abhängig ist und von diesem bestimmt wird. Ein stochastischer Prozess (Zufallsprozess) ist einer, bei dem ein Zustand aus anderen Zuständen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit folgt. Hier können nur statistische Gegebenheiten angenommen werden.
Hegel globalisiert und entspezifiziert den Begriff, indem er ihn mit „Bewegung“ identifiziert. Schließlich bezieht er den Prozessbegriff auf sich selbst, spricht von der „Bewegung des Prozesses“ einerseits und dem „prozeßlosen Prozeß“ andererseits.
„Prozess“ in der Philosophie
HWPh
2807 (32,7) Ergebnisse; Im Stichwort „Prozess“, Autoren: (Röttgers und Beckmann 2007) sind u. a. folgende Gedanken enthalten.
Aus I. (Autor Röttgers)
- Der allgemeine und geschichtsphilosophische Begriff des Prozesses., wie er uns bei Hegel begegnet, stammt weder aus der juristischen Prozess-Literatur, noch aus der Logik, sondern, über die Naturphilosophie Hegels und der Romantik vermittelt, aus der Chemie. 7, S. 1548
- Eine Verbindung des juristischen und naturphilosophischen Prozess-Begriffs findet sich erstmals bei NOVALIS; ja er faßt die Idee einer Theorie des «Allgemeinen Prozesses». Novalis verwendet auch als erster die Redeweise «Prozess der Geschichte». Diese Übertragung der Begrifflichkeit des Prozesses «auf das ganze Universum» wird auch von RITTER legitimiert und von SCHELLINGS Begriff des «absoluten Prozesses» eingefangen 7, S. 1549-1550
- Bei ihm [Hegel] tritt von Anfang an auch der Begriff des «absoluten Prozesses» auf. Neu dagegen ist seine Begriffsprägung eines «theoretischen Prozess» (gemeint ist damit der Prozess der sinnlichen Empfindung). Verlassen wird die naturphilosophische Vermitteltheit des Prozess-Begriffs bei Hegel erst dadurch, daß er dem theoretischen Prozess einen «praktischen Prozess» zur Seite stellt. «Der theoretische Proceß geht in den praktischen Proceß über, in welchem sich das Bewußtseyn ebenso zur Totalität macht», indem der Werkzeuggebrauch und damit der Entwurf zum Konstituens des praktischen Prozesses wird. … identifiziert Hegel erstmals «Bewegung» und «Prozess» kurzerhand; für beide Begriffe bedeutet das eine Entspezifizierung. Zunehmend aber wird der Prozess-Begriff bei Hegel nicht nur entspezifiziert und globalisiert (Erde als «System von Bewegung und Prozess»; Begriff des «totalen Prozesses», des «absoluten Prozesses»), sondern daneben auch spiritualisiert. Der «Gang» des Geistes durch Begriffe, Prozesse und Individualitäten stellt sich nun selbst als ein Prozess dar. Bd. 7, S. 1550
- Seit 1807 (Phänomenologie des Geistes) wird der Prozess-Begriff mit der Dialektik in Verbindung gebracht. Nun wird Negativität zum «Prinzip des Prozesses» erklärt. Damit hat sich allerdings auch das Rittersche Triplizitätsschema der Interpretation der Prozess-Organisation vorläufig durchgesetzt. Indem nun der dialektische Prozess zum Schema der Methode geworden ist, ist alle wahre Erkenntnis solche, die den Gegenstand als Prozess begreift: «… die Natur begreifen heißt, sie als Prozess darstellen». Die methodische Präsupposition, die sich den Prozess-Begriff auferlegt hat, bewirkt, daß die Gesamtheit des Gangs des Geistes (in Natur und Geschichte) unter die Maxime der Darstellung als Prozess gestellt wird. Erst unter dieser Rahmenvoraussetzung bezeichnet Hegel die Stufen der Weltgeschichte als «Grundprinzipien des allgemeinen Prozesses» Bd. 7, S. 1550
- Bald jedoch taucht dieser Begriff auch in der eigentümlich Marxschen Form auf als «gesellschaftlicher Produktions-Prozess» mit der Doppelbedeutung des Prozesses der Produktion, die unter sozialen Bedingungsfaktoren steht, sowie des Prozesses, mittels dessen sich Gesellschaft produziert und reproduziert. Am Begriff des Zirkulations-Prozesses stellt Marx dar, wie diese Doppelheit «nicht in zwei isolierte Prozesse zerfällt», sondern in dialektischer Weise «zugleich ihre bewegte Einheit darstellt. … Wie die Natur-Prozesse endet auch der Arbeits-Prozess mit einem Resultat: «Der Prozess erlischt im Produkt» 7, S. 1553
- FREUD, der sehr frühzeitig eine Rechtsmetaphorik des Prozesses auf Natur-Prozesse angewandt hatte («Ich werde Einsicht nehmen in die Jahrtausende alten Akten der Natur, vielleicht selbst ihren ewigen Prozess belauschen …»), spricht später in solchen Zusammenhängen nur noch von «Vorgängen», Bd. 7, S. 1556
- HARTMANN setzt den Prozess-Begriff in eine Korrelation zum Formbegriff: «Das Leben ist überall und in jeder Hinsicht ebenso sehr Form als Prozess». Allerdings räumt Hartmann sofort dem Prozess eine vorrangige Position ein: «Die Form hat ihre Bedingungen, aus denen sie sich erbaut, im Prozess». Wir kennen die lebendige Form nicht anders als im Prozess begriffen und im Prozess entstehend. So ist der Prozess das konstitutive Prius. In der Erkenntnis freilich hat man oft umgekehrt von der Form auszugehen, weil sie einfacher zugänglich erscheint, der Prozess ist «verborgen» Bd. 7, S. 1557
Aus II. (Autor Beckmann)
- Zur Fundamentalkategorie wird der Prozess-Begriff im Denken von A. N. WHITEHEAD … Danach ist die Welt ein Prozess-Ganzes, welches in einer fortwährenden Entwicklung begriffen ist [3]. Unter Prozess versteht Whitehead nicht einen Vorgang, der ‚an oder ‚in als solchen prozeßfreien Dingen abläuft; das eigentlich Wirkliche ist vielmehr der Prozess selbst («The reality is the process»). Das Sein der ‚Dinge ist mit ihrem Werden identisch, es gibt nur Werdendes, nicht Dinge ‚im Werden. Wie etwas entsteht, ist konstitutiv dafür, was etwas ist. Whitehead nennt dies das «Prozess-Prinzip Bd. 7, S. 1558
- Diese Auffassung Whiteheads erklärt sich auf dem Hintergrund seiner Ablehnung der Auffassung von der Natur als etwas Statischem und den Dingen als isolierbaren, in sich prozeßfreien Substanzen mit wechselnden Eigenschaften. Bd. 7, S. 1559
- Dieses Modell der Wirklichkeit als eines Nebeneinander in sich prozeßfreier, rein äußerlich aufeinander bezogener, im Rezeptakulum von Raum und Zeit befindlicher Dinge ist nach Whitehead mit den Erkenntnissen der modernen Physik, nach denen die Dinge ‚im Raum Modifikationen von physikalischen Feldern sind, nicht in Einklang zu bringen. Bd. 7, S. 1559
- Der Prozess-Begriff findet somit dreifach Verwendung: zum einen in der Erklärung der Natur, welche ein Prozess-Ganzes ist, zum zweiten im Hinblick auf die Erklärung der Wirklichkeit, welche in der Konkretisierung aktualer Einzelwesen besteht, und schließlich in der Erfassung, mit deren Hilfe die Vielheit des Möglichen zur Einheit des Wirklichen wird. Allen drei Anwendungen des Prozess-Begriffs ist der Umstand gemeinsam, daß Prozess und Realität in einem wechselseitigen Implikationsverhältnis stehen. Bd. 7, S. 1560
Weitere Zitate
- Abstraktion heißt, gemäß der einen Auffassung, jener psychische Prozeß, durch den wir zu Universalien als den Allgemeinbegriffen gelangen. Bd. 1, S. 59
- Zur Beschreibung «dialektischer» Phänomene benutzt Engels vier Kategoriengruppen: Zusammenhang (Verkettung, Wechselwirkung); Gegensatz (Widerstreit, Widerspruch); Bewegung (Prozeß, Geschichte, Umbildung, Entwicklung, Aufstieg vom Niederen zum Höheren, Fluß, Leben, Entstehen und Vergehen, fort- und rückschreitende Veränderung, Kreislauf); Dauer (ohne Ende, unaufhörlich, fortwährend, rastlos, stetig, ewig). Bd. 2, S. 206
MLPh
256 (36,3) Ergebnisse; Im Stichwort „Prozess“, Autor: (Grau 2008) sind u. a. folgende Gedanken enthalten.
