Hans-Dieter Sill, Güstrow, 03.02.2022

Analyse von Schriften der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu Grundsätzen linker Politik

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Linkspartei, was nun? – Drei Vorschläge für eine Strategiediskussion

Mario Candeias, Direktor des IfG

In: STANDPUNKTE, ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG, 9 / 2019

https://www.rosalux.de/publikation/id/41070/linkspartei-was-nun

Die Analyse der Ausgangssituation beginnt mit einer nicht zutreffenden Feststellung, die sich auf eine Auswertung der Wahlergebnisse durch Horst Kahrs (IfG) bezieht: „Die jüngsten Wahlen in Ostdeutschland und zuvor die Europawahlen sind deutliche Warnzeichen, stellen aber keine allgemeine Tendenz dar.“ Er stellt weiterhin fest, dass es gegenwärtig eine dreifache Polarisierung gibt, gebildet aus dem Machtblock der Regierung, der AFD und den Grünen, die sich für eine solidarische, demokratische und ökologische Lebensweise einsetzen. „DIE LINKE wird kaum wahrgenommen. […] Die Partei muss selbst wieder zu einem lebendigen, organisierenden politischen Organismus werden. […]  Es geht um die Funktionsbestimmung einer sozialistischen Partei.“ Als mögliche Strategien und Schwerpunkte schlägt er vor (Zitate):

  1. Weiterentwicklung der verbindenden Klassenpolitik und… Sozialismus

Entscheidend ist es, einige Projekte zu bestimmen, die unmittelbare Verbesserungen bringen und zugleich Macht- und Eigentumsverhältnisse verändern – um gezielt beispielgebende Konflikte zu produzieren.

Welches sind also die drei oder vier zentralen gesellschaftlichen Fragen, die gelöst werden müssen und die geeignet sind, einen solchen, für die linke produktiven Konflikt zu entwickeln? Dazu bedarf es jeweils spezifischer Gegnerbezüge. Hier geht es um ein gezieltes Blaming der Gegner. Eine eigene scharfe, mitreißende Tonart unserer politischen Sprache gehört dazu.

In Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung ist eine radikale Perspektive entscheidend. Es geht nicht einfach um die Verteidigung des Sozialstaats oder die Rückkehr zu einem nationalstaatlichen Modell der Regulierung des Kapitalismus. Wir sollten klar sagen, dass wir an einem Ende des Kapitalismus arbeiten, an einer Gesellschaft, die Bernie Sanders unbekümmert Sozialismus nennt.

Jetzt ist der Moment der Entscheidung, in einer Phase des Interregnums, in dem noch unterschiedliche Möglichkeiten offenstehen, sich aber bereits zu schließen beginnen. Die Barbarei ist wieder denkbar – und sie ist der Normalfall im Übergang zu einem neuen gesellschaftlichen Projekt (sei es kapitalistisch oder nicht); ein sozialistisches Projekt kann sich auf die Notwendigkeit aufgrund ungelöster, eskalierender Menschheitsprobleme und die Gefahr der Barbarei berufen und sich zugleich aus Wünschen und Sehnsüchten nach dem Zukünftigen, konkreter Utopie speisen.

  1. R2G nein, Linksregierung!

Auch im Bund sollten wir unser strategisches Ziel eindeutig benennen: nicht einfach rot-rot-grün (R2G), weil es arithmetisch möglich ist, oder Opposition, weil Regierung eh nichts bringt; vielmehr sollte DIE LINKE für eine dezidiert linke Regierung eintreten, die eine starke Zivilgesellschaft als kritischen Partner hat. Kein Weiter-so mit winzigen Korrekturen. Regieren nur, wenn ein Richtungswechsel möglich ist – das wäre die wichtigste Voraussetzung einer bestandsfähigen Politik der Hoffnung.

Entsprechend sollte von links in der derzeitigen Situation keine harte Abgrenzung gegenüber den Grünen oder der SPD erfolgen.

