Hans-Dieter Sill, 06.05.2021

Analyse der Termini Beziehung und Verhältnis

PDF-Datei

Vorbemerkungen

Es werden geeignete Termini gesucht, um eine Relation zwischen mentalen oder nichtmentalen Objekten bzw. innerhalb eines solchen Objektes allgemein zu bezeichnen. Von den speziellen Relationen des Gegensatzes, die durch solche Termini wie Widerspruch, Komplementarität, Dualismus, Antinomie, Antagonismus, Polarität und Dichotomie bezeichnet werden können, wird zunächst abgesehen. Die Analyse der Relationsbegriffe Unterschied, Verschiedenheit und Differenz erfolgt ebenfalls in einem gesonderten Text.

Es werden Bedeutungen folgender Wörter in der Philosophie und der Umgangssprache untersucht: Beziehung, Wechselbeziehung, Verhältnis und Wechselverhältnis.

Zu Ermittlung der Bedeutungen der Wörter im Alltag wird das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache (www.dwds.de/) verwendet (DWDS). Weiterhin werden die Eintragungen in den Internetenzyklopädien Wiktionary (Wiktionary) und Wikipedia (Wiki) herangezogen.

Um die Bedeutungen der Wörter in der Philosophie zu analysieren, werden die folgenden Wörterbücher und Enzyklopädien verwendet. Sie liegen auch in elektronischer Form vor, wodurch eine Suche nach den Wörtern im gesamten Text möglich ist.

  1. Ritter u. a. (2007): Historisches Wörterbuch der Philosophie, 17.144 Sp. (8.572 S.) (HWPh)
  2. Prechtl und Burkard (2008): Metzler Lexikon Philosophie, 705 S. (MLPh)
  3. Sandkühler (2010): Enzyklopädie Philosophie, 3.209 S. (EPh)

Weitere Informationen zu den Wortanalysen und Auswahlkriterien sind auf der Seite „Zu den Wortanalysen und Auswahlkriterien“ enthalten.

Beziehung/Wechselbeziehung

Literaturanalysen

DWDS

Beziehung

Frequenz: 78,9

Kollokationen: diplomatisch (9.6, 12 115), eng (8.5, 7 682), bilateral (8.3, 4 561), freundschaftlich (8.3, 4 464), Normalisierung (7.9, 3 341)

Bedeutungen:

  1. Verbindung, Bsp.: gute, schlechte, enge, freundschaftliche, gesellschaftliche Beziehungen

Verbindung, die jmdm. Vorteile verschafft

  1. innerer Zusammenhang, wechselseitiges Verhältnis, wechselseitiges Verhältnis von Menschen untereinander
  2. ⟨in jeder, mancher Beziehung⟩ in jeder, mancher Hinsicht, in jedem, manchem Punkt
  3. Bezug

Wechselbeziehung

Frequenz: 0,15

Kollokationen:  spannungsvoll (5.8, 6), dialektisch (5.4, 11), mannigfach (4.9, 5), vielfältig (4.7, 31), stet (4.4, 6)

Bedeutungen: wechselseitige Beziehung, Beispiele: die Wechselbeziehungen zwischen zwei Erscheinungen; die enge Wechselbeziehung zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft

Wiktionary

Beziehung

  1. Verhältnis, in dem Menschen oder Organisationen zueinander stehen
  2. wechselseitiges Verhältnis zwischen beliebigen Objekten
  3. Partnerschaft zwischen zwei Menschen

Wechselbeziehung

die wechselseitige Abhängigkeit und/oder der wechselseitige Einfluss

Wiki

Beziehung

Weitergeleitet zu Relation:

Als Relation wird im Allgemeinen ein Verhältnis zwischen einem Seienden oder Ereignis zu einem oder mehreren anderen bezeichnet.

Der Begriff der Relation steht im engen Zusammenhang mit den Begriffen Struktur und System. In der Systemtheorie versteht man unter der Struktur eines Systems die Menge aller Relationen zwischen den einzelnen Elementen des Systems.

Beim Begriff Relation muss man zwischen konstruierten Beziehungen und realen Beziehungen unterscheiden. Von realen Beziehungen spricht man, wenn Objekte sich in irgendeiner Form tatsächlich aufeinander beziehen. Von konstruierten (gedachten) Beziehungen spricht man, wenn Objekte in Beziehung gesetzt werden, etwa hinsichtlich ihrer Größe, Lage, Existenzdauer oder anderer Daten.

Wechselbeziehung

Weitergeleitet auf Korrelation: Eine Korrelation beschreibt eine Beziehung zwischen zwei oder mehreren Merkmalen, Zuständen oder Funktionen. Es kann sich um einen kausalen oder nichtkausalen Zusammenhang handeln. Für die Stärke und Richtung des Zusammenhangs gibt es Korrelationsmaße.

HWPh

Beziehung

2883 (33,6) Ergebnisse, Das Wort kommt als selbständiger Eintrag nicht vor, sondern nur in den Wortverbindungen „interne und externe Beziehung“ sowie „Beziehungssoziologie.

  • Die entgegengesetzten Begriffe innere Beziehungen und externe Beziehungen wurden zuerst in der Diskussion zwischen B. RUSSELL und dem Idealisten und Monisten F. H. BRADLEY benutzt. Die Leibnizsche Lehre, daß alle Eigenschaften eines Dinges im Begriff dieses Dinges enthalten sind, wurde so charakterisiert, daß nicht nur alle nicht-relativen Eigenschaften, sondern auch alle Beziehungen «intern» sind. Bd. 1, S. 909
  • Beziehungssoziologie (Beziehungslehre) ist eine Richtung der deutschen Sozialtheorie der ersten Hälfte des 20. Jh. Nachdem G. SIMMEL im Rahmen einer Theorie des sozialen Raumes festgestellt hatte, daß sich eine «Beziehung» zwischen Menschen herstellt, wo sie zueinander «in Wechselwirkung treten», erhob A. VIERKANDT «Beziehung» zur «Grundkategorie des soziologischen Denkens». Als Beziehungslehre baute L. v. WIESE sein soziologisches System auf. Er versteht unter Beziehung den Grad der Distanz oder Verbundenheit, in dem sich Menschen in sozialen Prozessen befinden. Bd. 1, S. 910