- Prozess, die Aufeinanderfolge verschiedener Zustände und Handlungen, wobei ein Zustand kausal aus dem anderen hervorgeht. S. 489
- Bei Hegel wird der Prozess-Begriff seines naturphilosophischen Gehaltes entkleidet und gewinnt vor allem geist- und geschichtsphilosophisch an Gewicht (Dialektik). S. 490
- Im 20. Jh. hat Whitehead den Prozess-Begriff im Rahmen seiner Kosmologie wieder als Fundamentalkategorie eingeführt. Für ihn ist das Universum als fortwährend sich entwickelndes Prozess-Ganzes zu verstehen, der Prozess ist die gesamte Wirklichkeit. S. 490
- In der Erkenntnistheorie betont der Prozess-Begriff vor allem den dynamischen Charakter von Erkenntnis. Im Anschluss an Kant wird deutlich, dass Erkenntnis einen infiniten Prozess darstellt. Jeder vermeintliche Abschluss eines Erkenntnisprozesses scheitert an der Verfasstheit menschlichen Erkenntnisvermögens. In diesem Sinne ist der Prozess-Charakter der Erkenntnis vor allem durch Poppers Begriff der Falsifikation in diesem Jh. erneut unterstrichen worden. S. 490
Im Stichwort „Prozessphilosophie“ (Autor: Rolf-Jürgen Lachmann) sind u. a. folgende Gedanken enthalten.
- Prozessphilosophie, Bezeichnung für die ontologische Position, dass »Sein« kein passives und gleichbleibendes Beharren, sondern prozessual verfasst ist. S. 490
- Nach Whitehead ist alles Seiende als Prozess oder als Bestandteil von Prozessen aufzufassen. … Jedes Seiende ist das, was es ist, wesentlich aufgrund seiner Relationen zu anderem Seienden. Jedes Seiende ist essentiell durch seine Umgebung konditioniert und gewinnt seine Realität aufgrund der Verarbeitung dieser Relationen. … Das prozessuale Geschehen ist aber kein formloses Werden, sondern hat die Gestalt von Prozesseinheiten, die Whitehead »aktuale Entitäten« (actual entities) nennt. Aktuale Entitäten sind die letzten realen Dinge, aus denen die Wirklichkeit besteht. Diese Behauptung drückt das »ontologische Prinzip« aus. In Bezug auf die aktualen Entitäten lautet das »Prozessprinzip«, dass ihr Sein durch ihr Werden konstituiert wird. Aktuale Entitäten haben folgende allgemeine Struktur: (1) Sie entstehen ausgehend von den Ergebnissen anderer ihnen vorausgehender und sie verursachender aktualer Entitäten. … (2) Die Anfangsphase geht in einen Vorgang des Zusammenwachsens, der »Konkreszenz« über. Hier wird der Modifikations- und Integrationsvorgang der angeeigneten Daten weitergeführt. … (3) Mit der Bildung eines einheitlichen die Daten verbindenden Musters kommt die Konkreszenz an ihr Ende. S. 490
- Die erste Formulierung der Prozessphilosophie findet sich bei Heraklit. Nach ihm ist alles Seiende permanent »im Fluss« und in unaufhörlicher Veränderung. Der Seinsgrund der Dinge wird nicht als gleichbleibende Substanz, sondern als ein »ewig lebendiges« und sich permanent änderndes »Feuer« verstanden. Alle Dinge sind das Ergebnis seines Wirkens. Wenn man den Gedanken der »internen Relationen« als die zentrale prozessphilosophische Position ansieht, so besteht in Hegels Philosophie eine wichtige Vorbereitung. S. 491
Weitere Zitate
- Die Erkenntnistheorie ist demnach nicht als empirische Wissenschaft durchführbar. Denn ihre Fragen zielen nicht auf irgendwelche Ereignisabfolgen oder Verlaufsformen psychischer oder mentaler Prozesse, d.h. sind keine denkpsychologischen Tatsachenfragen, sondern müssen als Begründungs- und Geltungsfragen verstanden werden (Kant, Popper). S. 152
- Die theoretischen Begriffe werden aus einer Rekonstruktion jener Prozesse, durch welche die sinnhaft strukturierte Wirklichkeit produziert wird, gewonnen. S. 157
- Nach der Evolutionstheorie ist die biologische bzw. organismische Evolution durch zwei gekoppelte Prozesse gekennzeichnet, die Transformation und die Diversifikation. S. 172
- Daher kann sie [die Heuristik] keine systematische Anleitung zur Problemlösung bieten, sondern nur eine Theorie innovativer Prozesse und ihrer Voraussetzungen, … S. 240
- So sind im Rahmen der neuen bildgebenden Verfahren neue Messtechniken entstanden, die eine vielfältige Erforschung mentaler Prozesse auf neuronaler Ebene ermöglichen und so den Namen kognitive Neurowissenschaften rechtfertigen. S. 296
- Sowohl Personen, als auch Prozesse und deren Ergebnisse können als kreativ bezeichnet werden. S. 317
- Funktionale Prozesse sind danach solche, welche zur Erhaltung der Strukturen beitragen. S. 601
- Bei Hegel ist das Übergehen in Anderes der dialektische Prozess in der Seinslogik; in der Wesenslogik ist er das Scheinen, in der Begriffslogik dagegen Entwicklung. S. 631
- Heraklit thematisiert vorrangig den Prozess des ununterbrochenen Werdens und Vergehens. S. 664
EPh
1097 (34,2) Ergebnisse; Es gibt das Stichwort „Prozess“, Autor: (Röttgers 2010), das u. a. folgende Gedanken enthält:
- Als Prozess kann in der heutigen Allgemeinsprache jeder Vorgang bezeichnet werden, in dem sich irgendeine Veränderung ereignet. S. 2163bu
- Konsequent durchgeführt wird dieser Übergang [zum naturwissenschaftlichen Prozessbegriff] allerdings erst in den naturphilosophischen Deutungen der Beobachtungen von Galvani und Volta durch Alexander von Humboldt und J. W. Ritter. A. v. Humboldt schreibt: »Das Hauptobjekt der vitalen Chemie ist der chemische Prozess des Lebens. Mit diesen Worten bezeichne ich die bestimmte Folge von Veränderungen, welche in den Bestandteilen der erregten Materie vorgehen und in welchen die Lebensäußerungen gegründet sind.« S. 2165
- Nunmehr spricht Hegel vom ›Prozess der Welt‹, der sich so darstellt, »dass dasselbe einmal Inhalt, Passives gegen ein Anderes, das andremal selbst Tätiges gegen ein anderes Passives war, und dieses aus seiner Differenz in sich zurückkehrt, und so selbst in der Form eines auf sich selbst Bezogenen ist.«[16]Hegels Metaphysik wird so zu einer Prozessmetaphysik der sich selbst erhaltenden Prozesse. … Im Grunde ist für Hegel Zeit nichts anderes als der abstrakte Prozess, oder der Prozess nichts anderes als die konkrete Gestalt der Zeit. S. 2167
- In einer Anmerkung zur franz. Ausgabe von Das Kapital gibt Marx Rechenschaft über seinen eigenen Prozessbegriff. Prozess bedeute »eine Entwicklung«, »die im Gesamtzusammenhang ihrer realen Bedingungen betrachtet wird.« S. 2167
- Die Emergenz einer solchen Prozessphilosophie hat in der Ontologie die Frage aufgeworfen, ob die Grundkategorien solche der Dinge oder Substanzen seien, die dann in Prozesse eintreten, oder ob die Grundkategorien Prozesse seien, aus denen Dinge und Substanzen hervorgehen. S. 2168
- Sowohl an Prozessen als auch an Relationen orientierte Theoriebildungen unterlaufen an Dingen, Substanzen oder anderen statischen Elementen ausgerichtete Theorien; es bleibt aber eine diskussionsbedürftige Frage, ob diese beiden ontologischen Alternativen sich ausschließen oder nicht vielmehr an den Vorbildern Hegel und Marx anschließende einander ergänzende Aspekte darstellen. S. 2168b
Weitere Zitate
- Zu unterscheiden ist hier, ob sie (1) praktische Überlegungen als eigentliche (oder gar einzige) Quelle für absichtliche Handlungen betrachten (»pervasive« Position; (2) den Rekurs auf praktische Überlegung lediglich als ›Rekonstruktion‹ intentionalen Handelns begreifen, ohne diese als tatsächlichen mentalen Prozess aufzufassen (rein-rekonstruktionistische Ansätze) S. 12
- Der Begriff der Arbeit wird durch innere Äquivokation und äußere Verdoppelung bestimmt. Semantische Mehrdeutigkeit und lexikalische Vielfalt bringen die Dialektik von Freiheit und Notwendigkeit zum Ausdruck, mit der die Menschen seit je versucht haben, den Prozess der Aneignung und Entwicklung ihrer Lebensbedingungen und Entfaltungsmöglichkeiten kategorial zu erfassen. S. 143bu
- Das Dao ist einem Rad vergleichbar, in Bewegung und doch fixiert. Es ist Funktionalität und Prozess, einfaches Geschehen. S. 338b
Auswertungen und Schlussfolgerungen zur Verwendung des Wortes
„Prozess“ in der Alltagssprache
In der Alltagssprache gehört das Wort „Prozess“ mit einer Frequenz von 102 zu den sehr häufig verwendeten Wörtern. Wie die signifikanten Kollokationen mit „beginnen“, „langwierig“, „fortsetzen“ und „aussagen“ zeigen, wird das Wort vor allem in seiner Bedeutung als gerichtliches Verfahren verwendet. Im DUW wird diese Bedeutung sogar als erste genannt.