In diesem Sinne halten wir die Debatte um und die Formulierung eines Programms für eine Linksregierung diskurspolitisch für sinnvoll, da einerseits die Medien darauf anspringen, andererseits Raum geschaffen wird, um unsere ausgewählten radikalen und sozialistischen Interventionen sichtbar zu machen, um die Linke selbst um die ausgewählten und eingreifenden Punkte zu reorganisieren und zu konzentrieren – unabhängig davon, ob es später zu einer Linksregierung kommen sollte oder nicht.

  1. Ökologische Klassenpolitik und grüner Sozialismus

Für die gesellschaftliche Linke ist die Vermittlung der sozialen und ökologischen Frage als sozial-ökologische Frage eine Existenzfrage, konkret, nicht als Floskel. Doch wie sieht eine radikal ökologische Politik aus, die zugleich eine ökologische Klassenpolitik ist? Dies ist auch für die Durchsetzbarkeit weitreichender klimapolitischer Maßnahmen von entscheidender Bedeutung, nicht nur im Sinne kompensatorischer Maßnahmen, sondern im Sinne einer Transformationsperspektive hin zu einer anderen Produktions- und Lebensweise, eines guten Lebens, eines grünen Sozialismus.

Der real existierende Kapitalismus ist gescheitert. Sozialismus oder Barbarei, hieß es einst bei Rosa Luxemburg, […]. Die Barbarei ist angesichts sich auftürmender Menschheitsprobleme – global galoppierende soziale Ungleichheit, eine bereits eingetretene ökologische Katastrophe, Krieg und Fluchtbewegungen – wieder zu einer realen und drohenden Möglichkeit geworden.

Bemerkungen:

  • Vergleicht man die Vorschläge von Mario Candeias mit dem Wahlkampf zur Bundestagswahl, so ergeben sich viele Übereinstimmungen: die Einschätzung vom Ende des Kapitalismus, von der Möglichkeit für einen grundlegenden Richtungswechsel, das Streben nach einer Linksregierung, keine Abgrenzung von SPD und Grünen, bis zum Blaming von Personen (z. B. Frau Quandt). Dies zeigt den Einfluss des IfG auf die Politik der Parteiführung. Dies ist auch normal und sinnvoll, da das Institut die Aufgabe hat, den strategischen Kurs der Partei auf wissenschaftlicher Grundlage zu bestimmen.
  • Die Einschätzungen zur aktuellen politischen Situation und den Möglichkeiten einer Linksregierung können auch zur damaligen Zeit (Mitte 2019) nur als unrealistisch bezeichnet werden, zumal als Ausgangsposition die zutreffende Einschätzung erfolgt, dass DIE LINKE kaum wahrgenommen wird. Die Losung „Sozialismus oder Barbarei“ ist illusorisch.
  • Zugestimmt werden kann der Notwendigkeit einer radikalen Perspektive, des Arbeitens am Ende des Kapitalismus, wobei dann die Aussage „sei es kapitalistisch oder nicht“ irritiert. Völlig außerhalb des Blickfeldes bleibt, dass das Arbeiten am Ende des Kapitalismus erst erfolgen kann, wenn man weiß, wie die Gesellschaft danach konkret aussehen soll.
  • Abgesehen von wenigen Bemerkungen zur weltweiten ökologischen Krise bleibt der Fokus der Betrachtungen auf Deutschland bzw. die entwickelten kapitalistischen Länder beschränkt. Die Strategie einer linken Partei kann nicht nur mit Blick auf das eigene Land entwickelt werden, die grundlegenden Probleme lassen sich nur global lösen.

 

Für den Richtungswechsel der Politik kämpfen – Drei Thesen zur strategischen Aufgabe der Partei DIE LINKE (Jan. 2020)

Joachim Bischoff, Michael Brie (IfG), Richard Detje, Cornelia Hildebrandt (IfG), Hasko Hüning, Dieter Klein (IfG), Björn Radke, Gerd Siebecke, Harald Wolf (PV), Dr. Axel Troost (IfG), Daniela Trochowski

https://www.rosalux.de/publikation/id/41539/fuer-den-richtungswechsel-der-politik-kaempfen

Erste These:

Die aktuelle strategische Situation am Beginn der 2020er Jahre ist durch eine Zuspitzung der Widersprüche neoliberaler Politik charakterisiert. Es entsteht eine Scheidewegsituation.