Wechselbeziehung

68 (0,8) Ergebnisse, Das Wort kommt als selbständiger Eintrag nicht vor

  • Was Hegel am Beispiel der Wechselbeziehung von Bourgeois und Privatmensch andeutet, kommt bei Marx überall zur Geltung: die gesellschaftlich-geschichtliche Korrelation von Bürger, Mensch und «Staatsbürger». Bd. 1, S. 965
  • Dialektik ist für MERLEAU-PONTY «Ausdruck oder Wahrheit einer Erfahrung, in der die Wechselbeziehung der Subjekte untereinander und mit dem Sein bereits vorgängig» (in einem «gemeinsamen Lebensfeld») «etabliert ist» Bd. 2, S. 219
  • Zerstört wurde diese umfassende Ordnung [die Idee des Kosmos], in der die Stellung des Menschen in theologischer, naturphilosophischer wie auch in politischer Hinsicht eindeutig bestimmt war, vornehmlich durch drei in Wechselbeziehung stehende Entwicklungsmomente: a) Bestrebungen in der scholastischen Philosophie gingen dahin, sich vom theologischen Gehorsamszwang zu emanzipieren (Averroismus) und sich der Pflege der empirischen Naturwissenschaften zu widmen (Ockhamismus): …, b) Die in den reichen Städten Oberitaliens entstandene städtische Kultur ermöglichte, daß der neue Interpretationsraum durch einen der Antike nachgeformten Individualismus genutzt wurde (Renaissance), c) Schließlich entstand im Kampf der sich bildenden Territorialstaaten eine von den traditionellen Leitbildern befreite Machtpolitik. Bd. 5, S. 265
  • Über diese Position der ‹Ideen zu einer Philosophie der Natur› geht Schelling in ‹Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie› hinaus. Akzelerierende und retardierende Kräfte der Natur bringen nur in ihrer Wechselbeziehung eine reale Raumerfüllung zustande. Bd. 8, S. 889
  • Diese soziologische Variante der Sozialpsychologie ruht auf folgenden Grundannahmen: 1) Zwischen Individuum und Gesellschaft (oder Gruppe u.a.) wird getrennt. 2) Beide stehen zueinander in einem Verhältnis kausaler Wechselbeziehung. 3) Die Gesellschaft ist eine funktionale Einheit, die Individuen sind gleichsam ihre Umwelt. 4) Dem einzelnen Individuum gegenüber ist die Gesellschaft genetisch primär. 5) Damit die Gesellschaft funktioniert, muß sie sich Individuen konform machen. Bd. 9, S. 1239
  • Dieses Verhältnis von außen und innen ist für Dilthey nicht einfach durch Kausalität bestimmt, sondern durch eine komplexe Wechselbeziehung des Bewußtseins mit der Außenwelt geregelt, welche Beziehung als ein Teilbereich der «Struktur des Seelenlebens» die historische Bedingtheit des Bewußtseins, «den Umfang meines Bewußtseins in einem gegebenen Momente ausmacht» Bd. 10, S. 95

MLPh:

Beziehung

305 (43,3) Ergebnisse

  • Die Dynamik in der Beziehung der beiden Aspekte [Akkommodation und Assimilation] wird durch das Streben nach einem Gleichgewichtszustand bestimmt. S. 14
  • Für Hegel besteht die Freiheit des Selbst nicht im ausschließenden Negieren des Anderen, sondern in der Einsicht, eine gemeinsame Identität mit ihm zu haben, nämlich ein freies Subjekt zu sein. Diese Einsicht ist das Resultat eines dialektischen Prozesses, den er als Kampf um Anerkennung darstellt: (1) Die Beziehung auf sich selbst stellt eine Beziehung auf den Anderen dar: eine Negation bzw. Vernichtung des Anderen; (2) durch die Beziehung auf den Anderen schaut er sich selbst im Anderen an (Beziehung auf sich selbst); (3) beide sind selbst die ganze Beziehung, denn jedes Subjekt ist für sich Beziehung auf sich selbst und auf sein Anderes. S. 26
  • Das für die philosophische Ästhetik relevanteste Problem ist traditionell die Frage nach der Beziehung zwischen dem Schönen und der Wahrheit. S. 47
  • In der Logik ist Beziehung als Relation eine der Kategorien. Beziehung bezeichnet allgemein einen mehrstelligen Begriff, wobei zwischen verschiedenen Formen der Beziehung unterschieden werden kann, z.B. einer solchen der Ordnung, der Abhängigkeit oder der Intention. Eine für die antike Philosophie bedeutende Form der Beziehung ist die mathematische Proportion. … In der Soziologie ist der Begriff der Beziehung eine grundlegende Kategorie. S. 80
  • Die Gültigkeit einer Deduktion beruht auf der logischen Beziehung zwischen Prämissen und Konklusion. S. 98
  • Ein bewusstes Erleben ist immer auch ein intentionales Erleben. Als solches weist es eine zweifache Beziehung auf; es ist einerseits transzendent gerichtet auf etwas Anderes als es selbst, andererseits ist es bezogen auf sich selbst. 158
  • Die Annahme des allerdings nie direkt beobachtbaren Lernprozesses impliziert darüber hinaus die Idee einer interaktionistischen Beziehung zwischen Organismus und Umwelt. S. 336
  • Die Beziehung von Form und Inhalt wird schon hier als zentrales Problem der Poetik erkannt. S. 466
  • Teil/Ganzes. Es handelt sich hierbei um korrelative Begriffe, die nur wechselseitig zu definieren sind. Ihre Beziehung ist durch die Begriffe Teilung oder Zerlegung bzw. Zusammensetzung festgelegt. S. 606

Wechselbeziehung

6 (0,9) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Kultur muss vielmehr als ein zusammenhängendes System begriffen werden, dessen Elemente in einer Wechselbeziehung stehen und ihren Beitrag zur Erhaltung des Ganzen leisten. S. 193
  • Die Festlegung ihres Endes [der Neuzeit] hingegen ist trotz zahlreicher Versuche bisher erfolglos geblieben. Dies liegt zum einen an ihrer zeitlichen Relation zur Gegenwart, verbunden mit der Idee der Unabgeschlossenheit des Neuzeitlichen und des Fehlens eines adäquaten Folgebegriffs, zum anderen an der ständigen Wechselbeziehung der Gegenbegriffe (i.e. Altertum und MA.) untereinander. (S. 413)
  • Ökologie …, Teildisziplin der Biologie, bezeichnet nach der 1866 von E. Haeckel gegebenen Definition die Wissenschaft von den Wechselbeziehungen der Organismen zueinander und zu deren biotischer (belebter) und abiotischer (unbelebter) Umwelt. (S. 427)