Als weitere Bedeutung wird in den Lexika angegeben:
- gesetzmäßig verlaufender Vorgang (DWDS)
- eine durch ein Ereignis ausgelöste Folge von Aktivitäten oder Zuständen, die in einen Endzustand mündet (Wiktionary)
- sich über eine gewisse Zeit erstreckender Vorgang, bei dem etw. [allmählich] entsteht, sich herausbildet (DUW)
- ein gerichteter Ablauf eines Geschehens (Wikipedia)
- ein System von Bewegungen (Wikipedia)
Den Bedeutungen ist gemeinsam, dass sie den dynamischen Charakter des Prozessbegriffes beinhalten. Die konkreten Bestimmungen sind unterschiedlich und werfen unter anderem folgende Fragen auf:
- Was bedeutet „gesetzmäßig“? Sind Vorgänge, die nicht nach Gesetzen verlaufen, wie etwa ein Problemlösungsprozess, keine Prozesse?
- Müssen Prozess immer durch ein Ereignis ausgelöst werden?
- Kann jeder Prozess als eine Folge von Zuständen charakterisiert werden?
- Ist jeder Prozess gerichtet?
- Was heißt Bewegungen?
Viele der Erklärungen und angegebenen Beispiele für Prozess beziehen sich auf das Wort „Vorgang“ (gesetzmäßig verlaufender Vorgang, Informationsverarbeitungsvorgang, Gesamtheit der Vorgänge in einer technischen Anlage, chemischer Reaktionsvorgang).
„Prozess“ in der Philosophie
Die relative Häufigkeit des Wortes „Prozess“ ist in allen drei analysierten Lexika mit 32,7 bis 36,3 Ergebnissen pro 100 Seiten fast identisch. Das Wort gehört zu den häufig gebrauchten Wörtern in den Lexika. In allen drei Lexika gibt es ein entsprechendes Stichwort, sodass „Prozess“ als philosophischer Terminus bezeichnet werden kann. In den drei Texten werden übereinstimmend folgende Phasen der Herausbildung des philosophischen Prozessbegriffs dargestellt.
- Ausgangspunkt war der um 1300 eingeführte juristische Prozessbegriff, der sich gegen Ende des 14. Jh. in den Rechtswissenschaften allgemein durchgesetzt (Röttgers 2010, 2164b).
- Die zweite Quelle des allgemein gefassten Prozessbegriffs ist der chemische Prozess. Daraus hat sich in Verallgemeinerung der naturwissenschaftliche Prozessbegriff herausgebildet. „A. v. Humboldt schreibt: ‚Das Hauptobjekt der vitalen Chemie ist der chemische Prozess des Lebens. Mit diesen Worten bezeichne ich die bestimmte Folge von Veränderungen, welche in den Bestandteilen der erregten Materie vorgehen und in welchen die Lebensäußerungen gegründet sind.‘“ (Röttgers 2010, 2165)
- Der „Begriff des ›totalen‹ Prozesses und dann wenig später des ›absoluten‹ Prozesses wird zum Schlüsselbegriff, der in den wenigen Jahren von 1798 bis 1808 den Übergang des Prozessbegriffs von einem chemischen über einen naturphilosophischen zu einem allgemeinen metaphysischen Begriff befördert.“ (Sandkühler et al. 2010, S. 2166) Novalis verwendet als erster die Redeweise «Prozess der Geschichte» „In der Phänomenologie des Geistes (1807) wird dann als ›Prinzip des Prozesses‹ die Negativität bestimmt, genauer als »Fürsichsein im Anderssein«. Damit werden Dialektik und Prozessbegrifflichkeit zu verschwisterten Konzepten. Etwas philosophisch darzustellen, und es als Prozess darzustellen werden zu identischen Konzepten. Prozess als Dialektik ist sowohl ein Darstellungsverfahren als auch der Prozess des Sichselbstdarstellens des Geistes.“ (Röttgers 2010, 2167)
- Marx verwendet den Begriff des gesellschaftlichen Produktionsprozesses mit der Doppelbedeutung des Prozesses der Produktion, die unter sozialen Bedingungsfaktoren steht, sowie des Prozesses, mittels dessen sich Gesellschaft produziert und reproduziert. Wie die Natur-Prozesse endet auch der Arbeitsprozess mit einem Resultat: «Der Prozess erlischt im Produkt» (Röttgers und Beckmann 2007, S. 1553). Prozess bedeutet für Marx »eine Entwicklung«, »die im Gesamtzusammenhang ihrer realen Bedingungen betrachtet wird« (Röttgers 2010, 2167).
- Zur Fundamentalkategorie wird der Prozess-Begriff im Denken von A. N. WHITEHEAD. Danach ist „die Welt ein Prozess-Ganzes, welches in einer fortwährenden Entwicklung begriffen ist. Unter Prozess versteht Whitehead nicht einen Vorgang, der ‚an oder ‚in als solchen prozeßfreien Dingen abläuft; das eigentlich Wirkliche ist vielmehr der Prozess selbst («The reality is the process»). Das Sein der ‚Dinge ist mit ihrem Werden identisch, es gibt nur Werdendes, nicht Dinge ‚im Werden.“ (Röttgers und Beckmann 2007, S. 1558). „Allerdings unterläuft er auch den Kausalitätsbegriff, indem er Prozesse nicht als etwas interpretiert, das an einem an sich prozessfreien Ding sich ereignet, vielmehr ist der Prozess das eigentlich Reale. Das können einerseits Übergänge zwischen Ereignissen sein, andererseits Vorgänge des Zusammenwachsens“ (Röttgers 2010, 2168).
Die Auffassungen von Whitehead sind Grundlage der sogenannten Prozessphilosophie. Damit wird die ontologische Position bezeichnet, dass „»Sein« kein passives und gleichbleibendes Beharren, sondern prozessual verfasst ist (Grau 2008, S. 490). Dies knüpft an die Auffassung von Heraklit an, dass alles Seiende permanent »im Fluss« und in unaufhörlicher Veränderung ist.
Nach Whitehead gab es wenige Publikationen zur Prozessphilosophie. Die Suche im Katalog der Universitätsbibliothek Rostock ergab lediglich zwei Publikationen aus dem Jahre 1990 bzw. 1994. Muraca (2013) stellt fest: „Whiteheads Prozessphilosophie zeigt eine komplexe Wirkungsgeschichte. In den USA wurde sie insbesondere theologisch umformuliert und spielt heute noch eine entscheidende Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen Evolutionisten und Kreationisten.“
Nach Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Prozessphilosophie, abgerufen am 29.07.2021) ist Nicholas Rescher gegenwärtig der prominenteste Vertreter der Prozessphilosophie. Er beschreibt Prozessphilosophie als eine allgemeine metaphysische Theorie über die Realität und das menschliche Wissen darüber. Die grundlegende ontologische Kategorie der Prozessphilosophie ist der Prozess, ist die These, dass die Natur vorrangig aus Prozessen und Veränderungen besteht und dass Dinge bereits abgeleitete Abstraktionen im Zuge der Erkenntnis sind. Dinge sind nicht mehr als eine zeitlich begrenzte stabile Ordnung von Prozessen.
Der heutige Prozessbegriff wird in den Lexika in folgender Weise charakterisiert.
- Der Prozess-Begriff findet somit dreifach Verwendung: zum einen in der Erklärung der Natur, welche ein Prozess-Ganzes ist, zum zweiten im Hinblick auf die Erklärung der Wirklichkeit, welche in der Konkretisierung aktualer Einzelwesen besteht, und schließlich in der Erfassung, mit deren Hilfe die Vielheit des Möglichen zur Einheit des Wirklichen wird. Allen drei Anwendungen des Prozess-Begriffs ist der Umstand gemeinsam, daß Prozess und Realität in einem wechselseitigen Implikationsverhältnis stehen (Röttgers und Beckmann 2007, S. 1560).
- Prozess [ist] die Aufeinanderfolge verschiedener Zustände und Handlungen, wobei ein Zustand kausal aus dem anderen hervorgeht (Grau 2008, S. 489).
- Als Prozess kann in der heutigen Allgemeinsprache jeder Vorgang bezeichnet werden, in dem sich irgendeine Veränderung ereignet (Röttgers 2010, 2163bu).
Rescher (2006, S. 2) hebt vor allem drei Charakteristika von Prozessen hervor:
- Ein Prozess ist ein Komplex – eine Einheit aus mehreren Stufen oder Phasen
- Dieser Komplex hat eine bestimmte zeitliche Verknüpfung und Einheit, sodass entsprechend Prozesse unverzichtbar eine zeitliche Dimension haben.
- Ein Prozess hat eine Struktur, eine eigene generische Form, durch die jeder konkrete Prozess eine bestimmte Ordnung oder Form erhält.
Als Adjektivattribute von „Prozess“ treten auf: absolut, theoretisch, dialektisch, psychisch, mental, biologisch, organismisch, innovativ, kreativ, funktional, chemisch, abstrakt.
