Hans-Dieter Sill, 30.04.2025

Analysen zu den Begriffen Entität, Ding, Gegenstand und Objekt

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Inhalt

Vorbemerkungen

Entität und Ding

Literaturanalysen

Auswertungen

Schlussfolgerungen zur Verwendung der Begriffe

Gegenstand und Objekt

Literaturanalysen

Auswertungen

Schussfolgerungen zur Verwendung der Begriffe

Literaturverzeichnis

Vorbemerkungen:

Es wird ein Terminus für ein beliebiges einzelnes Existierendes gesucht. Dazu werden in der Philosophie u. a. die Wörter Entität, Ding, Gegenstand und Objekt verwendet. Ihre Bedeutung im Alltag und in philosophischen Texten soll analysiert und auf dieser Grundlage nach den aufgestellten Kriterien ihre Eignung als philosophische Termini untersucht werden.

Zu Ermittlung der Bedeutungen der Wörter im Alltag wird das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache (Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften) verwendet (DWDS, Datum der Abrufung: 24.09.2024). Um einen Eindruck von der Häufigkeit der Verwendung der Lexeme im Alltag zu bekommen wird für die Jahre 2016-2020 die Häufigkeit pro 1 Million Token (normierte Häufigkeit) im DWDS- Zeitungskorpus angegeben. Weiterhin werden Kollokationen mit anderen Lexemen aufgeführt. Dabei wird als Assoziationsmaß logDice verwendet. Es werden die Kollokationen mit den fünf höchsten logDice-Werten und ihre Häufigkeiten (in Klammern) genannt. Als weitere Quelle wird das Deutsche Universalwörterbuch (Kunkel 2023) (DUW)herangezogen. 

Um die Bedeutungen der Wörter in der Philosophie genauer zu analysieren, werden die folgenden Wörterbücher und Enzyklopädien verwendet. Sie liegen auch in elektronischer Form vor, wodurch eine Suche nach den Wörtern im gesamten Text möglich ist.

  1. Ritter u. a. (2007): Historisches Wörterbuch der Philosophie (HWPh)
  2. Sandkühler (2010): Enzyklopädie Philosophie (EPh)
  3. Prechtl und Burkard (2008): Metzler Lexikon Philosophie (MLPh)

Mit den jeweiligen Suchfunktionen wird im Volltext nach den betreffenden Termini gesucht und es wird die Anzahl der jeweiligen Ergebnisse absolut und (in Klammern) pro 100 Seiten angegeben.

Weitere Informationen zu den Wortanalysen und Auswahlkriterien sind auf der Seite „Zu den Wortanalysen und Auswahlkriterien“ enthalten.

Entität und Ding

Literaturanalysen

DWDS

Entität

Normierte Häufigkeit: 0,31

Kollokationen: Gesamtstaat (6.8, 6), metaphysisch (4.8, 5), autonom (3.3, 6), serbisch (3.0, 15), autonom (2.9, 5)

Bedeutung: Philosophie: Dasein im Unterschied zum Wesen eines Dinges

Ding

Normierte Häufigkeit: 113,9

Kollokationen:  Sicht (7.9, 3811), Stand (7.8, 3515), Maß (7.7, 3145), zugehen (7.5, 2557), recht (7.2, 3048)

Bedeutungen:

1Ding

  1. ungenau, nicht namentlich bezeichneter Gegenstand, ungenau, nicht namentlich bezeichnete Sache oder Person
  2. der einzelne Gegenstand, die einzelne Sache, Bsp.: nützliche, wissenswerte Dinge
  3. bezeichnet eine Gesamtheit
    1. Tatsachen, Gegebenheiten, : die Natur, Erkenntnis der Dinge
    2. Ereignisse, Angelegenheiten, : alltägliche, persönliche Dinge
      Religion: die letzten Dinge
  4. Umgangssprachlich: Kind, junges Mädchen
  5. Salopp: irgendetwas
  6. was nicht näher bezeichnet werden kann oder soll, : ein winziges Ding
  7. was besonders (gut oder schlecht) auffällt, eine besonders bemerkenswerte (gute oder schlechte) Sache, : ein großes, verfluchtes Ding

2Ding, das, [historisch] germanische Gerichtsversammlung

DUW

Entität

Entität, die; -, -en [mlat. entitas, zu spätlat. ens,]: 1. (Philos.) Dasein im Unterschied zum Wesen eines Dinges. 2. (Fachspr.) [gegebene] Größe, Einheit. 3. (Informationstechnik) eindeutig identifizierbare Größe (z. B. Person od. Objekt), über die Informationen gespeichert werden.

Ding

1Ding, das; -[e]s, Pl.: -e, ugs. auch: -er [mhd. dinc, ahd. thing, eigtl. = (Gerichts)versammlung der freien Männer, dann = Rechtssache, Rechtshandlung; wahrsch. zu dehnen u. urspr. entw. = Zusammenziehung (von Menschen) od. = (mit einem Flechtwerk) eingefriedeter Platz (für Versammlungen)]: 1. a) 〈Pl. Dinge〉 nicht näher bezeichneter Gegenstand, nicht näher bezeichnete Sache: persönliche, schöne, wertvolle Dinge; Nägel und ähnliche Dinge; auf so viele Dinge verzichten müssen; R aller guten Dinge sind drei (Ausspruch zur Rechtfertigung von etw., was jmd. ein drittes Mal tut, zum dritten Mal probiert); jedes Ding hat zwei Seiten ( jede Sache hat ihre gute u. ihre schlechte Seite, hat Vor- und Nachteile); b) 〈Pl. Dinger〉 (ugs.) etw., was jmd. (in abschätziger Redeweise od. weil er die genaue Bezeichnung dafür nicht kennt od. nicht gebrauchen will) nicht mit seinem Namen nennt: was ist denn das für ein Ding?; die Dinger taugen nichts, sind schon kaputt; R das ist ein Ding mit ’nem Pfiff (ugs.; das funktioniert auf überraschende, merkwürdige Weise); Spr gut Ding will Weile haben (etw., was gut werden soll, braucht seine Zeit); *das ist ja ein Ding! (ugs.; Ausruf der Überraschung od. der Entrüstung); ein Ding drehen (ugs.; etwas anstellen; ein Verbrechen begehen); jmdm. ein Ding verpassen (ugs.; jmdm. einen brutalen Schlag versetzen); krumme Dinger machen (ugs.; etw. Unerlaubtes, Rechtswidriges tun); mach keine Dinger! (ugs.; Ausruf des Erstaunens, der Überraschung); kein Ding (ugs.; kein Problem; nicht schwierig); c) (Philos.) etw., was in einer bestimmten Form, Erscheinung, auf bestimmte Art u. Weise existiert u. als solches Gegenstand der Wahrnehmung, Erkenntnis ist: das Wesen, den Kern der Dinge erkennen. 2. 〈Pl.: Dinge (meist Pl.)〉 a) Vorgang, Ereignis: es waren unerfreuliche Dinge vorgekommen; falls die Dinge sich so zugetragen haben; in Voraussicht der kommenden Dinge; *über den Dingen stehen (sich nicht allzu sehr von etw. beeindrucken, berühren, beeinträchtigen lassen); b) Angelegenheit; Sache: einige Dinge müssen geregelt, geändert werden; die einfachsten Dinge nicht begreifen; sie hatte vor der Reise noch tausend Dinge zu erledigen; nach Lage der Dinge; in praktischen Dingen, in den Dingen des praktischen Lebens ungeübt sein; es handelt sich um private, interne Dinge; * die Letzten/letzten Dinge (die religiös-metaphysischen Vorstellungen von Tod u. Ewigkeit); ein Ding der Unmöglichkeit sein (unmöglich sein, sich nicht erledigen, ausführen, einrichten lassen); nicht jmds. Ding sein (ugs.; nicht jmds. Angelegenheit sein, jmds. Interesse finden); der Dinge harren, die da kommen [sollen] (geh.; abwarten, was geschehen wird; nach Luk. 21, 26); unverrichteter Dinge (ohne etw. erreicht zu haben); nicht mit rechten Dingen zugehen (merkwürdig, unerklärlich sein; nicht legal geschehen, vor sich gehen); vor allen Dingen (vor allem, besonders). 3. 〈Pl. -er〉 (ugs., auch abwertend) Mädchen, junge Frau: ein junges, albernes, liebes, dummes Ding 4. [mhd. gedinge = Hoffnung, Zuversicht; frühnhd. = Laune, Stimmung] * guter Dinge (geh.: 1. fröhlich u. munter: sie ist immer guter Dinge. 2. voll Hoffnung, voll Optimismus: guter Dinge machte er sich an die schwierige Aufgabe).

2Ding, das; -[e]s, -e (Geschichte): Thing.

HWPh:

Entität

300 (3,5) Ergebnisse, kein Stichwort

  • Kontrovers ist endlich die Frage, ob Gegenstand der Abstraktion sprachliche Zeichen als physikalische Gegenstände oder aber die nicht mehr empirisch gegebenen Bedeutungen, Urteile oder Aussagen als «psychische Entitäten» sind ( 1, S. 245).
  • daß die unter 2. genannten Entitäten (die Aussagen und die Begriffe) im Gegensatz zu den unter 1. (Sätze und Worte) und 3. (Tatsachen und Sachen) genannten Entitäten nicht in den Bereich des empirisch Aufweisbaren gehören (Bd. 1, S. 253).
  • Während in der mehr idiographisch orientierten Persönlichkeitstheorie Eigenschaften als «illata» bzw. als an der Person reale (psychische) Entitäten meinende hypothetische Konstrukte aufgefaßt werden (Bd. 2, S. 338).
  • GENTILE sucht in seinem «aktualen Idealismus» alle natürlichen und geistigen Entitäten aus der Position und freien Bestimmung eines geistigen Aktes zu begreifen. Bd. 4, S. 130
  • demgegenüber betont, daß die Akzidentien, die eine eigene, von der Substanz real verschiedene Entität haben (Bd. 4, S. 365).
  • Um den Preis der Relativität auf ein bestimmtes Sprachsystem konnte nun das bisher Widersprüchliche am Begriff ‹Kategorie›, der sich auf alle Entitäten beziehen sollte, während er doch selbst eine dieser Entitäten war, aufgehoben werden, indem man ihn dem Bereich der Metasprache zuwies (Bd. 4, S. 767-768).
  • Diese Entitäten sind für sich genommen in Raum und Zeit lokalisierte (Hinsichtlich der Berücksichtigung psychischer Entitäten ist Hume unentschlossen (Bd. 4, S. 791).
  • dessen sich herausbildendes Klassenbewußtsein als reflektierende Entität der inneren Notwendigkeit der geschichtlichen Entwicklung ( 4, S. 904).
  • Begriffe sind nach Frege Funktionen, folglich keine selbständigen Gegenstände, sondern ungesättigte Entitäten, die, wenn sie von Gegenständen prädiziert werden, ihre natürliche Ergänzung erreichen (Bd. 5, S. 379).
  • An diesem Sprachgebrauch wird deutlich, daß unter Moment unselbständige Entitäten zu verstehen sind (Bd. 6, S. 103).
  • Eine (unabhängig davon motivierte) Erweiterung des Gegenstandsbereichs, der Ontologie, um fiktive Entitäten (wie z.B. Romanhelden) stellt die Referenten für Namen wie ‘Sherlock Holmesʼ bereit (Bd. 6, S. 386-387).
  • da ergab sich die Möglichkeit, sinnvoll von einer Entität zu sagen, daß sie oder ihre Eigenschaft Negation von Negation (negatio negationis) sei (Bd. 6, S. 690).
  • daß er nur Individuen als Werte für Variable akzeptiert, während letzterer auch Entitäten wie Attribute, Begriffsumfänge und insbesondere Mengen zuläßt (Bd. 6, S. 886).
  • Im Gegensatz zu intervenierenden Variablen, die sich im Prinzip vollständig auf empirische Variablen reduzieren lassen, beziehen sich hypothetische Konstrukte auf Prozesse oder Entitäten, die nicht unmittelbar beobachtet werden (Bd. 6, S. 1219).
  • Nach dem ersten Buch der ‹Physik› zeichnen sich die Prinzipien durch ihre Funktionalität aus und sind eher operative Begriffe, sogar Reflexionsbegriffe im Kantischen Sinn, als real existierende Entitäten ( 7, S. 1339).
  • Für Fitch sind Propositionen zeitlose, denk- und sprachunabhängige Entitäten, die entweder wahr oder falsch sind (Bd. 7, S. 1519).
  • Ein Sachverhalt (state of affairs) ist für ihn eine abstrakte Entität, die in allen möglichen Welten existiert und so beschaffen ist, daß er entweder der Fall ist oder nicht der Fall ist und daß es für ihn möglich ist, von jemandem anerkannt zu werden. Sachverhalten, die auch Träger logischer Beziehungen sind, werden Ereignisse und Propositionen als Arten untergeordnet. 7, S. 1520
  • Entitäten wie Wirkungen der Natur, Fältelungen, Zwischenräumen und Luftwiderständen (Bd. 7, S. 1808).
  • ontologische Reduktion: die Entität X wird auf die Entität Y reduziert (Bd. 8, S. 370).
  • mentale Repräsentationen postulieren, wobei darunter im allgemeinen innergeistige Entitäten verstanden werden, welche syntaktische und semantische Eigenschaften besitzen 8, S. 832
  • die Existenz einer unvergänglichen Entität (Kraft, Macht) ist, die den Menschen zu einem individuellen Selbst macht (Bd. 9, S. 26).
  • LOCKE nennt den Willen «faculty», will aber darunter keine reale Entität verstehen (Bd. 12, S. 778).