EPh

Beziehung

1094 (34,1) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Die Beziehung zwischen dem Allgemeinem, Besonderen und Einzelnem ist also keineswegs (bloß) als Beziehung von Teilmenge und Oberklasse (bzw. dann auch Element und Menge) zu verstehen. S. 52b
  • Im Anschluss an die Redeweise, dass eine Person P ein Interesse an einem Sachverhalt X habe, bezeichnet ›Interesse‹ in aller Regel die gerichtete Beziehung Person/ Sachverhalt selbst bzw. den ›Anteil‹ auf Seiten der Person an dieser Beziehung, (wobei darin eine Triebkraft für das Handeln dieser Person gesehen wird). S. 1138
  • Die Kausalbeziehung ist die Beziehung, die zwischen einer Ursache und ihrer Wirkung S. 1223u

Wechselbeziehung

13 (0,4) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Mit ›Interaktionismus‹ werden unterschiedliche theoretische Positionen in den Sozialwissenschaften bezeichnet, die gemeinsam davon ausgehen, dass die Entwicklung der individuellen Persönlichkeit auf zwischenmenschliche Wechselbeziehungen zurückgeführt werden kann. S. 1132u
  • Unter deren Einfluss entfaltet in Frankreich Henri Lefèbvre im Rückgriff auf Marx sein Projekt einer Metaphilosophie, und Maurice Merleau-Ponty, gefolgt von Jean-Paul Sartre, arbeitet, von Husserls ­Phänomenologie herkommend und gleichfalls erneut von Marx ausgehend, an der philosophischen Konzeption eines ›authentischen Materialismus‹: dem »einfachen Aussprechen der Bedingungen, ohne die es keine Menschheit im Sinne einer Wechselbeziehung der Menschen und keine Rationalität in der Geschichte gibt.« S. 1493b
  • Neben den verschiedenen Antworten, … blieb als eine nunmehr positive erworbene Tatsache das Bedürfnis nach der Erweiterung des geschichtlichen Interesses und die Tendenz, die Wechselbeziehung zwischen gesellschaftlichen und kulturellen Faktoren im Studium der geschichtlichen Phänomene für möglich zu halten. S. 850
  • Die Analyse der Besonderheiten des röm. Imperialismus führt zu der Einsicht, dass die Herrschaft Roms nach Außen auf einer nicht minder komplexen und gleichwohl flexiblen Herrschaftsordnung nach Innen basierte, wobei innere und äußere Verhältnisse bei dem so expansiven röm. Staatswesen naturgemäß in steter Wechselbeziehung standen. S. 2589

Verhältnis/Wechselverhältnis

Literaturanalysen

DWDS

Verhältnis

Frequenz: 86,1

Kollokationen: gesellschaftlich (6.7, 1783), schwierig (6.6, 2092), klar (6.6, 2465), wirtschaftlich (6.5, 2367), gestört (6.5, 1285)

Bedeutungen:

  1. Beziehung, bei der etw. mit etw. verglichen, gemessen wird, Proportion
  2. persönliche Beziehung, innere Verbundenheit, Kontakt
  3. [umgangssprachlich] intime Beziehungen zwischen zwei Menschen verschiedenen Geschlechts, Liebesverhältnis, [abwertend, übertragen] Geliebte
  4. Grammatik: nur im Plural
    1. soziale Lage, Lebensumstände, Bsp.: in geordneten, guten, bescheidenen Verhältnissen leben
    2. … Bsp.: gesellschaftliche Verhältnisse, politische Verhältnisse
    3. Gegebenheit, Bedingung, Bsp.: klimatischen Verhältnisse, räumliche Verhältnisse

Wechselverhältnis

Frequenz: 0,05

Kollokationen:  kompliziert (1.7, 7), eng (0.8, 13)

Bedeutungen:

auf Wechselwirkung beruhendes Verhältnis, Bsp.: das dialektische Wechselverhältnis von Mensch und Natur, von Bewegung und Materie

Wiktionary

Verhältnis

  1. eine Beziehung, bei der zwei Dinge oder zwei Sachverhalte miteinander verglichen werden
  2. persönliche Beziehung zweier Menschen
  3. umgangssprachlich: intime Beziehung zwischen zwei Menschen
  4. meist im Plural: Umschreibung einer bestimmten sozialen Lage oder bestimmter sozialer Lebensumstände

Wechselverhältnis

Kein Eintrag

Wiki

Verhältnis

Ein Verhältnis ist:

  • Verhältnis (Liebesbeziehung), vor- oder außereheliche Beziehung, siehe Liebesbeziehung, Sexbeziehung und Seitensprung
  • Verhältnis (Beziehung), persönliche Beziehung zweier Menschen
  • ein Quotient zweier Zahlen oder Größen
  • eine Verhältniszahl