In den Lexika werden folgende Probleme benannt, die mit dem Terminus zusammenhängen:
- Es wird die Frage aufgeworfen, „ob die Grundkategorien solche der Dinge oder Substanzen seien, die dann in Prozesse eintreten, oder ob die Grundkategorien Prozesse seien, aus denen Dinge und Substanzen hervorgehen (Röttgers 2010, 2168).
- Sowohl an Prozessen als auch an Relationen orientierte Theoriebildungen unterlaufen an Dingen, Substanzen oder anderen statischen Elementen ausgerichtete Theorien; es bleibt aber eine diskussionsbedürftige Frage, ob diese beiden ontologischen Alternativen sich ausschließen oder nicht vielmehr an den Vorbildern Hegel und Marx anschließende einander ergänzende Aspekte darstellen (Röttgers 2010, 2168b).
Schlussfolgerungen
Während im Alltag das Wort „Prozess“ vor allem im Sinne eines juristischen Verfahrens verwendet wird, gibt es in philosophischen Texten unterschiedliche Auffassungen zu Bedeutungen des Wortes, die sich bereits bei den Erklärungen zeigen.
So wird etwa ein Prozess als eine Aufeinanderfolge verschiedener Zustände bezeichnet, zwischen denen kausale Zusammenhänge bestehen. Dies würde eine große Gruppe von Prozessen, wie etwa Informationsverarbeitungsprozesse ausschließen.
In der weitesten Fassung des Begriffs wird ein Prozess als ein Vorgang angesehen, in dem sich irgendeine Veränderung ereignet. Es wird in diesem wie auch in anderen Fällen, bei denen ein Prozess als ein Vorgang erklärt wird, nicht expliziert, was unter einem Vorgang verstanden wird.
Der Prozessbegriff von Rescher schränkt den Umfang durch die Merkmale einer Einheit aus mehreren Stufen oder Phasen sowie dem Vorliegen einer eigenen Struktur wesentlich ein.
Mit der von Whitehead begründeten Prozessphilosophie erfolgt eine einseitige Ausrichtung auf Prozesse, die mit Objekten gleichgesetzt werden.
Die aufgeführten Adjektivattribute als zum Wort „Prozess“ zeigen einerseits, dass „Prozess“ sowohl im Zusammenhang mit mentalen als auch nichtmentalen Objekten verwendet wird, dass aber auch Wortverbindungen wie theoretischer, innovativer oder kreativer Prozess erklärungsbedürftig erscheinen.
Ein offenes Problem ist offensichtlich der ontologische Status von Prozessen. Die Auffassungen von Hegel und Marx zur Einheit von statischen und dynamischen Momenten haben sich offensichtlich nicht in der Gegenwartsphilosophie mehrheitlich durchgesetzt.
Das Wort „Prozess“ ist in der Gesamtsicht seiner Verwendungen in der Alltagssprache und der Philosophie als philosophischer Terminus mit Problemen behaftet. Bei Verwendung anderer Termini sollten aber folgende Gedanken erhalten bleiben, die mit Verwendung des Terminus „Prozess“ formuliert wurden.
- Als Prozess kann jeder Vorgang bezeichnet werden, in dem sich irgendeine Veränderung ereignet.
- Die Bewegung, die Veränderung ist ein konstituierendes Merkmal alles Existierenden, das nur als sich ständig Veränderndes begriffen werden kann.
- Bewegung und Ruhe, Veränderung und Nichtveränderung bedingen sich gegenseitig, sie stehen in einer dialektischen Beziehung.
- Ein Prozess muss im Gesamtzusammenhang seiner realen Bedingungen betrachtet werden.
Vorgang
Literaturanalysen
„Vorgang“ in der Alltagssprache
DWDS
Frequenz: 30,1
Kollokationen: hat Adjektivattribut: einmalig (9.3, 1223), normal (8.4, 1406), ungeheuerlich (8.1, 302), komplex (7.9, 451), skandalös (7.8, 259)
Bedeutungen:
- Geschehnis, Hergang
- Sammlung aller Schriftstücke über eine bestimmte Angelegenheit, Akten
Wiktionary
- Ablauf, ein Geschehen
- Sammlung von Akten zu einem bestimmten Thema
DUW
Vorgang, der; -[e]s, Vorgänge [mhd. vorganc]: 1. etw., was vor sich geht, abläuft, sich entwickelt:
ein natürlicher, technischer, psychischer, chemischer, komplizierter, skandalöser Vorgang; geschichtliche Vorgänge (Prozesse); jmdn. über interne Vorgänge unterrichten. 2. (Amtsspr.) Gesamtheit der Akten, die über eine bestimmte Person, Sache angelegt sind: einen Vorgang heraussuchen, anfordern.
Wiki
Der Begriff Vorgang bezeichnet allgemein einen Prozess, ein Geschehen oder eine zeitliche Folge von Ereignissen
- in Naturwissenschaft und Technik
- Physikalischer Vorgang
- Exponentieller Vorgang, bei dem sich eine Größe exponentiell ändert
- Stationärer Vorgang, ein Vorgang in Physik, Chemie und Technik, der trotz eines Durchsatzes ruhend erscheint (oder periodisch schwingt)
- in der Arbeitsanalyse und -synthese
- Arbeitsvorgang: die Verrichtung oder Ablauffolge zwecks Aufgabenerfüllung an einem Arbeitsobjekt
- Verwaltungsvorgang: entsprechend
Außerdem bezeichnet der Begriff Vorgang einen Ablauf sowie zusammengehörige Schriftstücke.
„Vorgang“ in der Philosophie
HWPh
1134 (13,2) Ergebnisse, kein Stichwort
- Erkenntnistheoretische und ontologische Perspektiven überkreuzen einander bei den Erörterungen des Problems der Abstraktion ständig. Nicht nur, daß Abstraktion einmal als Vorgang, einmal als Resultat verstanden werden kann; vielmehr involviert bereits eine Darstellung der Abstraktion als eines Vorganges bestimmte ontologische Vorentscheidungen darüber, was hinsichtlich seiner Genese oder hinsichtlich seiner Funktion im Kontext des genannten psychischen Prozesses untersucht werden soll. Bd. 1, S. 59-60
- Der cartesianische Begriff der sinnlichen Aufmerksamkeit (admiration) bezeichnet zugleich einen psychischen Vorgang und den zugrunde liegenden physiologischen Prozeß. Bd. 1, S. 639
- Unter Begriffsbildung wird der psychologische Vorgang verstanden, der zur Kategorisierung von Objekten oder Ereignissen führt. Bd. 1, S. 787
- Komplex heißt ein Gegenstand oder ein Vorgang, wenn er als mehrheitlich und «verwickelt» imponiert und in dieser Kompliziertheit aus dem Zusammengeraten oder -wirken von Teilbeständen oder «Elementen» ableitbar gedacht wird. Bd. 4, S. 934
- In der Psychologie wird der Begriff Organisation sowohl zur Kennzeichnung eines Vorganges, im Sinne von (Organisierung), als auch zur Beschreibung eines Zustandes, der aus diesem Vorgang resultiert (Organisiertheit), verwendet. Bd. 6, S. 1328
- Gegenwärtig dürfte die Erklärung des Organismus als Vorgang und Ergebnis eines spezifischen Prozeßgleichgewichtes weitgehend Anerkennung gefunden haben; Bd. 6, S. 1335
- KRÄMER unterscheidet Selbstverwirklichung als Vorgang und Selbstverwirklichung als Resultat. Bd. 9, S. 559
- Unter Wandel oder Veränderung versteht man den kontinuierlichen Vorgang, der zwei verschiedene Zustände eines und desselben Gegenstandes zu zwei verschiedenen Zeitpunkten verbindet. Bd. 12, S. 310
MLPh
89 (12,6) Ergebnisse, kein Stichwort
- Für Aristoteles ist Wahrnehmen ein natürlicher, kein geistiger Vorgang, sinnliche Wahrnehmungen sind physisch, nicht mental. S. 13
- Der Vorgang des Lernens wird somit von Platon ebenfalls nicht als ein Übermitteln von Fakten verstanden, sondern als Wiedererinnerung an apriorische Erkenntnisinhalte, wozu der Lehrer nur helfend den Anstoß geben kann. S. 24
- Kuhns wissenschaftshistorische Analysen zeigen aber, dass der Wechsel von Paradigmata keineswegs als rationaler, begründungsorientierter Prozess kontinuierlichen Erkenntnisfortschritts verläuft, sondern ein eher irrationaler Vorgang ist, der den Charakter eines Generations- und Glaubenskampfes annimmt. S. 440
EPh
192 (6,0) Ergebnisse, kein Stichwort
- Eine Analyse ist richtig in Bezug auf den zukünftigen Gebrauch, genau dann wenn die von ihr geleitete Verwendung des Begriffs vernünftig ist. Nun haben aber die Aufgabe, in einem Vorgang eine Regelmäßigkeit oder ein Muster aufzuspüren, und die Aufgabe, vernünftige Formen des Verstehens zu bestimmen, nichts miteinander zu tun. S. 75
- Induktives Schließen = Vorgang, bei dem jemand aufgrund seines Glaubens an gewisse Prämissen und seines Glaubens an eine induktive Schlussbeziehung dazu übergeht, an die entsprechende Konklusion zu glauben: ›er hat das Ergebnis durch Induktion gewonnen. S. 1097bu
- Der Begriff der Kognition, für den sich in unterschiedlichen Theorien und Disziplinen ein breites Bedeutungsspektrum findet, kennzeichnet nicht nur den mentalen Umgang mit bereits Erkanntem (angeeignetem, organisiertem und gespeichertem Wissen), sondern auch den »Vorgang des Erkennens als Prozess der Aneignung bzw. Anwendung von Wissen«, also auch Prozesse des Lernens und Erprobens verbalisierbarer Inhalte. S. 1410b
- … Politik als Vorgang der gesellschaftlichen Veränderung und als diejenige Art Tätigkeit, welche diesen Vorgang auflöst, fördert und antreibt 2067b
- So kennzeichnet er Verstehen als »den Vorgang, in welchem wir aus Zeichen, die von außen sinnlich gegeben sind, ein Inneres erkennen« S. 2905b
- Dies bedeutet, dass zwischen den im Verlauf eines Experiments festgestellten Phänomenen und der Formulierung des Physikers sich ein Vorgang der intellektuellen Ausarbeitung mit sehr komplexen Abstraktionen und Idealisierungen einfügt. In diesem Vorgang wird ein Bericht über konkrete Fakten durch eine abstrakte und symbolische, letzten Endes theoretische Behauptung ersetzt. S. 3044b
Auswertungen und Schlussfolgerungen zur Verwendung des Wortes
Auswertungen
In der Alltagssprache kommt das Wort „Vorgang“ mit einer Frequenz von 30,1 eher seltener vor.