Die kapitalistischen Hauptländer sind mit gravierenden Problemen konfrontiert:

Zweite These:

Die Partei DIE LINKE muss sich als offensive mobilisierende, organisierende und integrierende politische Kraft des sozialökologischen Richtungswechsels der Politik bewähren.

Die Schlüsselfrage für den erforderlichen sozialökologischen Richtungswechsel ist: Wird es die gesellschaftliche Linke schaffen, das Unbehagen und die Proteste aus der Bevölkerung aufzugreifen und die politische Krise in die Chance eines gesellschaftlichen Aufbruchs zu verwandeln.

Dritte These:

Die Partei DIE LINKE muss mit ihrem Wahlkampf für die Bundestagswahl 2021 die Option eines sozialökologischen und friedensorientierten Richtungswechsels stärken. Die Bedingungen dafür sind eine breite gesellschaftliche Mobilisierung, die gemeinsame Erarbeitung eines Programms für einen politischen Richtungswechsel sowie neue parlamentarische Mehrheiten. Wir streben einen Regierungswechsel an, der den Richtungswechsel befördert.

Die Bundestagswahlen 2021 könnten sich als letzte Chance des kommenden Jahrzehnts herausstellen, die Weichen für einen sozialökologischen Richtungswechsel zu stellen. Die Vorbereitung und Durchführung des Wahlkampfs, beginnend mit dem Erfurter Parteitag der LINKEN im Juni 2020, ist entscheidend. DIE LINKE muss gemeinsam mit anderen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, das vorhandene linke Potenzial in der Gesellschaft zusammenzuführen und die politischen Kräfteverhältnisse deutlich zu verändern. Für diesen Bundeswahlkampf machen wir drei konkrete Vorschläge:

Erstens: Die Partei DIE LINKE bringt sich in einen breiten gesellschaftlichen Diskussionsprozess ein, unterstützt diesen und organisiert ihn mit, aus dem bis zum Spätherbst 2020 ein politisches Handlungsprogramm entsteht

Zweitens: Das in diesem Diskussionsprozess erarbeitete Programm sollte als Wahlprogramm der Partei DIE LINKE für die nächste Bundestagswahl beschlossen werden. Glaubwürdig ist es nur, wenn es als großes sozialökologisches Zukunftsprogramm entwickelt wird, das durch eine Investitionsoffensive untersetzt ist.

Drittens: DIE LINKE sollte in diesem Prozess bereit sein, ihre Listen auf aussichtsreichen Plätzen für Aktivist*innen aus sozialen und ökologischen Organisationen, der Friedensbewegung, der Bewegung für globale Solidarität, für die solidarische regionale und kommunale Entwicklung in Deutschland zu öffnen und als Direktkandidat*innen für die Bundestagswahl aufzustellen, um die Breite der gesellschaftlichen Bewegungen für einen Politikwechsel erkennbar zu machen.

Bemerkungen:

  • Der Beitrag von den zahlreichen prominenten Autoren zielt in die gleiche Richtung wie der vorher zitierte von Mario Candeias.
  • Die Vorschläge sind erneut durch eine völlige Überschätzung der Möglichkeiten der Partei DIE LINKE gekennzeichnet.
  • Grundlage der Vorschläge ist die unbegründete Überzeugung, dass im Rahmen des kapitalistischen Wirtschaftssystems ein sozial-ökologisches Zukunftsprogramm realisierbar ist.