Wechselverhältnis

Kein Eintrag

HWPh

Verhältnis

4088 (47,7) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Ihr besonderes Interesse richtet sich auf die «strukturelle Sprachhistorie», für die nach K. BALDINGER zur Strukturforschung in Hinsicht auf sprachliche Bedeutungen und Bezeichnungen aus ihrem Eingebettetsein in Kulturgeschichte ein soziologischer Aspekt hinzutritt: Sie behandelt Wortgeschichte und Geschichte des Menschen korrelativ. Zu diesem dreidimensionalen Charakter der strukturellen Sprachwissenschaft wird die Theorie der Begriffsgeschichte ihr spezifisches Verhältnis herstellen müssen, wobei sie insbesondere die Beziehungen zur Semasiologie und Onomasiologie zu klären hat. Bd. 1, S. 789
  • Die Rolle der Praxis in der Erkenntnis, das Verhältnis von Historischem und Logischem, der dialektische Widerspruch, die Einheit von Dialektik, Logik und Erkenntnistheorie, das Problem der dialektischen Logik, Systemforschung und materialistische Dialektik, Verhältnis von Materie und Bewußtsein – diese Themen zeigen, in welchem Maße die Sowjetphilosophie bemüht ist, die Probleme der modernen Wissenschaft im Rahmen der fundamentalen Bestimmungen des dialektischen Materialismus aufzunehmen, zu verarbeiten und zu systematisieren. Bd. 5, S. 855-856
  • Das logische Verhältnis eines Begriffs zu seinen Merkmalen ist das der Unterordnung (Subordination). Der Begriff ist Unterbegriff zu seinen Merkmalen als Oberbegriffen. Bd. 5, S. 1153
  • Das Sein der Dinge und der Welt ist Harmonie, Einigung des Verschiedenen (PHILOLAOS) [9], und diese Harmonie ist ein Verhältnis von Zahlen. 6, S. 243
  • Zum Verhältnis von Notwendigkeit und Zufälligkeit bleibt festzuhalten [17]: Zufällig ist nach Hegels Verständnis ein Wirkliches, das zugleich als ein nur Mögliches bestimmt ist: etwas, das sein kann oder auch nicht [18], je nach den Umständen; ein Vereinzeltes, d.h. ohne definierten Bedingungszusammenhang Existierendes; Bd. 6, S. 978-979
  • In diesem Sinne muß Phänomenologie primär als eine Deskription jener Erscheinungen des Gesichtssinnes angesehen werden, die sich als Verhältnisse von Linien, Flächen, Figuren und Farben darbieten und in denen Schönheit unmittelbar offenbar ist. Bd. 7, S. 48
  • In der Ästhetischen Theorie bestimmt Adorno das Verhältnis der Kunst zur Praxis einerseits durch den «Widerstand», den sie gegen die «bis heute herrschende» Praxis übt, und andererseits durch die utopische Vorwegnahme einer «besseren Praxis». Bd. 7, S. 1301
  • Dort wird in Def. 3 Proportion als das der Quantität nach bestimmte Verhältnis zweier gleichartiger Größen bestimmt. Bd. 7, S. 1482
  • Der etwa durch BLUMHARDT – und auch TILLICH selbst – vertretene «dialektische oder dynamische» Typ schließlich bemüht sich, den statischen Gegensatz zwischen Sozialismus und Christentum in ein dialektisches Verhältnis aufzulösen Bd. 9, S. 1200
  • Das Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit wird zunehmend auf die semantische Analyse von Sätzen («propositiones») verlagert, in deren Kontext die Bezeichnungsfunktion eines Terminus zu verstehen ist. 9, S. 1460
  • Denn gemäß der fundamentalen Wechselwirkung zwischen den «attraktiven» und «repulsiven Kräften» in allem natürlichen Geschehen benötige auch jede menschliche Gesellschaft «irgendein quantitatives Verhältnis von Harmonie und Disharmonie, Assoziation und Konkurrenz, Gunst und Mißgunst, um zu einer bestimmten Gestaltung zu gelangen» (Simmel, 1908, S. 286) Bd. 10, S. 301

Wechselverhältnis

25 (0,3) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Auch FICHTE will das Wechselverhältnis von Außen und Innen nicht durch «vorgegebene Einflüsse und Einwirkungen der äußeren Dinge» erklären; vielmehr gilt, «daß das Bewußtsein eines Dinges außer uns absolut nichts weiter ist, als das Produkt unseres eigenen Vorstellungsvermögens» Bd. 1, S. 681
  • Gerechtigkeit setzt ein wie immer begründetes Wechselverhältnis von Partnern Bd. 3, S. 330
  • Was nach Ansicht der Neukantianer «eine tief in dem Begriff und in der methodischen Beschaffenheit der Philosophie selbst begründete Forderung» ist: daß «das unaufhebbare Wechselverhältnis zwischen Geschichte und Systembestand der Philosophie unter neuen Voraussetzungen immer wieder zu Bewußtsein gebracht» werden müsse, … Bd. 7, S. 24-25
  • Diese Solidarität und jene ihrer Intentionalität nach interpersonalen Akte läßt Scheler von Gesamt-Personen wie z.B. Staat und Kirche sprechen. Sie teilen mit den Einzel-Personen die Individualität, saugen deren Individualität aber nicht auf, sondern stehen mit ihnen wiederum in einem solidarischen Wechselverhältnis. Bd. 7, S. 316
  • So begegnet die «Verbindlichkeit in ihren scharfen Begriff gefaßt» in der Sphäre der «Rechtschaffenheit»; von anderer Natur ist der Sollens- und Obligationsmodus, in dem «das Wohlwollen sich ausspricht», das nicht in rechtlicher Gegenseitigkeit fundiert ist, sondern im «freien Wechselverhältnis menschlicher Empfindungen» ruht Bd. 7, S. 420
  • Überdies steht sie [die Psychologie der Persönlichkeit] in einem durch das Begriffspaar Inhalt/Form beschriebenen Wechselverhältnis zu den psychobiologischen Wissenschaften: Bd. 7, S. 1648
  • Die Welt ist nichts anderes als die Totalität der Möglichkeiten, auf die hin ich mich überschreite und von denen her ich mich verstehe als der, der ich zu-sein-habe. Sartre bezeichnet dieses Wechselverhältnis von Person und Welt als «Selbstheitszirkel» Bd. 9, S. 524
  • Somit existiere das «Urbild des Volkes» unabhängig von Fürst und Staat. Historisch sei die Beziehung zwischen Volk und Staat demzufolge ein Wechselverhältnis. Bd. 11, S. 1083
  • Der durch das Wechselverhältnis von Angebot und Nachfrage zustande gekommene tatsächliche Preis einer Ware (s.d.) oder Dienstleistung wird dabei mit der Forderung konfrontiert, dem ‚eigentlichen W. zu entsprechen, welcher der Ware unter Berücksichtigung der Herstellungskosten und des subjektiven Nutzens zukommt. Bd. 12, S. 586