In allen gesichteten Lexika (DWDS, Wiktionary, DUW, Wikipedia) werden übereinstimmend zwei klar umrissene Bedeutungen des Wortes „Vorgang“ angegeben.
- Ein Vorgang ist ein Geschehnis, Hergang, Ablauf oder eine zeitliche Folge von Ereignissen.
- Ein Vorgang ist eine Sammlung aller Schriftstücke über eine bestimmte Angelegenheit.
Wie die Kollokationen mit Adjektivattributen zeigen, dominiert die erste Bedeutung.
In zwei der philosophischen Lexika tritt das Wort „Vorgang“ mit einer Häufigkeit von 13,2 bzw. 12,6 pro 100 Seiten ebenfalls eher seltener und in einem Lexikon mit einer Häufigkeit 6,0 selten auf.
In keinem Lexikon gibt es das Stichwort „Vorgang“ oder Ausführungen zu Bedeutung des Wortes in anderen Stichwörtern. Seine Bedeutungen werden also als alltagssprachlich gegeben vorausgesetzt. Eine Verwendung des Wortes in der zweiten alltagssprachlichen Bedeutung konnte in keinem Lexikon gefunden werden, in allen analysierten Fällen handelt es sich um die erste der alltagssprachlichen Bedeutungen.
Im Ergebnis des Gesamteindrucks der Verwendung des Wortes Vorgang lassen sich folgende Feststellungen treffen:
- In vielen Fällen wird in Erklärungen von Termini auf das Wort „Vorgang“ als Oberbegriff Bezug genommen. Bsp.: „So kennzeichnet er Verstehen als ‚den Vorgang, in welchem wir aus Zeichen, die von außen sinnlich gegeben sind, ein Inneres erkennen‘“ (Sandkühler et al. 2010, 2905b)
- Die Wörter Vorgang und Prozess werden teilweise synonym verwendet. Bsp.: „Als Prozess kann in der heutigen Allgemeinsprache jeder Vorgang bezeichnet werden, in dem sich irgendeine Veränderung ereignet.“ (Sandkühler et al. 2010, 2163bu)
- Häufig wird auf das Wechselverhältnis von Vorgang und Zustand bzw. Vorgang und Resultat verwiesen. Bsp.: „In der Psychologie wird der Begriff Organisation sowohl zur Kennzeichnung eines Vorganges, im Sinne von (Organisierung), als auch zur Beschreibung eines Zustandes, der aus diesem Vorgang resultiert (Organisiertheit), verwendet.“ (Ritter et al. 2007, Bd 6, S. 1328)
- Es treten mentale und nichtmentale Vorgänge auf. Bsp.: „Für Aristoteles ist Wahrnehmen ein natürlicher, kein geistiger Vorgang, sinnliche Wahrnehmungen sind physisch, nicht mental.“ (Prechtl und Burkard 2008, S. 13)
- Die genannten Vorgänge haben oft einen sehr komplexen Charakter und beinhalten zahlreiche Teilvorgänge. Bsp.: „Politik als Vorgang der gesellschaftlichen Veränderung und als diejenige Art Tätigkeit, welche diesen Vorgang auflöst, fördert und antreibt …“ (Sandkühler et al. 2010, 2067b)
Schlussfolgerungen
Obwohl das Wort „Prozess“ ein anerkannter philosophischer Terminus ist und wesentlich häufiger als das Wort „Vorgang“ in der Literatur auftritt, zeigen die Analysen der Verwendungen dieser beiden Wörter im Alltag und in der Philosophie, dass das Wort „Vorgang“ aus mehreren Gründen als philosophische Terminus geeigneter ist. Zu den Gründen gehören, dass das Wort „Vorgang“ in der Alltagssprache und vor allem auch in der Philosophie im Wesentlichen nur eine Bedeutung hat und intuitiv verständlich ist. Das Wort „Prozess“ wird dagegen sowohl im Alltag als auch besonders in der Philosophie in unterschiedlichen Zusammenhängen mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Deshalb sollte es in der Philosophie mit Ausnahme von Wortverbindungen wie Erkenntnis- oder Entwicklungsprozess möglichst wenig und dann mit klar bestimmter Bedeutung verwendet werden. Ansonsten sollte an seiner Stelle das Wort „Vorgang“ als Terminus etabliert werden.
Explikation des Begriffs „Vorgang“
Zum Terminus „Vorgang“ gibt es in der Literatur nur wenige Explikationen, in keinem der gesichteten drei Lexika ist „Vorgang“ ein Stichwort. Dies könnte daran liegen, dass aufgrund der Verständlichkeit des Wortes und seiner Verwendung in der Philosophie im alltagssprachlichen Sinne keine Notwendigkeit einer exakteren Bestimmung gesehen wird.
Mit der alltagssprachlichen Bedeutung von „Vorgang“ als Geschehnis, Hergang oder Ablauf wird der äußere, phänomenologisch Aspekt des Existierenden erfasst. Dies ist der Beginn des Erkenntnisprozesses, den Hegel als Phase der sinnlichen Gewissheit bezeichnet. Bei einer Reflexion auf der theoretischen Ebene muss aber bis zum Wesen des Begriffs vorgedrungen werden. Das Wesen besteht, wie auch bei den Analysen zum Begriff Prozess deutlich wurde, in der Veränderung eines Objektes.
Ausgehend vom schon expliziten Begriff der Veränderung (vgl. https://philosophie-neu.de/analysen-zu-den-wortern-verandern-und-veranderung/ ) kann der philosophische Terminus „Vorgang“ durch folgendes formales Moment bestimmt werden:
Ein Vorgang im philosophischen Sinne ist eine Veränderung eines Objektes in Bezug auf ein Merkmal.
Eine solche Veränderung liegt nach Definition vor, wenn das Merkmal zwei verschiedene Ausprägungen angenommen hat.
Für die Reflexion von Vorgängen auf der theoretischen Ebene ist also die Angabe eines Objektes und das betrachtete Merkmal des Objektes erforderlich.
Der philosophische Begriff „Vorgang“ hat folgende nichtformale Momente, die noch weiter ergänzt werden können. In Klammern wird in einigen Fällen ein Beispiel angegeben, die sich teilweise auf die Angabe des Geschehens oder der Objekte beschränken.
- Ein Spezialfall eines Vorgangs ist die Veränderung eines Objektes in Bezug auf ein Merkmal in einem bestimmten Zeitabschnitt, der als zeitlicher Vorgang bezeichnet wird.
- Jeder Vorgang hat einen Anfang und ein Ende. Die Ausprägung des Merkmals des Objektes am Anfang des Vorgangs heißt Anfangszustand. Die Ausprägung des Merkmals am Ende des Vorgangs heißt Endzustand, Ergebnis oder Resultat.
- Das Merkmal kann im Sonderfall nur zwei Ausprägungen annehmen. (Beim Wurf eines Würfels hat das Merkmal „Seitenfläche, die oben liegt“ die Ausprägungen von 1 bis 6, von denen eine vor und eine nach dem Würfeln angenommen wird.)
- Es gibt Vorgänge, deren Anfang nicht bestimmbar ist oder deren Ende nicht absehbar ist (kosmische Vorgänge).
- Es gibt mentale Vorgänge (Denken) und nichtmentale Vorgänge (Wachsen einer Pflanze).
- An einem Vorgang können mentale Objekte (Gedanken) oder nichtmentale Objekte (Zellen einer Pflanze) beteiligt sein.