Ding

5973 (69,7) Ergebnisse, Stichwort: „Ding“, Autor: Kurt Flasch (2007)

  • Für die Alltagsansicht und die naiv realistische Philosophie ist das Ding … als das individuelle, materielle Substrat von Eigenschaften und als Ursache der Affektion geschichtslos selbstverständlich (Flasch 2007, S. 249).
  • HEGEL … analysiert in der ‹Phänomenologie› und in der ‹Logik› die Dialektik des Verhältnisses von Ding und Eigenschaften als eine Phase im Zusichkommen des Wissens. Das Kantische Ding an sich ist ihm ein unvollständiger Gedanke, eine «sehr einfache Abstraktion». Bei Hegel kommt es zu einer terminologischen Distinktion von ‹Ding› und ‹Sache› (Flasch 2007, S. 251).
  • HEIDEGGER kritisiert an der europäischen Philosophie, sie habe das Ding als Ding verfehlt, weil sie es mit Platon als Gegenstand des Herstellens oder mit Descartes und Kant als Gegenstand des Vorstellens fasse (Flasch 2007, S. 251).

EPh

Entität

400 (12,7) Ergebnisse, kein Stichwort

  • … sind Entwicklungsprozesse besondere Bewegungsformen materieller und ideeller Systeme, die sämtliche Entitäten qualitativer und zeitlicher Veränderungen umfassen (S. 544b).
  • Vom realistischen Alltagsverstand und common sense wird ›Erkenntnis‹ spontan so verstanden, als würden ›objektive‹ Formen der Realität (Entitäten, Sachverhalte, Ereignisse) in ›subjektive‹ Formen des Bewusstseins transformiert (S. 580).
  • In der Handlungstheorie gibt es drei – logisch voneinander unabhängige – ontologische Probleme, welche Arten von Entitäten Handlungen eigentlich sind: … (S. 970b).
  • Als Ontologie behauptet er [der Idealismus] die Existenz von geistigen Entitäten (Ideen), die nicht auf materielle Entitäten reduzierbar sind; (S. 1026).
  • … theoretische Entitäten wie Elektronen, Neutrinos, magnetische Wellen etc. (S. 1099b).
  • …. und diejenigen Entitäten, die wahren Meinungen entsprechen, sind Tatsachen (S. 1302b).
  • … um die sozialen Phänomene zu erklären, auf Entitäten wie ›Volk‹, ›Klasse‹, ›Staat‹, ›Institution‹ etc. beziehen, und Kollektiven anthropomorphisierend Bewußtsein, Wünsche und spezifische Absichten zuschreiben (S. 1602b).
  • Um Kategorien angemessen charakterisieren zu können, benötigt man ein anspruchsvolles begriffliches Repertoire …. Dabei wird es sich als sehr nützlich erweisen, mit dem in der mittelalterlichen Scholastik geprägten Kunstwort ›Entität‹ einen Ausdruck zur Verfügung zu haben, der es gestattet, ganz allgemein über Seiendes zu sprechen, ganz gleich, ob es für sich bestehen kann oder in einem starken Sinne von anderen Entitäten (existenziell) abhängig ist, ob es wirklich ist oder nur möglich. Der Ausdruck Entität bezeichnet also selbst noch keine Kategorie, da er keinen Einteilungsbegriff darstellt. Alles, was unter eine der im Folgenden diskutierten Kategorien fällt, ist eine Entität. Der ›Entität‹ ist somit der neutralste Ausdruck, den es in der Ontologie gibt (S. 1865b).
  • Das Phänomen wird hiermit als irreale Entität bestimmt (S. 1943b).
  • Wissensrepräsentations-Systeme verwenden Logik-basierte Sprachen … und sind fähig zur syntaktischen und semantischen Repräsentation von Zeit, Ereignissen, Aktionen, Prozessen und Entitäten (S. 2323b).
  • ›Tätigkeit‹ tritt, ungefähr gleichbedeutend mit Aktion, Aktivität, gelegentlich mit Handlung und Tun, in unterschiedlichen Sprachzusammenhängen auf und bezeichnet im allgemeinsten Sinne eine durch Angabe von Funktion oder Ziel beschreibbare Veränderung von Zuständen in oder an Entitäten wie Personen, Organen, Zellverbänden, Lebewesen oder Systemen (Maschinen, gesellschaftliche Gruppen). (S. 2679u).
  • Vergleich‹ ist ein Terminus zur Bezeichnung einer Methode der Erkenntnis, mittels derer Entitäten sehr unterschiedlicher Art und Komplexitätsstufe (z.B. empirische Entitäten: Dinge, Beziehungen, Ganzheiten, Organismen, Systeme; theoretische: Begriffe, Aussagen, Theorien; fiktive: literarische Figuren, Handlungen, epische Muster u.a.) auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin untersucht werden (S. 2880u).

Ding

1472 (45,9) Ergebnisse, Stichwort „Ding/Ding an sich“, Autor: Wilhelm G. Jacobs (2010)

  • Die Alltagssprache bezeichnet mit dem Wort ›Ding‹ jene leblosen Gegenstände, die irgendwie dem Menschen zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zu dem oft, jedoch nicht immer bedeutungsgleichen Wort ›Sache‹ sind ausschließlich sinnlich wahrnehmbare Gegenstände gemeint. Von ›Ding an sich‹ spricht nur die philosophische Fachsprache. Da ›Ding‹ zwar als ›res‹ ins Lateinische übersetzt werden muß, nicht aber ›res‹ stets als Ding ins Deutsche, ist eine Gleichsetzung von res und Ding problematisch. Zum Terminus wie ›res‹ wird das Wort ›Ding‹ nicht. Auch Heideggers Aufsatz „Das Ding“ führte nicht dazu, daß dieses Wort ein Terminus wurde. Dagegen ist ›Ding an sich‹ ein philosophischer Terminus, der seine Prägung vor allem durch Kant erhalten hat (Jacobs 2010, 426u).

Stichwort: „Ding/Eigenschaft“, Autor: Angelica Nuzzo

  • Ding und Eigenschaft sind korrelative Begriffe. Dies wird dadurch am klarsten dargetan, dass man ihr Verhältnis von der Seite der Eigenschaft statt des Dings liest. Denn während das Ding auch unabhängig von seiner Eigenschaft – zumindest dem Anschein nach – definiert bzw. thematisiert werden kann, bezieht sich die Eigenschaft schon immer und notwendigerweise auf das entsprechende Ding (Nuzzo 2010, 428).
  • Wenn ›Ding‹ die allgemeinste Bezeichnung eines nicht weiter definierten gegenständlichen Bereichs ist, bestimmt – von diesem her gesehen – umgekehrt das Ding das Verhältnis von Ding und Eigenschaft nach seiner allgemeinen Beschaffenheit und auch im Unterschied zu anderen Dingen; … Die Eigenschaft ist das, was einem Ding im Modus des ›Habens‹ zusammen mit anderen Eigenschaften gehört: Ein Ding hat eine Mannigfaltigkeit von Eigenschaften (Nuzzo 2010, 428).

MLPh

Entität

138 (19,6) Ergebnisse, Stichwort: „Entität“, Autor: Martin F. Meyer (2008)

  • Als Entität bezeichnet man ein einzelnes, individuell seiendes unteilbares (substantielles) Etwas und zugleich sein Wesen. Das Wort ist durch die Scholastik, insbesondere des Thomas von Aquin, geprägt, wobei Thomas mit dem Begriff den Aspekt des existentiellen und wirklichen Daseins einer Sache akzentuiert (S. 138).
  • Nach traditionellem Verständnis wird als Entität das aus Stoff und Form zusammengesetzte einzelne Seiende verstanden; diese Deutung hat allerdings den Nachteil, dass das Akzidentelle und Unbestimmte der Materie ebenfalls als Seiendes vorgestellt wird. Die idealistische Deutung sieht demgegenüber in der bloßen Form den Kern der aristotelischen ousia. Entität ist dann die (unvergängliche und ideale) Form. Diese Deutung hat den Nachteil, dass das mit größter Evidenz Seiende, nämlich das Materiell-Sinnliche, aus dem Bereich des Seienden herausfällt. Ebenfalls umstritten ist die Frage, wovon es überhaupt Wesen gibt, ob nur von lebenden Individuen oder auch von Artefakten (S. 138).
  • In der formalen Logik und der logischen Semantik ist »Entität« eine allgemeine Bezeichnung für ein sprachliches bzw. gedankliches Objekt oder für ein außersprachliches Bezugsobjekt. Dabei bleibt der ontologische Charakter (d. h. Wirklichkeit oder nur Vorstellung) ebenso unbestimmt wie die Art des Objekts (d.h. Gegenstände, Ereignisse oder Personen). Entität stellt die gemeinsame Bezeichnung für Eigenschaften, Propositionen, Klassen, Gegenstände dar, ohne Berücksichtigung der Unterscheidung von abstrakten und konkreten Entitäten (S. 138).

Weitere Ergebnisse:

  • Sprachliche Äußerungen beziehen sich also auf Objekte mittels besonderer Entitäten, nämlich Bedeutungen (S. 61).
  • Unter der Denotation versteht man das Verhältnis eines Begriffes zu der Entität, worauf dieser Ausdruck referiert (S. 102).
  • Ding, in der aristotelischen Tradition meistens eine kategoriale Entität, also eine Substanz oder ein Akzidens. Der in der Neuzeit vorherrschende Begriff des Dings als einer zeitlich kontinuierlichen bzw. beharrenden und räumlich begrenzten Entität wird in dieser Tradition durch den Begriff des Zugrundeliegenden abgedeckt: Ein Ding ist der beharrende Träger von wechselnden Qualitäten, welcher aber dem Wesen nach schon bestimmt, d. h. aus Materie und Form zusammengesetzt sein muss (S. 115/116).
  • Intentionale Einstellung. In der I.E. werden einer Entität Überzeugungen, Absichten und Wünsche zugeschrieben, die vielfach auch als propositionale Einstellungen bezeichnet werden. (S. 274).
  • Aktuale Entitäten sind die letzten realen Dinge, aus denen die Wirklichkeit besteht (S. 490).
  • Habermas unterscheidet drei Welten entsprechend den Geltungsansprüchen der Wahrheit, der normativen Richtigkeit und der Wahrhaftigkeit, wie sie in den Sprechhandlungen implizit erhoben werden: (a) die objektive Welt als die Gesamtheit aller Entitäten, über die wahre Aussagen möglich sind; (b) die soziale Welt als die Gesamtheit aller legitim geregelten interpersonalen Beziehungen; (c) die subjektive Welt als die Gesamtheit der nur dem sich äußernden Individuum zugänglichen Erlebnisse (S. 674).

Ding

565 (80,1) Ergebnisse, Stichwort: „Ding“, Autor: Harald Berger (2008)

  • Ding, in der aristotelischen Tradition meistens eine kategoriale Entität, also eine Substanz oder ein Akzidens. Der in der Neuzeit vorherrschende Begriff des Dings als einer zeitlich kontinuierlichen bzw. beharrenden und räumlich begrenzten Entität wird in dieser Tradition durch den Begriff des Zugrundeliegenden abgedeckt: Ein Ding ist der beharrende Träger von wechselnden Qualitäten, welcher aber dem Wesen nach schon bestimmt, d. h. aus Materie und Form zusammengesetzt sein muss (Berger 2008, S. 115–116).
  • Aufgrund der sinnlichen Unerkennbarkeit dieses Trägers von Qualitäten und seiner vermeintlichen metaphysischen Unbestimmtheit wurde im neuzeitlichen Empirismus ein Ding meist nicht als Träger, sondern als bloßes Bündel von Qualitäten mit relativer Beständigkeit aufgefasst (Berkeley, Hume, Mach, Russell) (Berger 2008, S. 116).
  • In der abendländischen Kultur gilt die Ding-Ontologie und -Sprache als die natürlichste, v. a. in der neueren Philosophie werden aber oft alternative (z.B. Sinnesdaten-, Sachverhalts-, Ereignis- oder Prozess-) Ontologien bevorzugt (Berger 2008, S. 116).