 

Michael Brie (2021): Transformation heißt, das Ganze wagen.

https://www.rosalux.de/publikation/id/45548/transformation-heisst-das-ganze-wagen

Prof. Dr. Michael Brie ist Gründungsdirektor des IfG, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats und Senior Fellow am IfG. Forschungsschwerpunkte sind Theorie und Geschichte des Sozialismus und Kommunismus, sozialökologische Transformation und revolutionäre Realpolitik. langjähriges Mitglied der Programmkommission der Partei DIE LINKE. Er studierte Philosophie in Berlin und Leningrad und wurde 1988 Dozent für Historischen Materialismus an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Der Autor beschäftigt sich mit dem Übergang zur Kriegswirtschaft in der USA von 1940-1945 als einem Beispiel für eine Transformation in einer Gesellschaft. Dabei geht er insbesondere auf die theoretische Reflexion dieser Prozesse durch Karl Polanyi ein. Seine Auffassungen sind für Brie Grundlage für seine Vorstellungen zur Transformation der kapitalistischen Gesellschaft in der heutigen Zeit. Diese stellt er am Ende seiner historischen Betrachtungen in Form von zwölf Thesen dar.

Zitate aus dem Buch:

  • 1940 reist Karl Polanyi in die USA. […] Am Ende bleibt er bis 1943. […] Diesem Umstand verdanken wir ein Jahrhundertwerk – The Great Transformation (S. 75).
  • 1945 war Polanyi davon überzeugt, dass der liberale Kapitalismus und seine Dystopie der Marktgesellschaft zumindest in Europa ans Ende gekommen seien (S. 78).
  • Polanyis Vision war es, durch eine neue Große Transformation die Eigendynamik kapitalistischer Marktwirtschaften zu überwinden und aufzuheben in einer regulierten und gelenkten sozialen und ökologischen Wirtschaft, die sich der Planung wie der Kontrolle der Märkte und Preise, von Kredit und Unternehmertum als Mittel bedient. Für ihn war Sozialismus nicht an diesem oder jenem Instrument zu messen, sondern daran, ob Freiheit für alle verwirklicht wird, … (S. 80/81)
  • These 1: Um solch große Transformationen einzuleiten, braucht es gesellschaftliche Bedingungen: technologische, ökonomische, soziale, politische und kulturelle. Es braucht auch soziale Kräfte, die bereit sind, sich dabei zu engagieren. Aber zugleich gilt: Eine solche Transformation muss Staat werden, d.h. durch den Staat verallgemeinert werden. Es bedarf der staatlichen Ressourcen, der staatlichen Gesetzgebung, des staatlichen Gewaltmonopols, um den gemeinsamen Willen gegen Widerstände dann durchzusetzen, wenn die beschlossenen Gesetze ignoriert werden und der Prozess gewaltsam blockiert wird (S. 82).
  • These 2: Die entscheidende Bedingung für eine solche Transformation ist ein starker politischer Wille und anhaltender Konsens aus der Regierung (im weiten Sinne) heraus und zugleich in der Gesellschaft (S. 82).
  • These 3: Große volkswirtschaftliche Transformationen erfordern große Investitionen in kurzer Zeit (S. 83).
  • These 4: Für eine umfassende Transformation volkswirtschaftlicher Strukturen in schneller Zeit ist eine Input-Output-Analyse über alle Zweige und auch Großunternehmen dringend erforderlich, um realistische Annahmen über Zeit und Umfang von konkreten strukturellen Veränderungen treffen zu können (S. 83).
  • These 5: Jede Transformation ist mit hohen Einstiegskosten verbunden. Die möglichen Gewinne liegen in der Zukunft, die Aufwendungen sind aber jetzt zu erbringen. Die Mittel, um diese Kosten aufzubringen, sind höhere Steuern, wachsende Staatsverschuldung, die Bereitstellung von Geld durch die Zentralbank und Vermögensabgaben (S. 83).
  • These 6: Die Kapazität des Staates, umfassende wirtschaftlich soziale Transformationsprozesse zu lenken, ist von ausschlaggebender Bedeutung (S. 84).
  • These 7: Die Schaffung öffentlicher und genossenschaftlicher Unternehmen und die Herausbildung von kooperativen transformatorischen Strukturen von Staat, Zivilgesellschaft und Management sowie Belegschaften und Gewerkschaften ist nur dann erfolgreich, wenn staatlicherseits dafür wesentliche Voraussetzungen gesetzlicher und administrativer Art geschaffen und die erforderlichen Ressourcen im großen Stil und dauerhaft bereitgestellt werden (S. 84)
  • These 8: Die Gewinnung der Lohnabhängigen und vieler Selbständiger und die Stärkung der Gewerkschaften für eine sozialökologische Transformationsstrategie ist eine unbedingte Voraussetzung (S. 84/85).
  • These 9: Es sollten die Möglichkeiten ausgelotet und erschlossen werden, wie Teile der ökonomischen und politischen Machteliten als Partner für Prozesse gewonnen werden können, die die sozialökologische Transformation einleiten (S. 85)
  • These 10: Ideologie ist ein entscheidender Faktor, der wesentlich beeinflusst, welche Lösungen präferiert werden (S. 84).
  • These 11: Der Erfolg einer sozialökologischen Transformation hängt, wie der Erfolg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg, davon ab, dass die ökonomisch schwächeren Bündnispartner von jenen unterstützt werden, die dafür die notwendigen Ressourcen haben (S. 85/86)
  • These 12: Die wissenschaftliche Begleitung und das öffentliche Monitoring von großen Transformationsprozessen sind unverzichtbar, um nichtintendierte Folgen rechtzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können (S. 86).