- Es gibt zeitliche Vorgänge, die sehr kurz sind (Blitz als Veränderung des Ladungszustandes in der Atmosphäre) oder lange andauern (Veränderungen im Leben der Erde).
- Es gibt Vorgänge die bereits abgeschlossen sind (das Wetterverlauf von gestern) oder die noch andauern (der heutige Wetterverlauf).
- Das Resultat eines Vorgangs kann der Ausgangszustand eines neuen Vorgangs sein (Das Wetter am Ende eines Tages ist Anfangszustand des Wetters am nächsten Tag).
- Es gibt Vorgänge, die aus vielen Teilvorgängen bestehen (Veränderungen im Organismus eines Menschen). Die Teilvorgänge relativ unabhängig voneinander verlaufen (der Lernprozess in einer Klasse als Gesamtheit der Veränderung psychischer Dispositionen der einzelnen Schüler) oder sich beeinflussen (physische Funktionen im Körper eines Menschen).
- Jeder Vorgang läuft unter bestimmten Bedingungen ab, die Einfluss auf den Verlauf und damit die Resultate des Vorgangs haben (die Windbedingungen beim Segeln). Die Bedingungen sind dabei selbst Resultate von Vorgängen (die konkreten Windbedingungen ergeben sich aus den Wetterverhältnissen).
- Es gibt Vorgänge, bei denen die Veränderung des Objektes bezüglich eines Merkmals nur ein Ergebnis haben kann (Aggregatzustand von Wasser beim Erhitzen auf 100°) und Vorgänge, bei denen die Veränderung des Objektes bezüglich eines Merkmals mehrere mögliche Ergebnisse haben kann (Augenzahl beim Würfeln).
Ein abschließendes Beispiel sei der Spaziergang eines Touristen durch eine Stadt. Mit der Formulierung „der Tourist spaziert durch die Stadt“ wird ein äußeres Moment des Vorgangs beschrieben, etwa aus der Sicht eines einheimischen, der den Touristen beobachtet. Für eine genaue Analyse, zum Beispiel für ein Forschungsprojekt zum Tourismus in der Stadt, ist zunächst das Objekt des Vorganges zu bestimmen und zu untersuchen. Das Objekt ist der betreffende Tourist, von dem Angaben zu seiner Person, seinen Beweggründen für den Besuch, seine kulturellen Interessen und andere Daten erfragt werden könnten. Weiterhin müssen das oder die Merkmale, die sich im Laufe des Vorgangs verändern festgelegt, ihre Ausprägungen bestimmt und durch geeignete Verfahren zu Beginn und Ende des Vorgangs ermittelt werden. Ein Merkmal könnten die Vorstellungen und Kenntnisse des Touristen zu der Stadt sein. Weiterhin könnten die Art und Anzahl der für den Touristen besonders beeindruckenden Erlebnisse bei dem Spaziergang interessieren. Als Messinstrumente wären Befragungen vor und nach dem Spaziergang möglich.
Zustand
Literaturanalysen
DWDS
Frequenz: 45,5
Kollokationen: desolat (9.7, 4388), Bananenrepublik (9.6, 14), unhaltbar (9.1, 2959), chaotisch (9.1, 3151), katastrophal (8.7, 2561)
Bedeutungen:
- zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Lage, Verfassung, in der sich jmd., etw. befindet, Bsp.: körperlicher, seelischer Zustand
- Gesundheitszustand,
- Aggregatzustand
- zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehende Verhältnisse, besonders in einem Land, Lage, Situation, Bsp.: politische Zustände
- [umgangssprachlich] Anfälle von körperlichen Beschwerden, von Nervosität, schlechter Laune
Beispiele
- ein körperlicher, seelischer Zustand ist besorgniserregend
- sie befand sich damals in einem elenden, beklagenswerten Zustand
- wir hatten ihn in nüchternem, betrunkenem, angeheitertem, trostlosem, in einem verzweifelten Zustande angetroffen
- sich in einem Zustand der Erschöpfung, geistiger Verwirrung befinden
- die Nachricht versetzte sie in einen Zustand der Erregung, Verzweiflung
- der Raumfahrer befand sich im schwerelosen Zustand
- die Wohnung, das Grundstück, der Wagen ist, befindet sich in einem tadellosen, fragwürdigen, verwahrlosten, in gutem, im besten Zustand
- der bauliche Zustand des Hauses
Wiktionary
Bedeutungen:
[1] Art und Weise, wie etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt ist
[a] physischer Zustand
[b] psychischer Zustand
[2] nur Plural, umgangssprachlich: plötzlich auftretende körperliche Beschwerden oder schlechte Laune
Beispiele:
[1] „Die Erinnerung an die damaligen Zustände heilt einen von der deutschen Philosophie.“[2]
[1a] Das Auto ist in einem guten Zustand.
[1a] „Gleichzeitig beobachtete er die Zustände.“[3]
[1b] „In dieser Nacht war Elena in einem schlimmen Zustand.“[4]
[1b] „Es versetzte mich in einen Zustand außerhalb eines jeden Zustands, ich hatte keine Worte für diesen Nicht-Zustand.“[5]
[1b] „Endlich kam Laura und berichtete, daß sich die Kranke unverändert in einem Zustand der Entkräftung befinde, daß sich der Arzt über ihre große Schwäche sehr wundere und nicht wisse, worauf sie zurückzuführen sei.“[6]
[1a, b] „Wenn es gelingt, […] die Auf- und Abwinde richtig einzuschätzen, den Drachen optimal zu steuern, fehlerfrei zu navigieren, dann stellen sich dem Flieger schon während seiner Tätigkeit positive Rückmeldungen ein, die in einen Flow-Zustand versetzen können.“[7]
[2] Ich krieg Zustände mit diesen Nachbarn!
DUW
Zustand, der; -[e]s, Zustände [zu veraltet zustehen = dabeistehen; sich ereignen]: a) augenblickliches Beschaffen-, Geartetsein; Art u. Weise des Vorhandenseins von jmdm., einer Sache in einem bestimmten Augenblick; Verfassung, Beschaffenheit: ein normaler, ungewohnter Zustand; der ursprüngliche, natürliche, momentane, damalige Zustand; ihr körperlicher, psychischer, geistiger Zustand ist bedenklich, hat sich gebessert, wird immer schlimmer; der feste, flüssige, gasförmige Zustand (Aggregatzustand) eines Stoffes; das Auto ist alt, aber [noch] in gutem Zustand; in betrunkenem Zustand; sie befand sich in einem Zustand der Panik, der Verzweiflung, im Zustand geistiger Verwirrung; die Gebäude sind alle in einem ordentlichen, verwahrlosten, jämmerlichen Zustand; in deinem Zustand (ugs.; in diesem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft) willst du noch verreisen?; *Zustände bekommen/ kriegen (ugs.; wütend, ärgerlich werden; sich sehr aufregen, ärgern); b) augenblicklich bestehende Lage, Situation, Verhältnisse: ein gesetzloser, chaotischer Zustand; der derzeitige, gegenwärtige, vorherige Zustand; die wirtschaftlichen, sozialen, politischen Zustände in einem Land; hier herrschen unerträgliche, paradiesische Zustände; die Zustände in dem Krankenhaus müssen geändert werden; das ist ein unhaltbarer Zustand!; R das ist doch kein Zustand! (ugs.; so kann es nicht bleiben, das muss geändert werden); [das sind ja] Zustände wie im alten Rom! (ugs.; das sind ja üble, schlimme, unmögliche Verhältnisse!).
Wiki
- Der Zustand eines physikalischen Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt umfasst im Rahmen eines physikalischen Teilgebietes die Gesamtheit aller Informationen, die zur vollständigen Beschreibung der momentanen Eigenschaften des Systems erforderlich sind.
- Ein quantenmechanischer Zustand ist die Beschreibung des Zustands eines physikalischen Systems nach den Regeln der Quantenmechanik.
- Ein Mikrozustand ist in der statistischen Physik die vollständige mikroskopische Beschreibung eines thermodynamischen Systems. Ein Mikrozustand entspricht damit einem Punkt im Phasenraum des ganzen Systems (nicht dem eines Teilchens). Für ein klassisches ideales Gas sind damit die Orte und Impulse aller Teilchens festgelegt.
- Ein Makrozustand beschreibt in der Thermodynamik und statistischen Physik ein System mit vielen Freiheitsgraden, welches durch einige wenige Zustandsvariablen wie Energie, Temperatur, Volumen, Druck, chemische Zusammensetzung oder Magnetisierung beschrieben ist.
- Ein Zustand ist ein mathematischer Begriff, der in der Funktionalanalysis untersucht wird. Es handelt sich um bestimmte lineare Funktionale auf reellen oder komplexen Vektorräumen, die in gewisser Weise normiert sind.
- Ein Zustand im Bereich der Softwareentwicklung ist ein Entwurfsmuster, das zur Kategorie der Verhaltensmuster gehört. Das Zustandsmuster wird zur Kapselung unterschiedlicher, zustandsabhängiger Verhaltensweisen eines Objektes eingesetzt.