MLPh

Verhältnis

340 (48,2) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Das eigentliche Absolute besteht in dem wechselseitigen Verhältnis des Subjektiven, d.i. Welt des Ideellen, mit dem Objektiven, d.i. Welt des Reellen, so dass Ich und Natur nur als Manifestationen einer Einheit zu denken sind. S. 5
  • Abstraktionstheorie, thematisiert das Verhältnis von sinnlich-materialen Gegebenheiten und der auf diese bezogenen Begrifflichkeit. S. 6
  • Hinsichtlich des Verhältnisses von Individuum und Gemeinschaft stellt das Allgemeine entweder das Gemeinsame der Einzelinteressen oder über die Einzelinteressen hinweg den allgemeinen Zweck des Ganzen (z.B. der Gesellschaft oder des Staates) dar S. 18
  • Die Liebe stellt ein Verhältnis wechselseitiger Anerkennung dar, in dem die natürliche Individualität der Subjekte Bestätigung findet. S. 26
  • Angesichts dieser Vielfalt begrifflicher Unterscheidungen und theoretischer Alternativen ist es nicht weiter verwunderlich, dass in der Philosophie des Geistes keine Einigkeit über das Wesen des Bewusstseins, das Verhältnis von Bewusstsein zu Selbstbewusstsein, die epistemische oder ontologische Besonderheit von Bewusstsein oder Selbstbewusstsein zu erzielen ist … S. 78
  • Unter der Denotation versteht man das Verhältnis eines Begriffes zu der Entität, worauf dieser Ausdruck referiert. S. 102
  • … eine dritte von Locke unterschiedene Wissensform verdankt sich nicht allein dem Verhältnis von Ideen untereinander, sondern bezieht sich auf sinnliche Objekte. S. 135
  • Extern/intern. Mit Hilfe dieser Termini versucht Carnap das Verhältnis von Sprache und Realität zu klären. S. 176
  • Gleichheit, setzt im Unterschied zur mathematisch-naturwissenschaftlichen Identitätsaussage einen Vergleich von Verschiedenem voraus. Als wertendes Abstrahieren von Ungleichem bestimmt sie das moralische, politische, rechtliche oder religiöse Verhältnis zwischen Individuen oder Gruppen. 220
  • Als Theorien stehen Idealismus und Realismus in einem komplementären Verhältnis. S. 254
  • Das Verhältnis des Menschen zu sich und seiner Umwelt besteht daher nicht in der eindeutigen, linearen Beziehung zu einem so und so Gegebenen, sondern ist dynamisch und offener Gestaltung fähig. S. 321
  • Daneben versuchen unterschiedliche liberale Strömungen das Verhältnis von sozialer, individueller, ökonomischer Freiheit neu zu bestimmen. S. 339
  • Relation, allgemein eine Beziehung oder ein Verhältnis zwischen mehreren Objekten. S. 519
  • Aspekte der Sorge sind: Besorgen als Verhältnis des Daseins zu den »Dingen«; Fürsorge als Verhältnis zum Mitmenschen und Sorge um das Selbst. (Heidegger) S. 567
  • Das Verhältnis von Theorie und Praxis wird bereits in der Antike erörtert; S. 611
  • Würde bezieht sich auf ein bestimmtes Verhältnis zwischen den Eigenschaften der Vernunftbegabtheit, Wahlfreiheit oder Selbstbestimmung und der diese tangierenden Haltung und Handlung und drückt so eine Adäquatheitsbeziehung zwischen Sein und Verpflichtung aus. S. 692

Wechselverhältnis

1 (0,1) Ergebnis. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

EPh

Verhältnis

1316 (41,0) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Hegels Kerneinsicht betrifft die dialektischen Verhältnisse zwischen dem Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen. S. 56b
  • Der Vorwurf, dass in Hegels Dialektik »die Begreifbarkeit des realen Gangs« der Geschichte »zum Kriterium des wirklichen Ganges« der Dinge erklärt werde, beruht auf einer grundsätzlichen Fehldeutung des Verhältnisses der Begriffe Vernunft und Wirklichkeit bei Hegel, die sich an einer Diskussion der berühmten Identifizierung des Wirklichen mit dem Vernünftigen deutlich machen lässt. S. 403
  • Die Bourgeoisie hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. S. 872
  • Vor allem drei Themen wurden bearbeitet: (1) Das Verhältnis von materieller Basis und Kultur, (2) die Beziehungen zwischen sozioökonomischer Lage und Massenbewusstsein sowie (3) Probleme der Reorganisation der kapitalistischen Wirtschaft. S. 872b
  • Ideologien treten in ideologischen Verhältnissen auf, in ideellen (epistemischen, kulturellen) wie auch in praktisch-gesellschaftlichen Kontexten. S. 1070
  • … schließlich durch die Orientierung an ›positiven Gesetzen‹, d.h. solchen, welche die Wirkungszusammenhänge nicht aus Ursachen erklären, sondern als formale Verhältnisse der Koexistenz und Sukzession von beobachtbaren Tatsachen S. 2101
  • Gerade hier, wo es seine Verbindung zum spekulativen Kern der Dialektik offenbart, hat das Thema des Verhältnisses Verstand/ Vernunft seine Zentralität: dass das Endliche den Unterschied in sich trägt, dass es »das Andere seiner selbst« ist; S. 2897

Wechselverhältnis

15 (0,5) Ergebnisse. Das Wort kommt als Eintrag nicht vor.

  • Diese Aufklärung steht im Wechselverhältnis mit der Bewegung, in der die Künste, insbes. Literatur und Musik, sich von den Normen der traditionellen Regelwerke emanzipieren und zu jener Autonomie finden, durch die sie dem Selbstbewußtsein des modernen Menschen zur Darstellung verhelfen. S. 160
  • Im Beobachterbegriff werden Beziehungen zwischen Kognitionen konstruierenden Personen ebenso rekonstruiert wie aufeinander aufbauende Sprachebenen, in denen der Beobachter höherer Stufe den Beobachter niedrigerer Stufe im Wechselverhältnis zu seiner Umwelt seinerseits beobachtend beschreibt. S. 1293b

Auswertungen und Schlussfolgerungen zur Verwendung der Wörter

Zur Frequenz der Wörter

Während das Wort „Beziehung“ sehr häufig in der Alltagssprache und in den philosophischen Lexika auftritt, ist die Frequenz des Wortes „Wechselbeziehung“ in beiden Bereichen sehr gering. Auch eine Suche nach der Wortverbindung „wechselseitige Beziehungen“ in den philosophischen Lexika ergab sehr wenige bzw. auch keine Ergebnisse.

Das Wort „Verhältnis“ tritt in der Alltagssprache und in allen drei philosophischen Lexika noch häufiger auf als das Wort „Beziehung“. Im historischen Wörterbuch der Philosophie sowie in Metzlers Lexikon der Philosophie ist es durchschnittlich auf jeder zweiten Seite zu finden. Damit gehört es nach meinen bisherigen Analysen neben den Wörtern „Begriff“, „Ding“, „Sein“ und „Wesen“ zu den am häufigsten gebrauchten Termini in den philosophischen Lexika.