Weitere Zitate

  • Allgemein, das Allgemeine, (a) dient zur Kennzeichnung dessen, was einer Menge von einzelnen Dingen oder Eigenschaften gemeinsam ist. Das Allgemeine ist durch die Klasse von Dingen, Eigenschaften etc. gegeben; (b) ein empirisch allgemeines Merkmal kann durch Abstraktion aus einer Vielzahl konkreter Einzeldinge gewonnen werden (z.B. Gattungsbegriffe); (S. 17).

Auswertungen

Tab. Normierte Häufigkeiten

Lexem

DWDS

HWPh

MLPh

EPh

Entität

0,3

3,5

19,6

12,7

Ding

101,8

69,7

45,9

80,1

Im Alltag wird der Terminus „Entität“ sehr selten und wie die Kollokationen mit Gesamtstaat (6.8, 6), metaphysisch (4.8, 5), autonom (3.3, 6), serbisch (3.0, 15), autonom (2.9, 5) zeigen, vor allem im politischen Sinne verwendet.

Im DWDS und DUW wird übereinstimmend als Bedeutung angegeben:

  • (Philos.) Dasein im Unterschied zum Wesen eines Dinges

Im DUW werden darüber hinaus noch folgende Bedeutung genannt:

  • (Fachspr.) [gegebene] Größe, Einheit.
  • (Informationstechnik) eindeutig identifizierbare Größe (z. B. Person od. Objekt), über die Informationen gespeichert werden.

Es gibt also keine alltagssprachliche Bedeutung des Wortes „Entität“. Die angegebene philosophische Bedeutung, die „Entität“ auf das Wort „Ding“ zurückführt, ist nur eine von den in der Philosophie vertretenen Auffassungen. „Entität“ ist in der Alltagssprache intuitiv nicht verständlich.

Im HWPh wir das Wort selten in den anderen Lexika mit mittlerer Häufigkeit verwendet. Man findet nur in einem der drei Lexika ein Stichwort „Entität“, das folgende Erklärung des Terminus enthält: „Als Entität bezeichnet man ein einzelnes, individuell seiendes unteilbares (substantielles) Etwas und zugleich sein Wesen“ (Meyer 2008, S. 138). Bei dieser Erklärung bleibt offen, was unteilbar bedeutet und wie der Begriff „ein Etwas“ expliziert werden kann. Im Unterschied zur angegebenen philosophischen Bedeutung im DWDS und DUW wird das Wesen des „Etwas“ in den Begriff eingeschlossen. Nach Meyer ist „Entität“ in der analytischen Philosophie, insbesondere in der formalen Logik und der logischen Semantik eine „allgemeine Bezeichnung für ein sprachliches bzw. gedankliches Objekt oder für ein außersprachliches Bezugsobjekt … die gemeinsame Bezeichnung für Eigenschaften, Propositionen, Klassen, Gegenstände …, ohne Berücksichtigung der Unterscheidung von abstrakten und konkreten Entitäten“ (Meyer 2008, S. 138). Entität wird in dieser Erklärung auf dem Begriff Objekt zurückgeführt und steht offensichtlich für ein beliebiges Existierendes.

Nach dem folgenden Zitat gehören aber Vorgänge nicht zum Umfang des Begriffs Entität: „Im Gegensatz zu intervenierenden Variablen, die sich im Prinzip vollständig auf empirische Variablen reduzieren lassen, beziehen sich hypothetische Konstrukte auf Prozesse oder Entitäten, die nicht unmittelbar beobachtet werden“ (Ritter et al. 2007, Bd. 6, S. 1219) Dieser Eindruck wird auch durch die folgende Zusammenstellung der in den Lexika genannten Beispiele für Entitäten bestärkt.

HWPh: Akzidens, Attribut, Aussage, Bedeutung, Begriff, Begriffsumfang, Ereignis, Klassenbewusstsein, Kraft, Luftwiderstand, Macht, Menge, Sachverhalt, Selbsterhaltungsreflex, Urteil, Wirkungen der Natur, Zwischenraum

EPh: Aussage, Begriff, Beziehung, Ding, Elektron, epische Muster, Ganzheit, gedankliche Repräsentation, Gene, gesellschaftliche Gruppen, Handlung, Institution, Klasse, Lebewesen, literarische Figur, Luft, magnetische Welle, Maschine, Neutrinos, Organ, Organismen, Person, Proposition, Sachverhalt, Staat, System, Tatsache, Theorie, Volk, Wasser, Zelle

MLPh: Absicht, Akzidens, Bedeutung, Substanz, Überzeugung, Wunsch,

Bei den Textanalysen fällt auf, dass es eine sehr große Anzahl von Adjektivattributen gibt, die mit dem Terminus „Entität“ verbunden sind. Eine Zusammenstellung aller vorkommenden Adjektive in den drei Lexika ergab folgende Ergebnisse:

HWPh: 75 Kollokationen mit folgenden Attributen

abstrakte, aktuale, allgemeine, äußere, außersprachliche, außerweltliche, autonome, beobachtbare, biologische, denk- und sprachunabhängige, denotierte, die Entität X wird auf die Entität Y reduziert, distinkte, einfache, endliche, extramentale, fiktive, formale, geistige, geordnete, gliederte, hybride, idealistische, immaterielle, individuelle, inhärente, innere, innergeistige, intelligible, intensionale, jenseits von Raum und Zeit liegende, komplexartige, körperliche, körperlose, linguistische, materielle, mathematische, mechanische, mentale, metaphysische, modale, natürliche, nichtbeobachtbare, nichtempirische, nichtpsychische, objektive, ontologische, partikuläre, persistierende, physikalische, physische, positive, psychische, real existierende, reale, reflektierende, repräsentationale, seinsneutrale, selbstbewegte, separate, singuläre, sprachliche, strukturierte, theoretische, transzendente, unabhängige, unbeobachtbare, unendliche, ungesättigte, unkörperliche, unselbstständige, unvergängliche, unzusammenhängende, verfügbare, zeitlose,

EPh: 88 Kollokationen mit folgenden Attributen

abhängige, abstrahierte, abstrakte, allgemeine, arithmetische, auffindbare, außersprachliche, begrenzte, begriffliche, benötigte, beobachtbare, bewusstseinsabhängige, dingliche, dingunabhängige, distinkte, eigenständige, einheitliche, empirische, entgegengesetzte, erkennbare, erzeugte, existierende, extramentale, fiktionale, fiktive, fundamentale, geistige, gemeinschaftliche, grobe, grundlegende, handlungskoordinierende, historische, ideelle, individuelle, innerpsychische, intelligible, intensionale, interagierende, intersystemische, irreale, kollektive, konkrete, konstruierte, körperliche, kulturelle, logische, materielle, mathematische, mengentheoretische, mentale, mikrophysikalische, modale, natürliche, nicht beobachtbare, nicht existierende, nichtintendierte, nichtmaterielle, nichtmenschliche, nichtsprachliche, nichtwahrnehmbare, notwendige, numerische, okkulte, partikulärer, phänomenologische, physikalische, positive, postulierte, privilegierte, psychische, raumzeitliche, reale, selbstständige, soziale, sprachliche, strukturierte, substantielle, systembestimmte, theoretische, transzendente, überindividuelle, unabhängige, universale, vermeintliche, wechselwirkende, wirksame, zahlreiche, zeitunabhängige

MLPh: 31 Kollokationen mit folgenden Attributen

abstrakte, aktuale, allgemeine, außergeistige, basale, biologische, ewige, existierende, grundlegende, individuelle, kategoriale, linguistische, mathematische, mengentheoretische, mentale, neurologische, physikalische, psychische, räumlich begrenzte, reale, rezipierte, selbstständige, soziale, sprachliche, tätige, theoretische, transzendente, ungesättigte, universale, vorsprachliche, zeitlich kontinuierliche,

Bei einigen dieser Attribute ergibt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, dem Terminus „Entität“ als einer Bezeichnung für alles was existiert, eine solche Eigenschaft zuzusprechen. Dies betrifft etwa die Eigenschaften idealistisch oder reflektierend. Etwas Existierendes kann ein Element einer idealistischen Philosophie oder ein Ergebnis einer Reflexion, aber selbst nicht idealistisch oder reflektierend sein. Eine Entität kann auch nicht selbstständig, sozial, positiv, privat oder vernünftig sein. Viele Formulierungen mit dem Terminus „Entität“ lassen sich auch auf andere Art und Weise und auch klarer ausdrücken. So wäre es etwa sinnvoller, anstelle von mathematischen Entitäten in den auftretenden Fällen von mathematischen Begriffen zu sprechen.

Das Wort „Ding“ wird in der Alltagssprache sehr häufig verwendet. Das hängt sicher auch mit den vielen unterschiedlichen Bedeutungen und zahlreichen Phrasemen zusammen. Die Angaben zu den Bedeutungen des Wortes im DWDS und DUW unterscheiden sich entsprechend dieser Vielfalt in ihrer Struktur und Formulierung. Insgesamt können acht mehr oder weniger unterschiedliche Bedeutungen identifiziert werden, wobei die Bedeutungen 1. bis 5. in beiden Wörterbüchern in etwa der gleichen Weise auftreten und die restlichen Bedeutungen nur in einem der Wörterbücher.

  1. nicht näher bezeichneter Gegenstand, nicht näher bezeichnete Sache; Bsp.: nützliche, wissenswerte, persönliche, schöne, wertvolle Dinge
  2. Tatsachen, Gegebenheiten, Angelegenheit;: die Natur, Erkenntnis der Dinge; einige Dinge müssen geregelt, geändert werden; die einfachsten Dinge nicht begreifen
  3. Vorgang, Ereignis; : es waren unerfreuliche Dinge vorgekommen; falls die Dinge sich so zugetragen haben
  4. (ugs.), auch abwertend, Kind, junges Mädchen, junge Frau; : ein junges, albernes, liebes, dummes Ding
  5. (ugs.) etw., was jmd. (in abschätziger Redeweise oder weil er die genaue Bezeichnung dafür nicht kennt oder nicht gebrauchen will) nicht mit seinem Namen nennt; : was ist denn das für ein Ding? die Dinger taugen nichts
  6. was besonders (gut oder schlecht) auffällt, eine besonders bemerkenswerte (gute oder schlechte) Sache; : ein großes, verfluchtes Ding
  7. fröhlich u. munter; : sie ist immer guter Dinge; voll Hoffnung, voll Optimismus; guter Dinge machte er sich an die schwierige Aufgabe
  8. (Philos.) etw., was in einer bestimmten Form, Erscheinung, auf bestimmte Art u. Weise existiert u. als solches Gegenstand der Wahrnehmung, Erkenntnis ist; : das Wesen, den Kern der Dinge erkennen.

Als eine zweite Bedeutung des Wortes „Ding“ wird in beiden Wörterbüchern die Bezeichnung für eine germanische Gerichtsversammlung genannt.

In den Wörterbüchern sind u. a. folgende Phraseme enthalten: aller guten Dinge sind drei; jedes Ding hat zwei Seiten; das ist ein Ding mit ’nem Pfiff; gut Ding will Weile haben; das ist ja ein Ding! ein Ding drehen; jmdm. ein Ding verpassen; krumme Dinger machen; kein Ding; über den Dingen stehen; die letzten Dinge (Religion); ein Ding der Unmöglichkeit sein; nicht jmds. Ding sein; der Dinge harren, die da kommen; unverrichteter Dinge; nicht mit rechten Dingen zugehen; vor allen Dingen.

Es ist erkennbar, dass in der Alltagssprache das Wort „Ding“ ausschließlich Nichtmentales bezeichnet. Mentale Objekte wie etwa Gedanken, Gedächtnisinhalte oder Vorstellungen kommen in den Bedeutungsangaben und Beispielen nicht vor. Die Kollokationen zum Wort „Ding“ mit Sicht (7.9, 3811), Stand (7.8, 3515), Maß (7.7, 3145), zugehen (7.5, 2557) und recht (7.2, 3048) verdeutlichen die Vielfalt der Verwendungen.