HWPh
2069 (24,1) Ergebnisse, kein Stichwort
- Wie im ‹Phaidon› der Begriff des Werdens, so wird im ‹Parmenides› der Begriff der Bewegung dahingehend bestimmt, ein Übergang von einem Zustand in einen anderen zu sein, der sich zu ihm gegensätzlich verhält. ( 1, S. 866)
- Für die epikureische Tradition ist Naturzustand ein Zustand vorstaatlicher Freiheit, Gleichheit und Vereinzelung, aber im Sinn allgemeiner Barbarei, Recht- und Friedlosigkeit, aus der als erste Stufe zum zivilisatorischen Fortschritt ein Herrschaftsvertrag und die als bloße Konvention der Nützlichkeit gedachte Vereinbarung einer Rechtsordnung heraushilft (Bd. 6, S. 653)
- Statt dessen werden in der Quantenmechanik die Objekte auf folgende Weise beschrieben: Jedes Objekt ist zu jeder Zeit in einem bestimmten Zustand (reiner Fall). Die Angabe eines solchen Zustandes ist die genaueste überhaupt mögliche Beschreibung des Objekts, d.h. man kann keine genaueren Angaben über das Objekt machen, aus denen sich der Zustand noch ableiten ließe. ( 7, S. 1787)
- Allgemein spricht man von ‹Rückkoppelung› (engl. feed back), wenn ein Zustand oder Vorgang Wirkungen auslöst, die ihn selbst auf einem gesonderten Funktionsweg rückwirkend wieder beeinflussen, und von ‹negativer Rückkoppelung›, wenn Änderungen eines Vorgangs oder Zustands gerade solche Rückwirkungen auslösen, die den Abweichungen entgegengesetzt sind. ( 8, S. 474)
- Unter ‹Wandel› oder ‹Veränderung› versteht man den kontinuierlichen Vorgang, der zwei verschiedene Zustände eines und desselben Gegenstandes zu zwei verschiedenen Zeitpunkten verbindet. Die Zustände werden oft in Form kontradiktorischer Prädikate angegeben: Der Gegenstand x, der in t1 die Eigenschaft A, in t2 die Eigenschaft nicht-A gehabt hat, hat sich demnach von A zu nicht-A verändert. Ein Hauptproblem der Begriffsgeschichte ist das genaue Verhältnis von Kontinuität und Diskontinuität: Wie kann gedacht werden, daß sich an einem mit sich identischen Subjekt (x) Veränderung vollzieht, ohne daß entweder die Veränderung oder die Identität für unwirklich erklärt oder wiederum beide auf verschiedene Subjekte verteilt werden? (Zachhuber und Weichenhan 2007, S. 310-311).
- Die phänomenale Linie faßt Wünsche als bewußte Zustände oder Vorgänge auf, zum Beispiel als ein angenehmes oder unangenehmes Berührtsein durch das Denken an das Objekt; ( 12, S. 1078)
- Wird die Zustimmung als mentaler Zustand (oder als Disposition) verstanden, so liegt es nahe, für sie unterschiedliche Grade im Sinne größerer oder geringerer Sicherheit anzunehmen. (Bd. 12, S. 1466)
MLPh
312 (44,3) Ergebnisse, Stichwort: Zustand, Autor: Peter Prechtl:
Wenn in der Philosophie des Geistes von mentalen oder intentionalen Zuständen die Rede ist, dann wird der Ausdruck ›Zustand‹ abweichend vom alltäglichen Sprachgebrauch meist synonym mit dem Ausdruck ›Eigenschaft‹ verwendet. Damit soll kein neuer ontologischer Bereich behauptet werden, denn mentale Zustände gehören zum Bereich der Eigenschaften. Mit dem Ausdruck ›Zustand‹ werden in der Regel Zustandstypen bezeichnet (S. 703).
Weitere Zitate:
- Im Gegensatz dazu wird von Kant die Willensfreiheit als ein Vermögen bestimmt, einen Zustand von selbst anzufangen (KrV B 472–479, B 560–586) (S. 188).
- Gemeinwohl, gesellschaftlicher Zustand, in dem das allgemeine und gemeinsame Wohl einer menschlichen Gemeinschaft als soziales Grundprinzip und sittliches Kriterium gilt. (S. 203)
- Gewissheit, bedeutet im subjektiven Sinn den epistemischen Zustand des unerschütterten, vom Zweifel freien Überzeugtseins von einem Erkenntnisinhalt (S. 218).
- Unter einem Ziel ist ein gewünschter Zustand der Realität i. w. S. zu verstehen, der gegenwärtig noch nicht erreicht, aber prinzipiell durch eine bestimmte (geeignete) Tätigkeit seitens des Handelnden oder im Vollzug des Handelns selber erreichbar scheint und so von dem Subjekt antizipiert wird. (S. 231)
- Prozess, die Aufeinanderfolge verschiedener Zustände und Handlungen, wobei ein Zustand kausal aus dem anderen hervorgeht. (S. 489)
- Zweifel entsteht demnach dann, wenn eine Überzeugung durch ein überraschendes Ereignis in Frage gestellt wird, so dass die fraglose Gültigkeit der spezifischen Handlungsgewohnheit aufgehoben wird und in einen Zustand »regelloser Aktivität« übergeht, der seinerseits zu einer neuen Verhaltensgewohnheit (i.S. der Überzeugung) führen muss (S. 632).
EPh
1046 (32,6) Ergebnisse, kein Stichwort
- In der Entwicklung kommt es zu einem Fortschreiten verschiedener Zustände in der Art, dass der frühere Zustand zu einer Vorstufe des nächsten wird (539u).
- Heraklit nennt auch anders gelagerte Beispiele unter dem nicht weiter differenzierten Grundgedanken der Einheit der G. Und zwar zum einen den (nicht nur allmählichen, sondern offensichtlich plötzlichen) Umschlag des einen Zustands in seinen entgegengesetzten: »Dasselbe ist: lebendig und tot und wach und schlafend und jung und alt. Denn dieses ist umschlagend in jenes und jenes umschlagend in dieses.« (S. 768b).
Auswertungen zur Verwendung des Wortes
„Zustand“ in der Alltagssprache
Mit einer relativen Häufigkeit von 45,5 pro 1 Million Token wird das Wort „Zustand“ im Alltag oft verwendet. Die Kollokationen zu den Worten desolat, Bananenrepublik, unhaltbar, chaotisch und katastrophal weisen darauf hin, dass das Wort in der Alltagssprache oft im pauschalen Sinne verwendet wird.
Als Erklärungen für die Hauptbedeutung werden in den Wörterbüchern angegeben:
- zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Lage, Verfassung, in der sich jmd., etw. befindet (DWDS)
- Art und Weise, wie etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt ist (Wiktionary)
- a) augenblickliches Beschaffen-, Geartetsein; Art u. Weise des Vorhandenseins von jmdm., einer Sache in einem bestimmten Augenblick; Verfassung, Beschaffenheit
b) augenblicklich bestehende Lage, Situation, Verhältnisse (DUW)
Bei allen Erklärungen ist von einem bestimmten Zeitpunkt bzw. Augenblick die Rede. Als Beispiele werden aber auch wirtschaftlichen, sozialen, politischen Zustände in einem Land oder bauliche Zustände angegeben, die für einen gewissen Zeitraum von Bestand sind. Im DUW wird unterschieden zwischen den Zustand einer Sache und einer bestehenden Lage, Situation oder von Verhältnissen. Im DWDS und bei Wiktionary wird von Zustand nur allgemein in Bezug auf jemand oder etwas gesprochen.
Neben dieser Hauptbedeutung wird in den Wörterbüchern in übereinstimmender Weise als umgangssprachliche Bedeutung angegeben:
- Anfälle von körperlichen Beschwerden, von Nervosität, schlechter Laune (DWDS)
- plötzlich auftretende körperliche Beschwerden oder schlechte Laune (Wiktionary)
- Zustände bekommen/ kriegen (; wütend, ärgerlich werden; sich sehr aufregen, ärgern) (DUW)
Insgesamt gibt es eine große Übereinstimmung der Erklärungen in den Wörterbüchern, eine dominierende Bedeutung und so kann von einer Verständlichkeit des Wortes in der Alltagssprache ausgegangen werden.
„Zustand“ in der Philosophie
In der Philosophie wird das Wort „Zustand“ mit einer Frequenz von 24,1 (HWPh), 44,3 (MLPh) und 32,6 (EPh) häufig verwendet. Es gibt aber nur im MLPh vom Autor Peter Prechtl das Stichwort „Zustand“, das lediglich drei Sätze enthält (S. 703).
In allen drei Lexika wurden stichprobenartig Zitate ermittelt, die das Wort „Zustand“ enthalten. In dem Artikel zum Zustand und in den Zitaten wird zum einen von Zustand ohne Bezug zu einem Objekt gesprochen und zum anderen wird ein Bezug hergestellt.
Aussagen zum Wort „Zustand“ ohne Bezug zu Objekten:
- Begriff der Bewegung als ein Übergang von einem Zustand in einen anderen zu sein, der sich zu ihm gegensätzlich verhält. (HWPh, 1, S. 866)
- Wenn in der Philosophie des Geistes von mentalen oder intentionalen Zuständen die Rede ist, dann wird der Ausdruck ›Zustand‹ abweichend vom alltäglichen Sprachgebrauch meist synonym mit dem Ausdruck ›Eigenschaft‹ verwendet (MLPh, S. 703).