Das Wort „Wechselverhältnis“ ist dagegen noch weit seltener zu finden als das ohnehin schon sehr selten vorkommende Wort „Wechselbeziehung“.

Zu Bedeutungen der Wörter in der Alltagssprache

Die angegebenen Bedeutungen des Wortes „Beziehung“ im DWDS und den Internetenzyklopädien Wiktionary und Wikipedia unterscheiden sich erheblich. Als einzige gemeinsame Bedeutung werden sowohl im DWDS als auch bei Wiktionary Verbindungen, Verhältnisse oder Partnerschaften von Menschen angegeben. Darüber nennt Wiktionary als eine weitere Bedeutung das „wechselseitige Verhältnis zwischen beliebigen Objekten“. Auch im DWDS wird als eine Beschreibung „wechselseitiges Verhältnis“ genannt. Damit wird „Beziehung“ unter Verwendung des Wortes „Verhältnis“ erklärt. Mit dem Adjektivattribut „wechselseitig“ erfolgt eine Einschränkung auf eine bestimmte Art von Beziehungen.

Bei Wikipedia erfolgt gar keine direkte Erklärung, sondern eine Weiterleitung auf das Stichwort „Relation“. Eine Relation wird dann erklärt als „ein Verhältnis zwischen einem Seienden oder Ereignis zu einem oder mehreren anderen“.

Eine Erklärung des Wortes „Beziehung“ durch Unterordnung unter einen Oberbegriff und Angabe von artspezifischen Merkmalen ist allerdings nicht möglich. Entsprechend Wikipedia könnte „Beziehung“ als Relation zwischen zwei oder mehreren Existierenden erklärt werden. Dabei würde dann aber die Frage entstehen, was unter einer Relation zu verstehen ist. Der mathematische Begriff der Relation hilft hier nicht weiter. Im DWDS wird für das Wort „Relation“ als einzige Bedeutung „Beziehung, Verhältnis zwischen zwei oder mehreren Erscheinungen, Gegebenheiten in der Natur, Gesellschaft, oder Begriffen“ und im Wiktionary neben dem mathematischen Relationsbegriff die Bedeutung „Beziehung, Bezug, Verhältnis, Wechselverhältnis“ angegeben. Damit würde man sich im Kreis drehen.

In der Alltagssprache hat das Wort „Verhältnis“ nach dem DWDS, Wiktionary und Wikipedia übereinstimmend folgende Bedeutungen:

A. persönliche Beziehung zwischen zwei Menschen

B. intime Beziehung, Liebesbeziehung zweier Menschen

Nur im DWDS und bei Wiktionary werden weiterhin genannt:

C. Beziehung, bei der zwei Dinge oder zwei Sachverhalte miteinander verglichen, gemessen werden

D. im Plural: Gesamtheit von gegebenen Bedingungen oder Zuständen in der Gesellschaft oder in der Natur

In Wikipedia wird weiterhin genannt:

E. Quotient zweier Zahlen oder Größen.

F. eine Verhältniszahl

Bis auf die Bedeutung D geht es immer um eine Beziehung zwischen zwei Objekten.

Aus den Erklärungen ist wiederum eine enge Verwandtschaft der Wörter „Beziehung“ und „Verhältnis“ zu erkennen. In drei der sechs Erklärungen für das Wort „Verhältnis“ wird das Wort „Beziehung“ verwendet.

Erstaunlich ist, dass die Bedeutung E, die in der Mathematik und den Naturwissenschaften ein gängiger Begriff ist, nur bei Wikipedia auftritt.

Zu Bedeutungen der Wörter in der gesichteten philosophischen Literatur

Im Folgenden soll untersucht werden, ob die enge Verwandtschaft der Wörter „Beziehung“ und „Verhältnis“ in der Alltagssprache in Bezug auf bestimmte Bedeutungen sich auch in der philosophischen Literatur wiederfindet. Dazu wird untersucht, welche Unterschiede sich in der Bedeutung von Formulierungen ergeben würden, wenn das eine Wort durch das andere ersetzt wird.

Unterschiede beim Ersetzen des Wortes „Beziehung“ durch „Verhältnis“

Es werden die Formulierungen in den ausgewählten Zitaten aus den philosophischen Nachschlagewerken dahingehend untersucht, ob eine Ersetzung der Worte „Beziehung“ bzw. „Wechselbeziehung“ durch „Verhältnis“ bzw. „Wechselverhältnis“ jeweils im Singular oder Plural ohne Veränderung der Bedeutung möglich ist.

An den folgenden Formulierungen halte ich dies eher nicht für möglich, da in dem Wort „Beziehungen“ auch die Betrachtung von Unterschieden, Gegensätzen oder Abhängigkeiten enthalten ist.

  • Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Menschen
  • Beziehungen innerhalb eines Menschen zwischen Bourgeois und Privatmensch (Hegel) bzw. Bürger, Mensch und «Staatsbürger» (Marx)
  • Wechselbeziehungen zwischen drei Entwicklungsmomenten bei der Herausbildung des Liberalismus
  • zwischen Individuum und Gesellschaft als kausale Wechselbeziehung
  • komplexe Wechselbeziehung des Bewusstseins mit der Außenwelt
  • Kampf um Anerkennung als Beziehung auf sich selbst und Beziehung auf den anderen (Hegel),
  • Beziehung zwischen Prämissen und Konklusion
  • intentionales Erleben weist eine zweifache Beziehung auf; es ist einerseits transzendent gerichtet auf etwas Anderes als es selbst, andererseits ist es bezogen auf sich selbst
  • Beziehung zwischen Organismus und Umwelt
  • Beziehung von Form und Inhalt
  • Beziehung von Teil und Ganzem
  • Wechselbeziehungen zwischen den Elementen der Kultur
  • Wechselbeziehungen der Organismen zueinander
  • Interesse bezeichnet die gerichtete Beziehung Person/ Sachverhalt,
  • Kausalbeziehung als Beziehung zwischen einer Ursache und ihrer Wirkung
  • Wechselbeziehung zwischen gesellschaftlichen und kulturellen Faktoren,
  • Wechselbeziehung der Menschen, zwischenmenschliche Wechselbeziehungen
  • Wechselbeziehung zwischen inneren und äußeren Verhältnissen bei dem so expansiven röm. Staatswesen
  • Wechselbeziehung zwischen Begriffsgeschichte und Explikation

In den folgenden Formulierungen könnte aus meiner Sicht ohne wesentliche Veränderung der Bedeutungen das Wort „Beziehung“ durch das Wort „Verhältnis“ ersetzt werden.