In allen drei philosophischen Lexika wird das Wort „Ding“ sehr häufig verwendet und es gibt jeweils dazu ein Stichwort, in der EPh sogar zwei (Ding/Ding an sich, Ding/Eigenschaft). In diesen Beiträgen gibt es u. a. folgende Aussagen zum Begriff „Ding“, seinen Problemen und seiner Bedeutung in der Philosophie:

  • Für die Alltagsansicht und die naiv realistische Philosophie ist das Ding … als das individuelle, materielle Substrat von Eigenschaften und als Ursache der Affektion geschichtslos selbstverständlich (Flasch 2007, S. 249).
  • HEIDEGGER kritisiert an der europäischen Philosophie, sie habe das Ding als Ding verfehlt, weil sie es mit Platon als Gegenstand des Herstellens oder mit Descartes und Kant als Gegenstand des Vorstellens fasse (Flasch 2007, S. 251).
  • Die Alltagssprache bezeichnet mit dem Wort ›Ding‹ jene leblosen Gegenstände, die irgendwie dem Menschen zur Verfügung stehen. … Auch Heideggers Aufsatz „Das Ding“ führte nicht dazu, daß dieses Wort ein Terminus wurde. Dagegen ist ›Ding an sich‹ ein philosophischer Terminus, der seine Prägung vor allem durch Kant erhalten hat (Jacobs 2010, 426u).
  • Wenn ›Ding‹ die allgemeinste Bezeichnung eines nicht weiter definierten gegenständlichen Bereichs ist, bestimmt – von diesem her gesehen – umgekehrt das Ding das Verhältnis von Ding und Eigenschaft nach seiner allgemeinen Beschaffenheit und auch im Unterschied zu anderen Dingen; … Die Eigenschaft ist das, was einem Ding im Modus des ›Habens‹ zusammen mit anderen Eigenschaften gehört: Ein Ding hat eine Mannigfaltigkeit von Eigenschaften (Nuzzo 2010, 428).
  • Der in der Neuzeit vorherrschende Begriff des Dings als einer zeitlich kontinuierlichen bzw. beharrenden und räumlich begrenzten Entität wird in dieser Tradition durch den Begriff des Zugrundeliegenden abgedeckt: Ein Ding ist der beharrende Träger von wechselnden Qualitäten, welcher aber dem Wesen nach schon bestimmt, d. h. aus Materie und Form zusammengesetzt sein muss (Berger 2008, S. 115–116).

Schlussfolgerungen zur Verwendung der Begriffe

Insgesamt spricht Folgendes gegen eine Verwendung des Wortes „Entität“ als Oberbegriff für alles Vorhandene: In der Alltagssprache wird dieser Terminus sehr selten verwendet und ist nicht intuitiv verständlich. Wird in einem Wörterbuch nachgeschlagen, erhält man lediglich eine Bedeutungsangabe aus der Philosophie, die zudem nicht aktuellen Auffassungen entspricht. Der Gebrauch des Terminus in den philosophischen Lexika zeigte, dass aus dem Umfang mehr oder weniger offensichtlich Vorgänge ausgeschlossen werden, die ein notwendiger Bestandteil des Existierenden sind.

Das Wort „Ding“ ist häufig auftretender Bestandteil der Alltagssprache mit einer Vielzahl von Bedeutungen und Element zahlreicher Phraseme, die keine Bezüge zu philosophischen Begriffen haben. In der Philosophie gibt es einen häufigen Bezug des Wortes zur Alltagssprache, aber oft indifferente Aussagen zum Inhalt und Bedeutung des Begriffs in der Philosophie. Am klarsten drückt Jacobs aus, dass das Wort „Ding“ kein philosophischer Terminus ist. Angesichts dessen ist es recht unerklärlich, weshalb das Wort so häufig in den Texten vorkommt. In den Aussagen und Beispielen zum Inhalt des Wortes treten keine Bezüge zu mentalen Objekten oder zu Objekten des entäußerten Mentalen auf, die Bestandteil eines Begriffs für alles Existierende sein müssen.

Aus den dargelegten Verwendungen in der Alltagssprache und Philosophie ist erkennbar, dass das Wort „Ding“ als philosophischer Terminus für die Gesamtheit alles Existierenden nicht geeignet ist.

Gegenstand und Objekt

Literaturanalysen

DWDS

Gegenstand

Normierte Häufigkeit: 30,0

Kollokationen:  spitz (6.3, 299), verdächtig (6.1, 279), Betrachtung (6.1, 332), Untersuchung (6.1, 757), persönlich (6.0, 716)

Bedeutungen:

  1. etwas Kleineres aus Metall, Holz, Glas, Stein, das hinsichtlich seiner Form und seines Zwecks nicht näher bestimmt ist, Ding, : spitzer Gegenstand
  2. reales oder ideales Gebilde aus Sicht des Subjekts (des Betrachters, des Vorstellenden)
    1. gedanklicher Mittelpunkt, Kern, zentraler Gedanke bzw. das, worum es geht, Bsp.: Gegenstand eines Gespräches, einer Vorlesung
    2. Objekt, Ziel des Denkens, des Handelns, des Interesses, der Aufmerksamkeit, der Emotionen Bsp.: Gegenstand der Forschung, der Verhandlungen

Objekt

Normierte Häufigkeit: 28,3

Kollokationen:  Begierde (9.7, 5871), begehrt (6.6, 804), ausgewertet (6.4, 578), durchsuchen (6.4, 693), geeignet (6.3, 869)

Bedeutungen:

  1. Gegenstand oder Ziel des Denkens, Handelns, Beispiele: Objekt der allgemeinen Neugier
    1. sich plötzlich und unvermutet einstellende Schwierigkeit bei praktischer Tätigkeit, : die Tücke des Objekts
    2. Philosophie:unabhängig und außerhalb vom Bewusstsein existierende Erscheinung der materiellen Welt, : Naturerscheinungen als Objekte der Erkenntnis
  2. Wertgegenstand, besonders Grundstück, : ein größeres Objekt
    österreichisch: Gebäude, Bsp.: er wohnt im gleichen Objekt
  3. DDR, Wirtschaft für die Allgemeinheit geschaffene Einrichtung, betriebswirtschaftliche Einheit, besonders Verkaufsstelle, Gaststätte, : ein industrielles, landwirtschaftliches Objekt
  4. Sprachwissenschaft: Erweiterung des Prädikats, deren Kasus oder präpositionale Verbindung durch das Verb bestimmt wird, Satzergänzung

DUW

Gegenstand, der; -[e]s, Gegenstände [eigtl. = das Entgegenstehende; seit dem 18. Jh. Ersatzwort für ↑Objekt]: 1. [kleinerer, fester] Körper; nicht näher beschriebene Sache, Ding: ein schwerer, spitzer Gegenstand; Gegenstände des täglichen Bedarfs; sie stolperte im Dunkeln über einen metallenen Gegenstand 2. 〈Pl. selten〉 a) dasjenige, worum es in einem Gespräch, einer Abhandlung, Untersuchung o. Ä. jeweils geht, was den jeweiligen gedanklichen Mittelpunkt bildet; Thema (1): der Gegenstand unserer Unterredung; sie hat diese Frage zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung gemacht; b) jmd., etw. Bestimmtes, auf das jmds. Handeln, Denken, Fühlen gerichtet ist; Objekt, Ziel (3): der Gegenstand seiner Liebe; zum Gegenstand heftiger Kritik werden; sie war der Gegenstand allgemeiner Bewunderung. 3. (österr.) Schulfach:Musik ist ihr liebster Gegenstand

Objekt, das; -[e]s, -e: 1. a) [mlat. obiectum, subst. 2.Part. von lat. obicere = entgegenwerfen, vorsetzen] Gegenstand, auf den das Interesse, das Denken, das Handeln gerichtet ist: ein lohnendes Objekt; etw. am lebenden Objekt demonstrieren; nur ein Objekt für jmdn. sein; jmdn. zum Objekt seiner Aggressionen machen; b) [mlat. obiectum, subst. 2. Part. von lat. obicere = entgegenwerfen, vorsetzen] (Philos.) unabhängig vom Bewusstsein existierende Erscheinung der materiellen Welt, auf die sich das Erkennen, die Wahrnehmung richtet. 2. a) (bes. Kaufmannsspr.) etw. mit einem bestimmten Wert, das angeboten, verkauft wird; Gegenstand eines Geschäfts, eines [Kauf]vertrages, bes. ein Grundstück, Haus o. Ä.: ein günstiges Objekt; b) (österr. Amtsspr.) Gebäude; c) (bes. DDR) für die Allgemeinheit geschaffene Einrichtung, betriebswirtschaftliche Einheit, bes. Verkaufsstelle, Gaststätte o.Ä.; d) (DDR) Gebäude o. Ä., das vom Staatssicherheitsdienst beansprucht, benutzt wird. 3. (Kunstwiss.) aus verschiedenen Materialien zusammengestelltes plastisches Werk der modernen Kunst: die Künstlerin stellt Zeichnungen und Objekte aus. 4. (Sprachwiss.) Satzglied, das von einem Verb als Ergänzung gefordert wird: direktes Objekt (Akkusativobjekt); ein Satz mit mehreren Objekten 5. (Informatik) (in der objektorientierten Programmierung) Datenstruktur als Mitglied einer Klasse von Datenstrukturen, das Daten enthalten u. verarbeiten sowie Nachrichten mit anderen Objekten austauschen kann: dieses Objekt nennen wir »Speisekammer«; es enthält Daten über alle Vorräte, gibt darüber Auskunft und verarbeitet Nachrichten von anderen Objekten, welche Vorräte entnommen oder hinzugefügt werden sollen.

HWPh

Gegenstand

5880 (68,6) Ergebnisse, Stichwort: „Gegenstand“, Autoren: Erich Heintel, Arno Anzenbacher (I.) (2007), Heinz-Albert Veraart (II.) (2007)

  • Der Ausdruck Gegenstand wird seit dem 16. Jh. in der heutigen Bedeutung, seit dem 18. Jh. philosophisch auch für obiectum verwendet, das zuerst mit Gegenwurf übersetzt wurde. Sofern die Ausdrücke Gegenstand, Gegenständlichkeit, gegenständlich von Philosophen in alltagssprachlicher Bedeutung verwendet werden, können sie alles meinen, wovon überhaupt die Rede ist. Von einem einigermaßen festgelegten Gebrauch dieser Ausdrücke kann nicht gesprochen werden. Gegenständlichkeit kann mit Bestimmtheit überhaupt zusammenfallen, wobei manche Philosophen sich mit der Frage beschäftigen, ob man auch bei widersprechenden Begriffen von Gegenständen sprechen kann (z.B. bei einem runden Viereck). In einem engeren Sinn (insbesondere in transzendentalphilosophischen Positionen) wird das Gegenständliche nur mit dem unmittelbar Gegebenen identifiziert, während die Vermittlung (durch das transzendentale Ich) als nicht-gegenständlich betrachtet wird. Fraglich ist auch, ob das unmittelbar Gewisse (das einzelne Dies, Hier und Jetzt, das nach Hegel nur gemeint, aber nicht ausgesagt werden kann) als Gegenstand bezeichnet werden darf. Im engsten Wortsinn wird nur das Ontische im Sinne eines Erfahrungsgegenstandes als Gegenstand betrachtet. Bei mehreren Philosophen erhielt jedoch der Ausdruck Gegenstand systembedingt eine spezifische und fundamentalphilosophisch relevante Bedeutung, in der sie geschichtsmächtig wurde (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 129–130).
  • Weit bedeutsamer für das Gegenstand-Verständnis der Gegenwart wurde jedoch die von BRENTANO ausgehende Entwicklung. Als Schlüsselbegriff für seine Gegenstand-Konzeption fungiert die Intentionalität, die er als die allen psychischen Vorgängen typische «Beziehung auf einen Inhalt», die «immanente Gegenständlichkeit», die «Richtung auf ein Objekt» faßt. Der Inhalt des (psychischen) Aktes ist ein Gegenstand, der als dem Denken innewohnender «intentional» besteht. Nach der Weise der Inexistenz des intentionalen Gegenstands in einem Akt klassifiziert Brentano die psychischen Vorgänge in Akte des Vorstellens, des Urteilens, des Liebens oder Hassens. Von dieser immanenten (intentionalen) Gegenständlichkeit zu unterscheiden ist der transzendente Gegenstand, auf den sich die erstere bezieht. Vor allem der späte Brentano betont, daß dieser transzendente Gegenstand ausschließlich Reales, Ding, Substantielles im Sinne der klassischen Ontologie sei. Alle anderen vermeintlichen Gegenständlichkeiten seien prinzipiell auf verschiedene Bewußtseinsweisen reduzierbar. Brentano setzt sich damit klar von der Gegenstand-Theorie seines Schülers MEINONG ab, der schlechthin alles, worauf sich Akte richten, als Gegenstand faßte und so aus verschiedenen Aktarten verschiedene Gegenstand-Arten ableitete und klassifizierte (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 131).
  • Von Brentano und Meinong beeinflußt, wirkte die Phänomenologie HUSSERLS maßgeblich auf den philosophischen Gegenstands-Begriff der Gegenwart. … Zu beachten ist dabei der Unterschied zwischen dem Gegenstand, «welcher intendiert ist», und dem Gegenstand, «so wie er intendiert ist» [14], wobei letzteres mit ‹Sinn› bezeichnet wird. Husserls Analysen zur Gegenstand-Konstitution führten zur Unterscheidung folgender Haupttypen von Gegenständen: Der reale Gegenstand wird vom idealen Gegenstand unterschieden, wobei für den realen Gegenstand bezeichnend ist, daß er sich «im Wahrnehmungsakte in schlichter Weise konstituiert» [15]; er ist also «in einer Aktstufe da» [16], was nicht heißt, daß diese Aktstufe nicht weiter analysierbar ist; sie ist jedoch prinzipiell nicht fundiert in anderen Akten. Für den idealen Gegenstand ist typisch, daß er sich immer in einem fundierten synthetischen Akt konstituiert. Jeder derartige Akt ist also in anderen und letztlich in sinnlichen Akten fundiert. Eine Hauptgliederung des idealen Gegenstands unterscheidet den kategorialen Gegenstand vom eidetischen Gegenstand der Wesensanschauung. Der empirisch-kategoriale Gegenstand konstituiert sich in einem Akt, der fundiert ist in jeweils bestimmten sinnlichen Akten, während der rein- kategoriale Gegenstand auf eine Fundierung in beliebig vorgestellten sinnlichen Stoffen verweist (z.B. S ist p). Bei der Wesenserschauung geht es um einen fundierten gegenstandskonstitutiven Akt, der aus der eidetischen Variation als Deckungssynthesis resultiert (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 132).
  • In jüngster Zeit hat GLOCKNER unter dem Titel ‹Gegenständlichkeit und Freiheit› das Gegenstand-Problem zum fundamentalphilosophischen Grundproblem gemacht. Er versteht ‹Gegenstand› folgendermaßen: «Ich will darunter das einzelne Bestimmte verstehen, d.h. Alles und Jedes, als Etwas, während Inderweltsein den Zustand absoluter und durchgängiger Bestimmtheit bezeichnet. In der Welt sein bedeutet also: Gegenstand unter Gegenständen sein, Etwas sein, d.h. etwas Bestimmtes, etwas durch anderes in bestimmter Weise Bestimmtes und seinerseits Bestimmendes. Jeder Gegenstand modifiziert andere» (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 133).
  • Die heutige Logik versteht unter ‹Gegenstand› alles dasjenige, dem ein Prädikator zugesprochen werden kann oder worauf man sich durch Eigennamen, Kennzeichnungen oder deiktische Handlungen beziehen kann. Dieser Wortgebrauch geht vornehmlich auf Gegenstand FREGE zurück, der zwischen Begriff und Gegenstand unterscheidet. Ein Gegenstand fällt dann nach Frege unter einen Begriff, wenn er die Merkmale, die den Begriff konstituieren, als Eigenschaften besitzt. L. WITTGENSTEIN bestimmt Gegenstand als bloßen «Scheinbegriff», der einen nicht näher bestimmten Prädikator P in «dies P» vertritt, ebenso R. CARNAP (Veraart 2007, S. 133–134).