- Unter ‹Wandel› oder ‹Veränderung› versteht man den kontinuierlichen Vorgang, der zwei verschiedene Zustände eines und desselben Gegenstandes zu zwei verschiedenen Zeitpunkten verbindet. Die Zustände werden oft in Form kontradiktorischer Prädikate angegeben: Der Gegenstand x, der in t1 die Eigenschaft A, in t2 die Eigenschaft nicht-A gehabt hat, hat sich demnach von A zu nicht-A verändert (Zachhuber und Weichenhan 2007, S. 310-311).
- Im Gegensatz dazu wird von Kant die Willensfreiheit als ein Vermögen bestimmt, einen Zustand von selbst anzufangen (KrV B 472–479, B 560–586, zitiert nach MLPh, S. 188))
- Prozess ist die Aufeinanderfolge verschiedener Zustände und Handlungen, wobei ein Zustand kausal aus dem anderen hervorgeht. (MLPh, S. 489)
- In der Entwicklung kommt es zu einem Fortschreiten verschiedener Zustände in der Art, dass der frühere Zustand zu einer Vorstufe des nächsten wird (EPh, 539u).
Aussagen zum Wort „Zustand“ in Bezug auf Objekte:
- Naturzustand ein Zustand vorstaatlicher Freiheit, Gleichheit und Vereinzelung (HWPh, 6, S. 653)
- In der Quantenmechanik werden die Objekte auf folgende Weise beschrieben: Jedes Objekt ist zu jeder Zeit in einem bestimmten Zustand (reiner Fall). Die Angabe eines solchen Zustandes ist die genaueste überhaupt mögliche Beschreibung des Objekts, d.h. man kann keine genaueren Angaben über das Objekt machen, aus denen sich der Zustand noch ableiten ließe. (HWPh, 7, S. 1787)
- Wünsche als bewußte Zustände oder Vorgänge (HWPh, 12, S. 1078)
- Zustimmung als mentaler Zustand (HWPh, 12, S. 1466)
- Gemeinwohl ist ein gesellschaftlicher Zustand (MLPh, S. 203)
- Gewissheit, bedeutet im subjektiven Sinn den epistemischen Zustand des unerschütterten, vom Zweifel freien Überzeugtseins von einem Erkenntnisinhalt (MLPh, S. 218).
- Ziel als gewünschter Zustand der Realität i. w. S. (MLPh, S. 231)
- Zweifel entsteht demnach dann, wenn eine Überzeugung durch ein überraschendes Ereignis in Frage gestellt wird, so dass die fraglose Gültigkeit der spezifischen Handlungsgewohnheit aufgehoben wird und in einen Zustand »regelloser Aktivität« übergeht, der seinerseits zu einer neuen Verhaltensgewohnheit (i.S. der Überzeugung) führen muss (MLPh, S. 632).
- Heraklit nennt auch anders gelagerte Beispiele … und zwar zum einen den … Umschlag des einen Zustands in seinen entgegengesetzten: »Dasselbe ist: lebendig und tot und wach und schlafend und jung und alt. Denn dieses ist umschlagend in jenes und jenes umschlagend in dieses.« (EPh, S. 768b).
In den Aussagen ohne Bezug zu Objekten wird „Zustand“ teilweise mit dem Wort „Eigenschaft“ in Verbindung gebracht. Bei den angeführten Beispielen mit Bezug zu Objekten handelt es sich in vielen Fällen um Eigenschaften der Objekte als Ausprägungen von Merkmalen. Wenn ein Naturzustand als Zustand der Gleichheit bezeichnet wird, so geht es um das Merkmal der Unterschiede in Bezug auf Rechte und Besitz der Gemeinschaft. Gewissheit ist die Ausprägung des Merkmals des Überzeugtseins. Der Zustand der „regellosen Aktivität“ einer Handlungsgewohnheit ist eine Eigenschaft des Merkmals der Gerichtetheit der Handlung.
Bei Aussagen zu Zuständen von Bewegungen oder Veränderungen wird festgestellt, dass es um Übergänge oder Verbindungen von gegensätzlichen Zuständen bzw. „Umschlagen“ in einen entgegengesetzten Zustand geht. Als Beispiele werden nach Heraklit „lebendig und tot“, „wach und schlafend“ sowie „jung und alt“ genannt. Abgesehen von den Beispielen zu Gegensatzpaaren ist fraglich, ob es zum Beispiel bei einer physikalischen Bewegung um entgegengesetzte Eigenschaften wie etwa den Ort geht.
Ein weiterer Gedanke in den allgemeinen Aussagen ist die Feststellung, dass Prozesse oder Entwicklungen als Folge von Zuständen angesehen werden können, die kausal auseinander hervorgehen bzw. bei denen ein Vorgang die Vorstufe des nächsten ist. Von einer kausalen Beziehung kann im Allgemeinen sicher nicht gesprochen werden, aber bei Vorgängen der Veränderung von Objekten geht es in der Regel um eine fortlaufende Änderung ihrer aktuellen Eigenschaften und damit ihrer Zustände.
Explikation des Begriffs „Zustand“
Die folgende Explikation des Begriffs „Zustand“ basiert auf der Explikation der Begriffe „Merkmal“ und „Eigenschaft“ (vgl. https://philosophie-neu.de/zu-den-begriffen-merkmal-und-eigenschaft-2/) sowie auf der Explikation des Begriffs „Veränderung eines Objektes“ (vgl. https://philosophie-neu.de/analysen-zu-den-wortern-verandern-und-veranderung/) .
Als philosophischer Terminus kann „Zustand eines Objektes“ durch folgendes formales Moment erklärt werden:
Der Zustand eines Objektes bezüglich eines oder mehrerer Merkmale ist die Ausprägung des oder der Merkmale zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum, in dem sich das Objekt bezüglich des oder der Merkmale nicht verändert.
Der philosophische Begriff „Zustand eines Objektes“ hat weiterhin noch folgende nichtformale Momente:
- Wenn ein Objekt mehrere Merkmale hat oder das Merkmal mehrere Komponenten besitzt, wie z. B. das Merkmal Gesundheit bei einem Menschen, besteht der Zustand in einer Menge von Eigenschaften. So ist der Gesundheitszustand eines Menschen eine Menge von Einzeldaten.
- Wenn es um einen bestimmten Zeitraum geht, kann sich das Objekt bezüglich eines oder mehrerer Merkmale ändern und bezüglich andere nicht. So ändert sich das Objekt „Tag“ als Zeitspanne von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht bezüglich des Merkmals „Die Sonne steht am Himmel“ mit den Ausprägungen „ja“ und „nein“. Das Objekt „Tag“ ändert sich aber bezüglich des Merkmals „Sonnenstand“.
- Wenn das Objekt aus mehreren Teilobjekten besteht, wie zum Beispiel eine Gesellschaft, so ist ebenfalls der Zustand eine Menge von Eigenschaften.
- Es muss unterschieden werden zwischen dem Zustand eines Objektes als einer realen Erscheinung und seiner Reflexion. Bei einer Reflexion müssen in der Regel Modellannahmen vorgenommen werden. Wenn es zum Beispiel um den Zustand eines Objektes in einem bestimmten Zeitraum geht, wie zum Beispiel einem gesellschaftlichen Zustand in einer bestimmten Zeitspanne, muss von kleineren Veränderungen einzelner Eigenschaften abgesehen werden. Weiterhin ist wie bei jeder Reflexion ein Messverfahren erforderlich, mit dem die Ausprägung der Merkmale bestimmt werden kann.
- Mit der vollständigen Angabe des Zustandes eines Objektes, also aller momentanen Ausprägungen seiner Merkmale, ist eine vollständige Beschreibung des Objektes gegeben auf der Modellebene. So umfasst der „Zustand eines physikalischen Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt … im Rahmen eines physikalischen Teilgebietes die Gesamtheit aller Informationen, die zur vollständigen Beschreibung der momentanen Eigenschaften des Systems erforderlich sind“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Zustand_(Physik)).
- Zustand und Vorgang sind untrennbar miteinander verbunden, es gibt keinen Zustand ohne einen oder mehrere dazugehörige Vorgänge und umgekehrt
- Zustände sind Bestandteil einer statischen und Vorgänge einer dynamischen Sichtweise auf Existierendes.
Literaturverzeichnis
Grau, Alexander (2008): Prozess. In: Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard (Hg.): Metzler Lexikon Philosophie. Begriffe und Definitionen. 3., erw. und aktualisierte Aufl. Stuttgart: Metzler, S. 489–490.
Kunkel, Melanie (Hg.) (2023): Duden Deutsches Universalwörterbuch. 10., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Herausgegeben von der Dudenredaktion. Bibliographisches Institut. 10., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Dudenverlag.
Muraca, Barbara (2013): Prozessphilosophie [Version 1.0]. Hg. v. Kirchhoff, Thomas (Redaktion): Naturphilosophische Grundbegriffe. Online verfügbar unter http://www.naturphilosophie.org/prozessphilosophie/.
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