  • Wechselbeziehung der Subjekte untereinander und mit dem Sein
  • Wechselbeziehung zwischen akzelerierenden und retardierenden Kräften der Natur
  • Beziehung zwischen Akkommodation und Assimilation
  • Beziehung zwischen dem Schönen und der Wahrheit,
  • Subjekt-Objekt-Relation als eine Beziehung zwischen zwei Elementen des Seinszusammenhangs,
  • Wechselbeziehung der Gegenbegriffe Altertum und Mittelalter

Weiterhin habe ich untersucht ob die in den ausgewählten Zitaten auftretenden Adjektivattribute zum Wort „Beziehung“ bzw. „Wechselbeziehung“ auch Adjektivattribut der Worte „Verhältnis“ bzw. „Wechselverhältnis“ sein könnten.

Bei folgenden Adjektiven wäre dies aus meiner Sicht nicht möglich: kausale, logische, zweifache, interaktionistische, ständige, gerichtete, echte.

Folgende Adjektive könnten auch für die Wörter „Verhältnis“ bzw. „Wechselverhältnis“ verwendet werden: innere, äußere, komplexe, gesetzliche oder irgendwie essentielle, persönliche, zwischenmenschliche.

Eine Beziehung kann als Relation auch mehrstellig sein, d. h. zwischen mehreren Objekten bestehen. In der, allerdings nicht repräsentativen Auswahl von 30 Beispielen tritt eine mehrstellige Beziehung nur dreimal auf (Beziehung zwischen mehreren Menschen, Beziehung innerhalb eines Menschen zwischen Bürger, Mensch und «Staatsbürger», Beziehung zwischen drei Entwicklungsmomenten bei der Herausbildung des Liberalismus).

Unterschiede beim Ersetzen des Wortes „Verhältnis“ durch „Beziehung“

Es werden die Formulierungen in den ausgewählten Zitaten aus den philosophischen Nachschlagewerken dahingehend untersucht, ob eine Ersetzung der Worte „Verhältnis“ bzw. „Wechselverhältnis“ durch „Beziehung“ bzw. „Wechselbeziehung“ jeweils im Singular oder Plural ohne Veränderung der Bedeutung möglich ist.

An den folgenden Formulierungen halte ich dies eher nicht für möglich.

  • Verhältnis von Zahlen
  • Verhältnisse von Linien, Flächen, Figuren und Farben
  • Verhältnis zweier gleichartiger Größen
  • quantitatives Verhältnis von Harmonie und Disharmonie, Assoziation und Konkurrenz, Gunst und Mißgunst
  • formale Verhältnisse der Koexistenz und Sukzession von beobachtbaren Tatsachen
  • feudale, patriarchalische, idyllische Verhältnisse
  • wenn die ganze Natur selbst als ein … übergreifendes System materieller Verhältnisse begriffen wird
  • Pluralität substantieller Verhältnisse
  • Ideologien treten in ideologischen Verhältnissen auf

In den folgenden Formulierungen könnte aus meiner Sicht ohne wesentliche Veränderung der Bedeutungen das Wort „Verhältnis“ durch das Wort „Beziehung“ ersetzt werden. Teilweise wird dadurch der Sachverhalt noch besser zum Ausdruck gebracht.

  • Verhältnis zwischen Theorie der Begriffsgeschichte und dem dreidimensionalen Charakter der strukturellen Sprachwissenschaft
  • Verhältnis von Historischem und Logischem
  • das logische Verhältnis eines Begriffs zu seinen Merkmalen
  • Verhältnis von Notwendigkeit und Zufälligkeit
  • Verhältnis der Kunst zur Praxis
  • dialektisches Verhältnis zwischen Sozialismus und Christentum
  • Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit
  • Wechselverhältnis von Außen und Innen
  • Wechselverhältnis von Partnern
  • Wechselverhältnis zwischen Geschichte und Systembestand der Philosophie,
  • solidarischen Wechselverhältnis zwischen Gesamtpersonen und Einzelpersonen
  • freies Wechselverhältnis menschlicher Empfindungen
  • das Begriffspaar Inhalt/Form beschriebenen Wechselverhältnis von Psychologie der Persönlichkeit und den psychobiologischen Wissenschaften
  • Wechselverhältnis von Person und Welt
  • Wechselverhältnis von Volk und Staat
  • Wechselverhältnis von Angebot und Nachfrage
  • wechselseitigen Verhältnis des Subjektiven, d.i. Welt des Ideellen, mit dem Objektiven, d.i. Welt des Reellen
  • Verhältnis von sinnlich-materialen Gegebenheiten und der auf diese bezogene Begrifflichkeit
  • Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft
  • Verhältnis von wechselseitiger Anerkennung
  • Verhältnis von Bewusstsein zu Selbstbewusstsein
  • Verhältnis eines Begriffes zu der Entität, worauf dieser Ausdruck referiert
  • Verhältnis von Ideen untereinander
  • das moralische, politische, rechtliche oder religiöse Verhältnis zwischen Individuen oder Gruppen
  • komplementäres Verhältnis von Idealismus und Realismus
  • Verhältnis des Menschen zu sich und seiner Umwelt
  • Verhältnis von sozialer, individueller, ökonomischer Freiheit
  • Verhältnis zum Mitmenschen und Sorge um das Selbst,
  • Verhältnis von Theorie und Praxis
  • bestimmtes Verhältnis zwischen den Eigenschaften der Vernunftbegabtheit, Wahlfreiheit oder Selbstbestimmung und der diese tangierenden Haltung und Handlung
  • Verhältnisse des Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen
  • Verhältnis der Begriffe Vernunft und Wirklichkeit bei Hegel
  • Verhältnis von materieller Basis und Kultur
  • Subjekt-Objekt-Verhältnis,
  • Verhältnis von Verstand und Vernunft
  • Diese Aufklärung steht im Wechselverhältnis mit der Bewegung, in der die Künste, insbes. Literatur und Musik, sich von den Normen der traditionellen Regelwerke emanzipieren

Es ergibt sich, dass in den meisten Fällen anstelle des Wortes „Verhältnis“ auch das Wort „Beziehung“ verwendet werden kann.