Objekt

2178 (25,4) Ergebnisse, Stichwort „Objekt“, Autor: Theo Kobusch (2007)

  • Objekt (griech. antikeimenon, ypokeimenon; lat. obiectum; dtsch. Gegenwwf[f], Gegenworf, Vorwurf, Gegenstand;…) Das Wort Objekt ist die lateinische Übertragung des griechischen Ausdrucks antikeimenon, den ARISTOTELES als ‚laxen‘ Begriff für das Gegensätzliche in die philosophische Sprache eingeführt hat. Wird das antikeimenon als das einem Vermögen der Seele Gegenüberstehende begriffen, so hat es die Bedeutung Objekt. Aristoteles unterscheidet in diesem Sinne schon zwischen sinnfälligen und intelligiblen Objekten. Weil aber das Objekt als Gegenstand nur ist, insofern es auf das Vermögen des Wissens bezogen ist, gehört es kategorial gesehen zum Relationalen (Bd. 6, S. 1026).
  • Das Wort „Gegenstand“ dagegen scheint erst seit dem 18. Jh. als Übertragung des philosophischen Terminus „Objekt“ geläufig zu sein (Bd. 6, S. 1027).
  • Am Beginn des neuzeitlichen Denkens ist der Objekt-Begriff vor allem durch das Verhältnis zum Begriff der Idee bestimmt. In DESCARTES‘ Lehre von der objektiven Realität der Idee ist noch deutlich die scholastische Theorie vom objektiven Sein zu erkennen. Danach ist aber «alles, was wir als in den Objekten der Ideen erfassen, in den Ideen selbst objektiv vorhanden» Die nominalistische Umdeutung dieser Theorie, wonach nur die äußere Sache selbst als Objekt angesehen wird, hat dagegen SPINOZA offensichtlich mitvollzogen: «Objectum ideae, humanam Mentem constituentis, est Corpus, sive certus Extensionis modus actu existens et nihil aliud» („Das Objekt der Idee, die den menschlichen Geist ausmacht, ist der Körper oder eine bestimmte Art der Ausdehnung, die tatsächlich existiert, und sonst nichts.“) ( 6, S. 1036)
  • Noch deutlicher ist dieser Einfluß bei J. LOCKE erkennbar, der die Frage nach der Herkunft all unserer Ideen mit einem berühmten lapidaren Satz beantwortet: «To this answer, in one word, from experience.» Da die Erfahrung aber auf «external, sensible objects» wie auch auf die «internal operations of our minds» gerichtet sein kann, gibt es nach Locke zwei Quellen unseres Wissens: «sensation» und «reflection». ( 6, S. 1036).
  • In der kritischen Philosophie I. KANTS vollzieht sich die Restriktion der Bedeutung des Begriffs Objekt. Zwar kann man «alles und sogar jede Vorstellung, so fern man sich ihrer bewußt ist, Objekt nennen», aber im analytischen Teil der Kritik wird bewiesen, daß wir von keinem Gegenstand als einem Ding an sich selbst, sondern nur insofern es Objekt der sinnlichen Anschauung ist, d.h. als Erscheinung, Erkenntnis haben können. «Nicht dadurch, daß ich bloß denke, erkenne ich irgend ein Objekt, sondern nur dadurch, daß ich eine gegebene Anschauung in Absicht auf die Einheit des Bewußtseins … bestimme …». Das Objekt ist also zwar «in zweierlei Bedeutung» zu nehmen, «nämlich als Erscheinung oder als Ding an sich selbst» (Bd. 6, S. 1038).
  • Die idealistischen Fehlinterpretationen der Kantischen Lehre werden schließlich durch den kritischen Realismus A. RIEHLS zurückgewiesen, der darauf aufmerksam macht, daß «auch die kritische Philosophie die Existenz der Dinge nicht aufhebt», wenn sie die Unterscheidung zwischen Erscheinungen der Dinge und den Dingen selbst trifft. Die Existenz gehört nicht zum Inhalt der Vorstellung von einem Ding. Durch den Idealismus aber «werden beständig die beiden Fragen nach der Existenz der Dinge und nach der Erkennbarkeit derselben vermengt und das Sein der Objekte von ihrem Objekt-Sein nicht unterschieden» (Bd. 6, S. 1044).
  • Nach der von Cohen meist korrekt referierten scholastischen Ansicht «ist das Objectum nur der Spielball, den das Denken sich selbst entgegenwirft. Und diese subjektive Bedeutung behält das Objekt bis in den Ausgang des 18. Jahrhunderts». Nach der dem Begriff erst «in den Kreisen der Aufklärung» verliehenen Bedeutung besagt «Objekt» aber soviel wie «Gegenstand». «Das Werfen, welches im Objekt ausgeprägt ist, wird jetzt beseitigt; jede subjektive Tätigkeit wird verworfen; das Objekt wird auf seine eigenen Füße gestellt; und es wird dem Verstände dadurch die Selbständigkeit des Gegenstandes entgegengehalten» (Bd. 6, S. 1045).
  • Im Gegensatz zu E. Lask charakterisiert der späte H. RICKERT die Welt der Werte als das, «was niemals Objekt werden kann». Der Begriff des Objekts ist dabei in einem neutralen Sinne zu verstehen: «Sein Begriff ist so umfassend wie möglich gemeint, insbesondere umfassender als der des Dinges, ja sogar als der des realen Seins oder des Wirklichen überhaupt, denn es gibt auch ideale oder unwirkliche Objekte, wie z.B. Zahlen oder geometrische Linien. Objekt heißt hier ganz allgemein alles, was vom erkennenden Subjekt in irgendeiner Weise zu unterscheiden ist.» Unter dieser Voraussetzung ist ein dreifaches Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt denkbar. Objekt bezeichnet einmal «nichts anderes als die das körperliche Ich räumlich umgebende Wirklichkeit». Wenn aber das Subjekt als Bewußtsein verstanden wird, umfaßt der Begriff Objekt «alles, was nicht mein Bewußtseinsinhalt oder mein Bewußtsein selbst ist», also auch den eigenen Leib. Rickert nennt dies das «transzendente Objekt». Was hier als «Subjekt» aufgefaßt wird, läßt sich jedoch «noch einmal in Objekt und Subjekt zerlegen. Dann entsteht der neue, dritte Objekt-Begriff: Objekte sind jetzt meine Vorstellungen, Wahrnehmungen, Gefühle und Willensäußerungen». Rickert nennt einen solchen Bewußtseinsinhalt auch das «immanente Objekt» (Bd. 6, S. 1046).
  • Gegenüber dem neuzeitlich im allgemeinen undifferenziert gebrauchten Begriff des Objekts hebt sich WHITEHEADS Lehre von den «Typen des Objekts» deutlich ab. Für den Objekt-Begriff ist in Whiteheads philosophischer Betrachtung der Natur der Unterschied zum Begriff des «Ereignisses» konstitutiv. Das «Ereignis» ist nach Whitehead die fundamentale und «letzte» Form der Wirklichkeit, die der Sinneserkenntnis und Wissenschaft erfahrbar ist (Bd. 6, S. 1050).
  • Während es zum Wesen des Ereignisses gehört, daß es «passiert», d.h. übergeht in andere Ereignisse, muß das Objekt als das «selbstidentische», im Fluß der Ereignisse «permanente» Element angesehen werden, das zwar wegen seiner Beziehung zum Ereignis («abgeleiteterweise») in Raum und Zeit ist – in Raum und Zeit zu sein, ist «eine fundamentale Eigentümlichkeit der Ereignisse» –, im eigentlichen Sinne jedoch «ohne Zeit und Raum ist». Deswegen werden auch Objekte im Unterschied zu den Ereignissen wesentlich «wiedererkannt», nämlich als das Selbstidentische (Bd. 6, S. 1050-1051).
  • In der sprachanalytischen Philosophie wird erörtert, welche Arten von Objekten als existierend anzunehmen sind und welche durch Analyse der Sprache «wegerklärt» werden können. Insbesondere W. V. O. QUINE hat die jeweiligen Bedingungen für eine Ontologie verschiedener Objekt-Arten aufgewiesen. Nach Quine kann gar nicht bestritten werden, daß den physikalischen Objekten eine Vorrangstellung zukommt. Von dieser Basis aus macht Quine deutlich, inwiefern man auf die «idealen Objekte» in der Mechanik (Massenpunkte, reibungslose Oberflächen, isolierte Systeme) einerseits verzichten, die geometrischen Objekte und besonders die «abstrakten Objekte» dagegen kaum wegerklären kann (Bd. 6, S. 1051).