Bemerkungen:

  • Karl Paul Polanyi (1886 – 1964) war ein ungarisch-österreichischer Wirtschaftshistoriker und Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, der bekannt wurde durch seine von der traditionellen ökonomischen Lehre abweichende theoretische Position, die sich durch die Betonung der sozialen und institutionellen Einbettung von Marktprozessen auszeichnete. Sein einflussreiches Buch The Great Transformation wird zu den Hauptwerken der Soziologie gezählt. (Wikipedia) Polanyi war ohne Frage ein progressiver bürgerlicher Wirtschaftswissenschaftler, der die Marktwirtschaft kritisch beurteilt und Ideen zu ihrer Reform entwickelt hat.
  • Mit dem Projekt der sozialen Marktwirtschaft in den sechziger Jahren und der Etablierung eines Ordoliberalismus, der ja nach Vorstellungen von Sahra Wagenknecht Ziel linker ökonomischer Bestrebungen sein sollte, wurden Vorstellungen von Polanyi zur Reform des Kapitalismus durchaus in Ansätzen erfüllt. Darauf geht Brie nicht ein.
  • Ein Grundgedanke der Thesen von Brie ist, dass der Staat eine entscheidende Rolle bei der von ihm avisierten Großen Transformation zu spielen hat. Offensichtlich meint er den Staat in der gegenwärtigen Gesellschaft, da von revolutionären Veränderungen und Gründung eines neuen Staates nicht die Rede ist. Die Mittel für die Transformation sollen ja auch durch Steuern und Vermögensabgaben, also ohne Änderung der Besitzverhältnisse, aufgebracht werden. Möglicherweise setzt er voraus, dass DIE LINKE im Staat die führende Rolle übernehmen kann. Er wird wohl nicht von der SPD oder den Grünen erwarten, dass diese die Verhältnisse in dem von ihm angedachten Sinne verändern.
  • Unter diesen Voraussetzungen sind seine Vorschläge durch ein hohes Maß an Utopie gekennzeichnet. Zum einen wird auf absehbare Zeit die Partei DIE LINKE bei einer Bundestagswahl nicht die absolute Mehrheit erringen. Zum anderen ist nicht anzunehmen, dass die Kapitalbesitzenden freiwillig auf ihren Besitz verzichten.
  • Vor diesem theoretischen Hintergrund erklären sich auch Passagen im Parteiprogramm, an dem Michael Brie ja mitgearbeitet hat, die Rolle des Staates bei der Umsetzung der Ziele der Partei hervorheben. So heißt es im Programm: „Entscheidend für die Durchsetzung eines Politikwechsels ist dabei die bundespolitische Ebene. Hier liegen die meisten Kompetenzen, die dafür notwendig sind, hier erfolgen die meisten Weichenstellungen“ (Erfurter Programm, S. 75).

 

Literaturverzeichnis

Brie, Michael (2021): Transformation heißt, das Ganze wagen. Ökonomische Mobilisierung im Kampf gegen den Faschismus. USA 1940-1945 : eine Flugschrift. Hamburg: VSA-Verlag.