Weiterhin habe ich untersucht ob die in den ausgewählten Zitaten auftretenden Adjektivattribute zum Wort „Verhältnis“ bzw. „Wechselverhältnis“ auch Adjektivattribut der Worte „Beziehung“ bzw. „Wechselbeziehung“ sein könnten.

Bei folgenden Adjektiven wäre dies aus meiner Sicht eher nicht möglich: quantitativ und frei sowie bei Bezug auf „Verhältnisse“:  moralisch, politisch, rechtlich, religiös.

Folgende Adjektive könnten auch für die Wörter Beziehungen bzw. Wechselbeziehungen verwendet werden: spezifisch, äußere, dialektisch, solidarisch, wechselseitig, komplementär, verallgemeinert, formal, bestimmt.

Die Suche nach der Wortverbindung „dialektische* Verhältnis*“ ergab im HWPh 14 Treffer und im MLPh nur 2 Ergebnisse. Die Wortverbindung „komplementäres Verhältnis“ ergab im HWPh fünf und im MLPh einen Treffer.

Im Unterschied zur Alltagssprache wird das Wort Verhältnis in der philosophischen Literatur nicht nur für eine Relation zwischen zwei Objekten sondern auch zwischen mehreren verwendet. Beispiele:

  • Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit
  • das moralische, politische, rechtliche oder religiöse Verhältnis zwischen Individuen oder Gruppen.
  • Verhältnis von sozialer, individueller, ökonomischer Freiheit
  • Relation, allgemein eine Beziehung oder ein Verhältnis zwischen mehreren Objekten
  • Besorgen als Verhältnis des Daseins zu den »Dingen«;
  • Würde bezieht sich auf ein bestimmtes Verhältnis zwischen den Eigenschaften der Vernunftbegabtheit, Wahlfreiheit oder Selbstbestimmung und der diese tangierenden Haltung und Handlung
  • Verhältnisse des Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen

Zusammenfassung

Insgesamt kann festgestellt werden, dass mit dem Terminus „Verhältnis“ in der Philosophie eine sehr große Anzahl unterschiedlicher Beziehungen zwischen zwei oder auch mehreren Objekten bezeichnet werden. Eine Spezifizierung des betreffenden Verhältnisses durch Adjektivattribute, wie etwa komplementär oder dialektisch, findet sehr selten statt. Damit ist der Informationsgehalt der Verwendung des Terminus „Verhältnis“ oft geringer als bei Verwendung des Terminus „Beziehung“.

Die Termini Beziehung und Verhältnis werden häufig synonym verwendet. Es lassen sich aber folgende Unterschiede angeben, ohne dass diese scharf voneinander abgegrenzt werden können:

  • Das Wort „Verhältnis“ hat in Alltagssprache eine größere Anzahl unterschiedlicher Bedeutungen als das Wort „Beziehung“.
  • Das Wort Verhältnis hat einen eher statischen Charakter. Dies kommt insbesondere in seiner Bedeutung als Zustand oder Gegebenheit sowie in der Bedeutung als Zahlen- oder Größenverhältnis zum Ausdruck. Mit dem Wort „Verhältnis“ wird eine Feststellung intendiert, die die Frage nach den Ursachen und Zusammenhängen verdecken kann.
  • Das Wort Beziehung ist inhaltsreicher und vielgestaltiger als das Wortverhältnis. Zu Beziehungen gehören auch Unterschiede, Gegensätze, Einflüsse, Wirkungen, Abhängigkeiten oder Zusammenhänge.
  • Das Wort Beziehung hat in Bezug auf die intendierten Abhängigkeiten und Zusammenhänge einen eher dynamischen Charakter.

Der Terminus „Beziehung“ kann nur als nicht definierbarer Grundbegriff verwendet werden. Zur Explikation des Terminus können als Synonyme „Relation“ und „Bezug“ angegeben werden. Bedeutungen des Terminus „Verhältnis“ können dann mit Bezug auf „Beziehung“ erklärt werden, etwa als persönliche Beziehung zweier Menschen und als Beziehung, bei der zwei Dinge oder zwei Sachverhalte miteinander verglichen werden. Daneben hat der Terminus „Verhältnis“ noch zwei eigenständige Bedeutungen, die sich nicht auf den Terminus „Beziehung“ reduzieren lassen: die Beschreibung von Zuständen und Gegebenheiten (nur im Plural) und als Quotient von Zahlen oder Größen.

Beide Wörter sind als philosophische Termini geeignet. In den Fällen, in denen die verwendete Bedeutung von „Verhältnis“ auf „Beziehung“ zurückgeführt werden kann, sollte der Terminus „Beziehung“ verwendet werden, da er inhaltsreicher ist und das Wort „Verhältnis“ in Alltagssprache mehrere unterschiedliche Bedeutungen hat.

Die Wörter Wechselbeziehung und Wechselverhältnis sind zum einen aufgrund ihrer sehr geringen Frequenz in der Alltagssprache und der philosophischen Literatur als Termini nicht geeignet. Gegen ihre Verwendung spricht weiterhin, dass damit eine Einschränkung auf eine Beziehung zwischen zwei Objekten verbunden wäre.  Der Wortbestandteil „Wechsel“ hat zudem einen redundanten Charakter hat. Eine Beziehung als Relation zwischen zwei Objekten kann immer aus Sicht von jedem der beiden Objekte charakterisiert werden. Die intendierte Bedeutung von „Wechselbeziehung“ als einer speziellen Beziehung kann auch durch ein entsprechendes Adjektiv wie etwa „dialektisch“ zum Ausdruck gebracht werden.

Literaturverzeichnis

Prechtl, Peter; Burkard, Franz-Peter (Hg.) (2008): Metzler Lexikon Philosophie. Begriffe und Definitionen. 3., erw. und aktualisierte Aufl. Stuttgart: Metzler. Online verfügbar unter https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/.

Ritter, Joachim; Gründer, Karlfried; Gabriel, Gottfried (Hg.) (2007): Historisches Wörterbuch der Philosophie. 13 Bände ; 1971 – 2007. Basel: Schwabe.

Sandkühler, Hans Jörg; Borchers, Dagmar; Regenbogen, Arnim; Schürmann, Volker; Stekeler-Weithofer, Pirmin (Hg.) (2010): Enzyklopädie Philosophie. In drei Bänden mit einer CD-ROM. Hamburg: Meiner.

Kontaktformular

Ich freue mich über kritische Hinweise!