EPh

Gegenstand

1179(36,7) Ergebnisse, Stichwort: „Gegenstand/Objekt“, Autor: Vesa Oittinen (2010)

Objekt

958 (29,9) Ergebnisse, Stichwort: „Gegenstand/Objekt“, Autor: Vesa Oittinen (2010);

  • Der Gegenstand ist das dem Subjekt Gegenüberstehende, eine Entität, auf die das Subjekt sich bezieht. Seit dem 18. Jh. werden im deutschen Sprachgebrauch die Termini ›Gegenstand‹ und ›Objekt‹ weitgehend identifiziert. (S. 778)
  • Seine heutige Bedeutung erhielt der Begriff des Gegenstands bzw. Objekts in der Philosophie der frühen Neuzeit, die sich von der antiken und mittelalterlichen Philosophie v.a. dadurch unterschied, dass das Problem des Subjekt- Objekt-Verhältnisses darin zentral wurde (S. 778b).
  • Daher definiert Hegel das Objekt als »Realisierung des Begriffs«, die als Resultat des Schlusses entsteht, indem der Schluss den Unterschied vom Allgemeinen und Einzelnen aufhebt und dem Einzelnen als Objekt erst Bestimmtheit als dieses Objekt verleiht. Hegel fügt erklärend hinzu, dass man unter Objekt »nicht bloß ein abstraktes Seiendes, oder existierendes Ding, oder ein Wirkliches überhaupt zu verstehen [pflegt], sondern ein in sich vollständiges Selbständiges. Er unterscheidet dabei die Termini ›Objekt‹ und ›Gegenstand‹: »Dass das Objekt auch Gegenstand und einem Andern Äußeres ist, dies wird sich nachher bestimmen, in sofern es sich den Gegenstand zum Subjektiven setzt«. Für Hegel bildet die Gegenständlichkeit also nur ein vorübergehendes Moment des Objekts, das mit der Aufhebung des Subjekt- Objekt-Gegensatzes in den Hintergrund tritt (S. 780).
  • In seinen Feuerbach- Thesen sah Marx den Hauptmangel des bisherigen Materialismus, des Feuerbachschen mit eingerechnet, darin, dass der Gegenstand, die Wirklichkeit oder die Sinnlichkeit nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefasst wurde, nicht aber als sinnliche menschliche Tätigkeit, als Praxis (S. 780b).
  • Erst im Prozess der menschlichen Tätigkeit erhalten die Naturdinge die Eigenschaft des Gegenständlichen, die sie ursprünglich nicht besaßen. Insofern setzt die Gegenständlichkeit immer ein Subjekt voraus, auf das sie sich bezieht. … Die Gegenständlichkeit kann aber nicht aufs Intentionale reduziert werden, da sie als Resultat der menschlichen Tätigkeit immer einen ›nicht- subjektiven Rest‹ behält. Auch gedachte Gegenstand wie imaginäre Wesen oder Theoriekonstrukte besitzen ihren ›nichtsubjektiven Rest‹, da sie mehr oder wenig adäquate Widerspiegelungen der objektiven Realität sein müssen (S. 780b).
  • In der Philosophie des 19. und 20. Jh. verstärkt sich die Tendenz, die subjektive Konstitution der Gegenständlichkeit zu betonen (S. 780b).
  • Die objektive Komponente der Gegenständlichkeit wird hier eliminiert zugunsten des in der Anschauung gegebenen ›Etwas‹: »Das Gegebene ist im Bewusstsein gegeben; dieser Grund und Boden ist solide genug, die Anschauung und somit jenes Etwas zu legitimieren«, schrieb Hermann Cohen, einer der Vertreter der Marburger Schule des Neukantianismus.[34] Die Anschauung ist zwar für Cohen Bezogenheit des Bewusstseins auf ein Etwas und somit gegenständlich; diese Gegenständlichkeit ist aber subjektiv konstituiert; sie verweist nicht mehr auf ein Ding an sich außerhalb des Erkenntnissubjekts, wie noch bei Kant (S. 781).
  • Mit anderen Worten, der Gegenstand geht, phänomenologisch gesehen, ganz in dem ihn konstituierenden intentionalen Akt auf; das Ding an sich, dieser Stein des Anstoßes, den Kant hinterlassen hatte, hat keinen Anteil am Gegenständlichen mehr, sondern wird ausgeklammert. Husserl identifiziert somit die Gegenständlichkeit mit der Intentionalität: »In jedem aktuellen cogito richtet sich ein von dem reinen Ich ausstrahlendes ›Blick‹ auf den ›Gegenstand‹ des jeweiligen Bewusstseinskorrelats, auf das Ding, den Sachverhalt usw.« (S. 781).
  • Die Wende des späten Husserl zur intersubjektiven Begründung der Gegenständlichkeit ist kein Ausnahmefall, sondern folgt dem allgemeinen Trend der Philosophie im 20. Jh., die sich zunehmend von dem Gnoseologismus, der noch den Neukantianismus prägte, abwendet, von dem Klaus Düsing als ›Soziologismus‹ sprach: »Diese Denkweise kam mit dem Anwachsen der Bedeutung der ­Sozialwissenschaften auf, ohne diesen notwendig inhärent zu sein. … Diese Entwicklung ist insofern begrüßenswert, als sie die Aufgabe des einseitigen Standpunktes des isolierten Erkenntnissubjekts bedeutet, aber sie hat nicht entsprechend zur Verstärkung eines materialistischen oder realistischen Gegenstandverständnisses beigetragen. Vielmehr ist der Begriff der Objektivität weitgehend durch den der Intersubjektivität ersetz worden – was zur Folge hat, dass Philosophie und Humanwissenschaften konträr zur noch immer weitgehend auf dem realistischen Gegenstandbegriff insistierenden naturwissenschaftlichen Theoriebildung stehen (S. 781).
  • Dem franz. Neorationalismus (Gegenstand Bachelard u.a.) folgend hatte Louis Althusser in den 1960er Jahren den Versuch unternommen, auch in den Marxismus die strikte Trennung zwischen Erkenntnisgegenständen und realen Gegenstand (bzw. Objekt) einzuführen.[42] Die ideologische oder wissenschaftliche Praxis befasse sich, so Althusser, niemals mit dem Realobjekt selbst, sondern mit dem Erkenntnisobjekt, das konstruiert sei. … Die ›Erkenntnisgegenstände‹ repräsentierten widergespiegelte Realgegenstände, die aus ihrem ›naturgegebenen‹ Kontext in neue, vom Subjekt herausgearbeitete theoretische Zusammenhänge gesetzt seien und damit – wie Descartes es ausdrückte – den Status der ›maxime generalia‹ erhielten. Der Erkenntnisgegenstand bilde den realen Gegenstand (oder einige seiner Seiten bzw. Eigenschaften) ab (­Abbild/ Abbildtheorie), sei also keine selbstständige Entität, die ausschließlich subjektiv konstituiert wäre. Es ist dies ein Standpunkt, den die marxistische Philosophie – v.a. in ihren sowjetischen Version der 1960er bis 1980er Jahre – mit dem in angelsächsischen Sprachraum verbreiteten wissenschaftlichen ­Realismus (Ch. S. Peirce, K. R. Popper, W. Sellars u.a.) teilt, trotz aller Divergenzen in anderen Fragen. Beide bemühen sich um einen Konsens zwischen Philosophie und Naturwissenschaften, was zu einem Festhalten an einem mehr oder weniger realistischen Gegenstandbegriff führt. (S. 782).
  • Andererseits wenden die poststrukturalistischen und postmodernen Strömungen den Naturwissenschaften den Rücken zu und wollen folgerichtig den philosophischen Realismus zugunsten einer pluralistischen ›Ontologie der ­Differenz‹ verabschieden. Gilles Deleuze kritisiert die herkömmliche Philosophie dafür, dass sie für »die Identitätsform des Objekt […] einen Grund in der Einheit des denkenden Subjekts« beanspruche.[44] Die von Deleuze angestrebte Überwindung des Standpunkts der ­Repräsentation hat zur Folge, dass auch der Gegenstand bzw. Objekt von ihm ganz anders konzipiert werden muss als in seinem Gegensatz zum Subjekt. Da er aber zugleich betont antidialektisch vorgehen will, erfolgt auch seine Überwindung der Gegenständlichkeit ganz andersartig als bei Hegel – nämlich durch die Beseitigung des Subjekts, der Instanz der Repräsentation (S. 782b).

Stichwort „Objektivität“, Autor: Stefan HeßbrüggenWalter/ Red. (2010)

  • Im 17. und 18. Jh. wird der neuzeitliche Begriff vom Objekt als einem dem erkennenden Subjekt entgegengesetzten Gegenstand entwickelt: zuerst bei Spinoza, dann auch bei Locke und Leibniz (S. 1834b).
  • Der neuzeitliche Gebrauch des Ausdrucks ›Objekt‹ für »Originale unserer Begriffe, welche durch die Begriffe vorgestellet werden«, gilt Crusius nur als »tropisch«, also als eine Verwendung im übertragenen Sinne. Hierfür würde bei beiden Autoren, Wolff wie Crusius, der Begriff des ›Dings‹ (res) in Anschlag gebracht werden. Diese Unterscheidung von Ding und Objekt prägt auch das Kantische Verständnis dieser beiden Begriffe: ›Ding‹ ist eine primär ontische Kategorie, während ›Objekt‹ bzw. ›Gegenstand‹ Dinge bezeichnet, insofern sie unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, als Zielpunkt einer Handlung unseres Erkenntnisvermögens dienen zu können (S. 1834b)

MLPh

Gegenstand

808 (114,6) Ergebnisse, Stichwort „Gegenstand“, Autor: Peter Prechtl (2008)

  • (1) Entsprechend der Alltagssprache wird Gegenstand als Sammelbegriff verwendet, um das zu kennzeichnen, worauf sich das Interesse oder die Beobachtung richtet oder worüber berichtet und diskutiert werden kann. Der Gegenstand ist dabei nicht weiter qualifiziert. Zur Abgrenzung dazu kann der empirisch wahrnehmbare Gegenstand durch zusätzliche Attribute wie physikalisch, räumlich-dinglich, körperhaft u. ä. gekennzeichnet werden (S. 198).
  • (2) Im Rahmen der Erkenntnistheorie wird »Gegenstand« meist in Relation zum erkennenden Bewusstsein als erkanntes Objekt gebraucht. Dadurch wird die Frage aktuell, inwiefern und in welcher Weise der Gegenstand durch das erkennende Subjekt konstituiert ist bzw. wird. Locke unterscheidet zwischen dem sinnlichen Gegenstand, also den Objekten der sinnlichen Wahrnehmung (»sensations«), und dem Gegenstand des Denkens, einem durch Reflexion erzeugten mentalen Objekt (S. 198).
  • Für Hegel ist es ein ontologischer Sachverhalt, der in unserem Erkenntnisvermögen reflektiert wird: Die innere Wahrheit der Dinge bzw. der Gegenstand besteht darin, dass sie aus dem Gedanken entstehen, dass sie von vernünftiger Notwendigkeit strukturiert sind (S. 198).
  • In der Phänomenologie Husserls ist der Gegenstand durch einen intentionalen Akt konstituiert. (3) In der formalen Logik und Semantik wird all das als Gegenstand bezeichnet, (a) wofür ein Eigenname eingesetzt werden kann, oder (b) ein konkreter (singulärer) Gegenstand, d.i. ein Individuum, oder ein abstrakter Gegenstand, d.i. Klassen oder Relationen von Gegenstanden oder die Eigenschaften oder Beziehungen von Gegenstanden, oder (c) eine Aussage, über die eine Meta-Aussage getroffen wird. (S. 199).

Objekt

287 (40,7) Ergebnisse, Stichwort: „Objekt“, Autor: Walter Mesch (2008)

Objekt, entwickelt sich aus der mittelalterlichen Übersetzung der griech. Wörter »antikeimenon« und »hypokeimenon« zum neuzeitlichen Begriff für einen Gegenstand, auf den sich das Subjekt bezieht. Kann »antikeimenon « bereits bei Aristoteles u. a. auch den Gegenstand einer Wissenschaft bezeichnen, so wird das Objekt im Anschluss an die von Descartes eingeleitete Ausbildung des neuzeitlichen Subjektbegriffs vorrangig als ein dem Subjekt entgegenstehendes Erkenntnis-Objekt gedacht. – Vermittelt ist dies durch die scholastische Auffassung des Objekts als eines Gegenstandes von Seelenvermögen, wie sie etwa im Zusammenhang mit der Unterscheidung von Material-Objekt und Formal-Objekt, d. h. der undifferenzierten Gesamtheit des Seienden, auf die sich ein Vermögen richtet, und dem spezifischen Gesichtspunkt, unter dem dies geschieht, anzutreffen ist. In der Auseinandersetzung mit dem Problem der Subjekt- Objekt-Spaltung werden äußere Objekte der sinnlichen Wahrnehmung von inneren Objekten der Reflexion unterschieden, in denen sich die Verstandestätigkeiten selbst zum Objekt machen. Dabei führt v. a. die Frage, ob und inwiefern den äußeren Objekten ein vom Subjekt unabhängiges Sein zugesprochen werden muss, zu divergierenden Antworten … (S. 422).

Auswertungen

Tab. Normierte Häufigkeiten:

Lexem

DWDS

HWPh

EPh

MLPh

Gegenstand

30,0

68,6

36,7

114,6

Objekt

28,3

25,4

29,9

40,7

Das Wörter „Gegenstand“ und „Objekt“ werden in der Alltagssprache mit mittlerer Häufigkeit verwendet.

Im DWDS und DUW werden übereinstimmend für das Wort „Gegenstand“ die folgende Bedeutungen 1. bis 3. angegeben, die Bedeutung 4. wird nur im DUW genannt.

  1. kleinerer, fester Körper aus Metall, Holz, Glas, Stein, das hinsichtlich seiner Form und seines Zwecks nicht näher bestimmt ist, Ding, : schwerer, spitzer Gegenstand; Gegenstände des täglichen Bedarfs; sie stolperte im Dunkeln über einen metallenen Gegenstand; Unzählige Gegenstände wurden sinnlos auf den Boden geworfen.
  2. dasjenige, worum es in einem Gespräch, einer Abhandlung, Untersuchung o. Ä. jeweils geht, was den jeweiligen gedanklichen Mittelpunkt bildet; : der Gegenstand unserer Unterredung; Gegenstand einer Vorlesung; sie hat diese Frage zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung gemacht
  3. , etw. Bestimmtes, auf das jmds. Handeln, Denken, Fühlen gerichtet ist; Objekt, Ziel; Bsp.: der Gegenstand seiner Liebe; zum Gegenstand heftiger Kritik werden; sie war der Gegenstand allgemeiner Bewunderung; Gegenstand der Forschung, der Verhandlungen
  4. (österr.) Schulfach

Abgesehen von der Bedeutung als Schulfach in Österreich gibt es für das Wort „Gegenstand“ zwei grundlegend verschiedene Bedeutungen. In der Bedeutung A geht es um ein konkretes, reales, stoffliches Objekt. In den Angaben zu dieser Bedeutung wird nicht explizit formuliert, dass es um Objekte geht, die von Menschen geschaffen wurden, aber für alle im DWDS und DUW angegebenen Beispiele trifft dies zu. Es ist offensichtlich im Alltag nicht üblich, davon zu sprechen, dass ein Baum, ein Gebirge oder Erdgas Gegenstände im Sinne der Bedeutung A sind. In den Bedeutungen B und C geht es um ein beliebiges Objekt, das auch ein Baum oder ein mentales Objekt wie ein Gedanke sein kann. Dieses Objekt ist zentraler Inhalt einer Betrachtung, Diskussion, eines Forschungsprojektes oder einer Wissenschaft; es kann auch Ziel des Handels, Denkens oder Fühlens eines Menschen sein. In der Bedeutung A ist „Gegenstand“ ein Objektbegriff und in den Bedeutungen B und C ein Relationsbegriff. Es ist in diesen Fällen immer anzugeben, worauf sich der Gegenstand bezieht.

Von den Kollokationen mit spitz (6.3, 299), verdächtig (6.1, 279), Betrachtung (6.1, 332), Untersuchung (6.1, 757), persönlich (6.0, 716) beziehen sich drei (spitz, verdächtig, persönlich) auf die Bedeutung A und zwei (Betrachtung, Untersuchung) auf Bedeutung B.

Für das Wort „Objekt“ geben DWDS und DUW übereinstimmend die Bedeutungen 1. bis 4. an, 5. wird nur im DWDS und 6. und 7. werden nur im DUW genannt.

  1. Gegenstand oder Ziel des Interesses, Denkens, Handelns, : Objekt der allgemeinen Neugier; ein lohnendes Objekt; etw. am lebenden Objekt demonstrieren; ein lohnendes Objekt der Forschung; das ist noch kein Objekt zum Streiten! ein beleuchtetes Objekt
  2. (bes. Kaufmannsspr.) Wertgegenstand, besonders Grundstück, : ein größeres Objekt; (österr. Amtsspr.) Gebäude; (bes. DDR) für die Allgemeinheit geschaffene Einrichtung, betriebswirtschaftliche Einheit, besonders Verkaufsstelle, Gaststätte, Bsp.: ein industrielles, landwirtschaftliches Objekt;
    (DDR) Gebäude o. Ä., das vom Staatssicherheitsdienst beansprucht, benutzt wird (nur DUW)
  3. (Philos.)unabhängig und außerhalb vom Bewusstsein existierende Erscheinung der materiellen Welt, auf die sich das Erkennen, die Wahrnehmung richtet; : Naturerscheinungen als Objekte der Erkenntnis
  4. (Sprachwiss.): Erweiterung des Prädikats, deren Kasus oder präpositionale Verbindung durch das Verb bestimmt wird, Satzergänzung
  5. sich plötzlich und unvermutet einstellende Schwierigkeit bei praktischer Tätigkeit, : die Tücke des Objekts
  6. (Kunstwiss.) aus verschiedenen Materialien zusammengestelltes plastisches Werk der modernen Kunst, : die Künstlerin stellt Zeichnungen und Objekte aus.
  7. (Informatik) (in der objektorientierten Programmierung) Datenstruktur als Mitglied einer Klasse von Datenstrukturen, das Daten enthalten u. verarbeiten sowie Nachrichten mit anderen Objekten austauschen kann

Bis auf die sprachwissenschaftliche Bedeutung D geht es bei allen Bedeutungen um in der Realität vorhandenes Existierendes, wobei es sich bei den meisten Beispielen um nichtentäußertes Nichtmentales handelt. Eine Ausnahme ist das Beispiel „ein Objekt der Forschung“, bei dem es sich auch um entäußertes Mentales handeln könnte.

Es handelt sich bis auf die Bedeutung D in allen Fällen um einen Objektbegriff.

Eine Untersuchung der im DWDS angegebenen Beispiele zu den Kollokationen ergab:

  • Alle 20 Beispiele zu der Kollokation mit „Begierde“ beziehen sich auf die Bedeutung A.
  • Bei den 20 Beispielen zu der Kollokation mit „begehrt“ beziehen sich 10 auf die Bedeutung A und 10 auf die Bedeutung B.
  • Alle sieben Beispiele zur Kollokation mit „ausgewertet“ entsprechend der Bedeutung B.
  • Alle 20 Beispiele zur Kollokation mit „durchsuchen“ beziehen sich auf B.
  • Von den 20 Beispielen zur Kollokation mit „geeignet“ beziehen sich drei auf die Bedeutung A und 17 auf die Bedeutung B.

In der Alltagssprache spielen offensichtlich die Bedeutungen C bis G eine geringe Rolle. Bei allen Beispielen handelt es sich um nichtentäußertes Nichtmentales. Mentale Zustände und Prozesse oder entäußertes Mentales werden offensichtlich nicht oder selten in der Alltagssprache als Objekt bezeichnet.

In den philosophischen Lexika wird das Wort „Gegenstand“ häufig (EPh), sehr häufig (HWPh) und sogar außerordentlich häufig (MLPh) verwendet, während das Wort „Objekt“ im HWPh und der EPh häufig und in MLPh sehr häufig auftritt. Beide gehören damit zu den am häufigsten auftretenden Wörtern. In MLPh gibt es nur noch zwei weitere, die ebenfalls sehr häufig auftreten.

In allen Lexika gibt es zu beiden Wörtern teilweise sehr umfangreiche Einträge, von denen wesentliche Gedanken im Folgenden zusammengestellt werden sollen.

Von einigen Autoren wird ein Bezug zu alltagssprachlichen Bedeutungen des Wortes „Gegenstand“ hergestellt. So schreibt Prechtl, dass Gegenstand einmal als „Sammelbegriff verwendet wird, um das zu kennzeichnen worauf sich das Interesse oder die Beobachtung richtet oder worüber berichtet und diskutiert werden kann. Der Gegenstand ist dabei nicht weiter qualifiziert.“ Er bezieht sich damit auf die alltagssprachlichen Bedeutungen B und C. Zur Bedeutung A stellt er fest, dass Gegenstand als etwas empirisch Wahrnehmbares „durch zusätzliche Attribute wie physikalisch, räumlich-dinglich, körperhaft u. ä. gekennzeichnet werden“ kann (Prechtl 2008, S. 198). Heintel und Anzenbacher stellen allgemein fest: „Sofern die Ausdrücke Gegenstand, Gegenständlichkeit, gegenständlich von Philosophen in alltagssprachlicher Bedeutung verwendet werden, können sie alles meinen, wovon überhaupt die Rede ist. Von einem einigermaßen festgelegten Gebrauch dieser Ausdrücke kann nicht gesprochen werden“ (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 129). Diese Aussage zur alltagssprachlichen Bedeutung trifft nur auf die Bedeutungen B und C zu, aber nicht auf die Bedeutung A. In beiden Artikeln wird nicht auf den relationalen Charakter der Bedeutungen B und C eingegangen.

In der Geschichte des philosophischen Begriffs „Gegenstand“ gibt es unterschiedliche Auffassungen zu seiner Bestimmung. Vielfach wird zwischen zwei Gegenstandsbegriffen unterschieden, der Gegenstand als etwas Nichtmentales und Gegenstand als seine mentale Reflexion. Bereits John Locke unterscheidet aus dieser erkenntnistheoretische Sicht  zwischen dem sinnlichen Gegenstand, also den Objekten der sinnlichen Wahrnehmung (»sensations«), und dem Gegenstand des Denkens, einem durch Reflexion erzeugten mentalen Objekt (Prechtl 2008, S. 198). In dieser Formulierung von  Peter Prechtl sind die beiden alltagssprachlichen Bedeutungen A und B des Wortes „Gegenstand“ enthalten.

Franz Brentano bildet für die beiden Aspekte zwei unterschiedliche Begriffe, der transzendente Gegenstand und die immanente Gegenständlichkeit. Die ‚immanente Gegenständlichkeit‘ ist die allen psychischen Vorgängen typische ‚Beziehung auf einen Inhalt‘, die Intentionalität. Der späte Brentano betont, dass der transzendente Gegenstand ausschließlich Reales, Ding, Substantielles im Sinne der klassischen Ontologie sei. (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 131). Husserls Analysen zur Gegenstandskonstitution führten zur Unterscheidung zwischen einem realen Gegenstand und einem idealen Gegenstand. Für den idealen Gegenstand ist typisch, dass er sich immer in einem fundierten synthetischen Akt konstituiert (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 132).

Hermann Glockner (1965) hat das Gegenstandsproblem zum fundamentalphilosophischen Grundproblem gemacht. Er versteht ‹Gegenstand› folgendermaßen: „Ich will darunter das einzelne Bestimmte verstehen, d.h. Alles und Jedes, als Etwas, während Inderweltsein den Zustand absoluter und durchgängiger Bestimmtheit bezeichnet. In der Welt sein bedeutet also: Gegenstand unter Gegenständen sein, Etwas sein, d.h. etwas Bestimmtes, etwas durch anderes in bestimmter Weise Bestimmtes und seinerseits Bestimmendes“ (zitiert nach Heintel und Anzenbacher 2007, S. 133). Diese Erklärung des Begriffs „Gegenstand“ entspricht meinem Anliegen, einen Begriff für alles Existierende zu finden.

Mit dem Begriff Gegenstand sind nach Heinkel und Ansbacher aber auf folgende Probleme verbunden: „Gegenständlichkeit kann mit Bestimmtheit überhaupt zusammenfallen, wobei manche Philosophen sich mit der Frage beschäftigen, ob man auch bei widersprechenden Begriffen von Gegenständen sprechen kann (z.B. bei einem runden Viereck). In einem engeren Sinn (insbesondere in transzendentalphilosophischen Positionen) wird das Gegenständliche nur mit dem unmittelbar Gegebenen identifiziert, während die Vermittlung (durch das transzendentale Ich) als nicht-gegenständlich betrachtet wird. Fraglich ist auch, ob das unmittelbar Gewisse (das einzelne Dies, Hier und Jetzt, das nach Hegel nur gemeint, aber nicht ausgesagt werden kann) als Gegenstand bezeichnet werden darf. Im engsten Wortsinn wird nur das Ontische im Sinne eines Erfahrungsgegenstandes als Gegenstand betrachtet“ (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 129–130).

Ein weiteres Problem ist, dass die Begriffe Gegenstand und Objekt oft in engem Zusammenhang gesehen werden. „Der Ausdruck Gegenstand wird seit dem 16. Jh. in der heutigen Bedeutung, seit dem 18. Jh. philosophisch auch für obiectum verwendet“ (Heintel und Anzenbacher 2007, S. 129–130). Nach Vesa Oittinen werden seit dem 18. Jh. im deutschen Sprachgebrauch die Termini ›Gegenstand‹ und ›Objekt‹ weitgehend identifiziert (Oittinen 2010, S. 778) und der Begriff des Gegenstands bzw. Objekts hat seine heutige Bedeutung in der Philosophie der frühen Neuzeit erhalten, „die sich von der antiken und mittelalterlichen Philosophie v.a. dadurch unterschied, dass das Problem des Subjekt-Objekt-Verhältnisses darin zentral wurde“ (Oittinen 2010, 778b).

Auch Hegel unterscheidet die Termini Objekt und Gegenstand: „Dass das Objekt auch Gegenstand und einem Andern Äußeres ist, dies wird sich nachher bestimmen, insofern es sich den Gegenstand zum Subjektiven setzt“ (Hegel Enz I, § 193). Für Hegel bildet nach Oittinen die Gegenständlichkeit also nur ein vorübergehendes Moment des Objekts, das mit der Aufhebung des Subjekt-Objekt-Gegensatzes in den Hintergrund tritt (Oittinen 2010, S. 780).

Ein weiterer Aspekt in die Diskussion zum Begriff Gegenstand wird von Marx eingebracht. „In seinen Feuerbach- Thesen sah Marx den Hauptmangel des bisherigen Materialismus, des Feuerbachschen mit eingerechnet, darin, dass der Gegenstand, die Wirklichkeit oder die Sinnlichkeit nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefasst wurde, nicht aber als sinnliche menschliche Tätigkeit, als Praxis. Erst im Prozess der menschlichen Tätigkeit erhalten die Naturdinge die Eigenschaft des Gegenständlichen, die sie ursprünglich nicht besaßen. Insofern setzt die Gegenständlichkeit immer ein Subjekt voraus, auf das sie sich bezieht (Oittinen 2010, S. 780b). Wie die Analysen der Beispiele zur alltagssprachlichen Bedeutung A des Wortes „Gegenstandes“ zeigten, entspricht diese dem Begriff „Gegenstand“ bei Marx.

In den weiteren Diskussionen zum Begriff des Gegenstands und der Gegenständlichkeit im 19. und 20. Jahrhundert „verstärkt sich die Tendenz, die subjektive Konstitution der Gegenständlichkeit zu betonen“ (Oittinen 2010, S. 780b). Die objektive Komponente der Gegenständlichkeit wurde eliminiert zugunsten des in der Anschauung gegebenen ›Etwas‹: „Das Gegebene ist im Bewusstsein gegeben; dieser Grund und Boden ist solide genug, die Anschauung und somit jenes Etwas zu legitimieren“, schrieb Hermann Cohen (Oittinen 2010, S. 781). Mit der wachsenden Bedeutung der Sozialwissenschaften wurde der Begriff der Objektivität weitgehend durch den der Intersubjektivität ersetzt, „was zur Folge hat, dass Philosophie und Humanwissenschaften konträr zur noch immer weitgehend auf dem realistischen Gegenstandbegriff insistierenden naturwissenschaftlichen Theoriebildung stehen“ (Oittinen 2010, S. 781). Dem französischen Neorationalismus folgend unternahm Louis Althusser in den 1960er Jahren den Versuch, auch in den Marxismus die strikte Trennung zwischen Erkenntnisgegenständen und realen Gegenstand (bzw. Objekt) einzuführen. Der Erkenntnisgegenstand bilde den realen Gegenstand (oder einige seiner Seiten bzw. Eigenschaften) ab, sei also keine selbstständige Entität, die ausschließlich subjektiv konstituiert wäre. Es ist dies ein Standpunkt, den die marxistische Philosophie mit dem in angelsächsischen Sprachraum verbreiteten wissenschaftlichen Realismus (Ch. S. Peirce, K. R. Popper, W. Sellars u.a.) teilt. Beide bemühen sich um einen Konsens zwischen Philosophie und Naturwissenschaften, was zu einem Festhalten an einem mehr oder weniger realistischen Gegenstandbegriff führt (Oittinen 2010, S. 782).

Heute wenden nach Vesa Oittinen die poststrukturalistischen und postmodernen Strömungen den Naturwissenschaften den Rücken zu und wollen folgerichtig den philosophischen Realismus zugunsten einer pluralistischen ›Ontologie der Differenz‹ verabschieden (Oittinen 2010, S. 782b). „Die heutige Logik versteht unter ‚Gegenstand‘ alles dasjenige, dem ein Prädikator zugesprochen werden kann oder worauf man sich durch Eigennamen, Kennzeichnungen oder deiktische Handlungen beziehen kann. Dieser Wortgebrauch geht vornehmlich auf G. Frege zurück, der zwischen Begriff und Gegenstand unterscheidet“ (Veraart 2007, S. 133–134).

Mit diesen als modern bezeichneten Auffassungen wird der Gegenstandsbegriff verarmt, formalisiert und eingeschränkt. So wären etwa ein Begriff und auch noch nicht erkannte, also namenlose Objekte kein Gegenstand.

Auch der Terminus „Objekt“ hat in der Philosophie mehrere Bedeutungswandel erfahren. Nach Theo Kobusch ist das Wort Objekt „die lateinische Übertragung des griechischen Ausdrucks ἀντικείμενον, den Aristoteles als ‘laxenʼ Begriff für das Gegensätzliche in die philosophische Sprache eingeführt hat. Wird das ἀντικείμενον als das einem Vermögen der Seele Gegenüberstehende begriffen, so hat es die Bedeutung ‹Objekt›. Aristoteles unterscheidet in diesem Sinne schon zwischen sinnfälligen und intelligiblen Objekten. Weil aber das Objekt als Gegenstand nur ist, insofern es auf das Vermögen des Wissens bezogen ist, gehört es kategorial gesehen zum Relationalen“ (Kobusch 2007, S. 1026). Damit sind bereits die beiden Probleme angesprochen, die die Begriffsgeschichte durchziehen, das Verhältnis von Realität und ihrer Reflexion, auch als Objekt-Subjekt-Problem bezeichnet, sowie die Frage nach der Art von Objekten.

Im Anschluss an die von Descartes eingeleitete Ausbildung des neuzeitlichen Subjektbegriffs wird vorrangig das Objekt als ein dem Subjekt entgegenstehendes Erkenntnisobjekt gedacht. Es werden äußere Objekte der sinnlichen Wahrnehmung von inneren Objekten der Reflexion unterschieden, in denen sich die Verstandestätigkeiten selbst zum Objekt machen. Dabei führt die Frage, ob und inwiefern den äußeren Objekten ein vom Subjekt unabhängiges Sein zugesprochen werden muss, zu divergierenden Antworten (Mesch 2008, S. 422).

Riehl machte darauf aufmerksam, , dass durch den Idealismus «beständig die beiden Fragen nach der Existenz der Dinge und nach der Erkennbarkeit derselben vermengt [werden] und das Sein der Objekte von ihrem Objekt-Sein nicht unterschieden [wird]» (Kobusch 2007, S. 1044).

Auf den Bedeutungswandel des Begriffs „Objekt“ weist Cohen: „Das Objekt aber galt durchweg als das im Geiste objizierte, also als die Vorstellung des Gegenstands.“ Diese subjektive Bedeutung behält das Objekt bis in den Ausgang des 18. Jahrhunderts». Nach der dem Begriff erst in der Aufklärung verliehenen Bedeutung besagt „Objekt“ soviel wie „Gegenstand“. „Das Werfen, welches im Objekt ausgeprägt ist, wird jetzt beseitigt; jede subjektive Tätigkeit wird verworfen; das Objekt wird auf seine eigenen Füße gestellt; und es wird dem Verstände dadurch die Selbständigkeit des Gegenstandes entgegengehalten“ (Cohen: Logik der reinen Erkenntnis, zitiert nach Kobusch 2007, S. 1045).

Nach Rickert ist der Begriff des Objekts in einem neutralen Sinne zu verstehen, Objekt bezeichnet „nichts anderes als die das körperliche Ich räumlich umgebende Wirklichkeit. Sein Begriff ist so umfassend wie möglich gemeint, insbesondere umfassender als der des Dinges, ja sogar als der des realen Seins oder des Wirklichen überhaupt, denn es gibt auch Ideale oder unwirkliche Objekte, wie z.B. Zahlen oder geometrische Linien. Objekt heißt hier ganz allgemein alles, was vom erkennenden Subjekt in irgendeiner Weise zu unterscheiden ist“ (Rickert 1921, S. 14). Auch von dieser allgemeinen Fassung des Objektbegriffs ist der Gegensatz zum erkennenden Subjekt enthalten, auch wenn Rickert das „Subjekt“ noch einmal in Objekt und Subjekt zerlegt und als „immanentes Objekt“ die Vorstellungen, Wahrnehmungen, Gefühle und Willensäußerungen des erkennen Subjekts bezeichnet (Rickert 1921, S. 15 ff.).

In der sprachanalytischen Philosophie wird erörtert, welche Arten von Objekten als existierend anzunehmen sind und welche durch Analyse der Sprache «wegerklärt» werden können. Nach Quine kann gar nicht bestritten werden, daß den physikalischen Objekten eine Vorrangstellung zukommt. Von dieser Basis aus macht Quine deutlich, inwiefern man auf die «idealen Objekte» in der Mechanik (Massenpunkte, reibungslose Oberflächen, isolierte Systeme) einerseits verzichten, die geometrischen Objekte und besonders die «abstrakten Objekte» dagegen kaum wegerklären kann (Kobusch 2007, S. 1051). Es bleibt unverständlich, weshalb bewährte physikalischen Modelle „weg- erklärt“ werden sollen.

Schussfolgerungen zur Verwendung der Begriffe

Die Begriffe Gegenstand und Objekt werden in den philosophischen Texten mit vergleichbaren Inhalten und etwa gleichen Häufigkeiten verwendet. Eine klare Differenzierung ist nicht zu erkennen. Zu beiden Begriffen gibt es vereinzelte Auffassungen, die die Gesamtheit des Existierenden fast vollständig erfassen, die Auffassung von Gadamer zum Begriff Gegenstand und die von Rickert zum Begriff Objekt. Die beiden unterschiedlichen alltagssprachlichen Bedeutungen des Wortes Gegenstand als Objekt- oder Relationsbegriff werden auch in den philosophischen Texten verwendet, aber selten reflektiert. Während „Objekt“ in der Alltagssprache bis auf seine grammatische Bedeutung immer als Objektbegriff verwendet wird, ist in der Philosophie der Begriff oft bezogen auf ein erkennendes Subjekt und damit in die Erkenntnistheorie eingebettet.

Gegen die Verwendung des Wortes „Gegenstand“ als Bezeichnung für ein beliebiges Existierendes sprechen die beiden unterschiedlichen Bedeutungen des Wortes und vor allem die eingeschränkte Verwendung des Wortes für Produkte menschlicher Tätigkeit mit einer relativ geringen räumlichen Ausdehnung, womit u. a. Vorgänge und wissenschaftliche Theorien ausgeschlossen sind. „Gegenstand“ sollte damit nicht als philosophischer Begriff expliziert werden. In der Philosophie kann er wie viele andere Begriffe auch in seiner alltagssprachlichen Bedeutung verwendet werden. 

In der Gesamtsicht auf alle vier analysierten Begriffe als Terminus für ein beliebiges einzelnes Existierendes hat sich der Begriff „Objekt“ als am geeignetsten herausgestellt. Um seine spezielle Rolle in Erkenntnistheorien zum Ausdruck zu bringen, kann in diesen Fällen von einem Erkenntnisobjekt bzw. Objekt der Erkenntnis gesprochen werden, mit dem sich ein erkennendes Subjekt, also ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen, auseinandersetzt.

Als philosophischer Begriff kann „Objekt“ im Anschluss an Rickert in folgender Weise expliziert werden.

  • Formal ist ein Objekt ein Element der Menge des Existierenden im axiomatischen Sinne (s. https://philosophie-neu.de/zum-anfang-der-philosophie-2/).
  • Wenn das Axiomensystem zum Existierenden interpretiert wurde, handelt es sich um ein Objekt im interpretierten Sinne als ein Element einer Menge von Existierenden im interpretierten Sinne. Im Folgenden soll stets davon ausgegangen werden, dass es sich um Objekte im interpretierten Sinne handelt. Der Zusatz „im interpretierten Sinne“ wird deshalb weggelassen.
  • Die grundlegenden Arten von Objekten sind Zustände und Vorgänge (s. https://philosophie-neu.de/analysen-zu-den-wortern-prozess-vorgang-und-zustand/).
  • Es kann zwischen mentalen und nichtmentalen Objekten unterschieden werden. Eine spezielle Form von nichtmentalen Objekten sind Objekte des entäußerten Mentalen (s. https://philosophie-neu.de/das-entaeusserte-mentale/).
  • Zu den mentalen Objekten gehören auch Vorstellungen zu nicht oder noch nicht Existierendem wie Göttern, anthropomorphen Figuren oder künftigen Gesellschaftsordnungen. Dass gedankliche Objekte auch realisierbar sind, ist keine notwendige Bedingung, auch eine „rundes Viereck“ ist ein mentales Objekt.
  • Ein Objekt kann Gegenstand der Erkenntnistätigkeit eines Menschen sein. Zu den möglichen Objekten der Erkenntnistätigkeit gehört auch das Verhalten und Denken von Menschen. Ein erkennendes Subjekt kann auch sich selbst als Gegenstand haben. Dieser Vorgang der Erkenntnistätigkeit führt dann zur Selbsterkenntnis des Menschen.
  • „Objektivität“ bezeichnet ein Merkmal der Erkenntnistätigkeit und „objektiv“ eine Ausprägung des Merkmals.

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