Güstrow, 12.08.2022

Bespiele zur Verwendung des entäußerten Mentalen

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Inhalt

Vorbemerkungen. 2

1       Bezeichnungen, die vor allem im mentalen Sinne verwendet werden.

1.1         Mentale Zustände eines Menschen

1.1.1          Gedanke

1.1.2          Verstand/Vernunft

1.1.3          Bedürfnisse

1.1.4          Motiv

1.1.5          Fähigkeiten

1.1.6          Gefühle

1.2         Mentale Vorgänge beim Menschen

1.2.1          Denkvorgänge

1.2.2          Lernen

2       Bezeichnungen, die sowohl im mentalen als auch im nichtmentalen Sinne als entäußertes Mentales verwendet werden

2.1         Wort, Terminus, Begriff

2.2         Wissen, Kenntnisse

2.3         Weitere Beispiele

3       Bezeichnungen, die vor allem im Sinne des entäußerten Mentalen verwendet werden

3.1         Zustände

3.1.1          Organische und nichtorganische reale Objekte

3.1.2          Mathematische Objekte

3.1.3          Eigenschaften

3.2         Vorgänge

3.2.1          Äußere Tätigkeiten

3.2.2          Verhalten

4       Literaturverzeichnis

Vorbemerkungen

In Ergänzung zum Text „Das entäußerte Mentale“ werden zahlreiche Beispiele in Bezug auf ihre Verwendung im mentalen oder im Sinne als entäußertes Mentales analysiert.

Als Bezeichnung für alles was existiert, wird das Wort „Existierendes“ verwendet (vgl. den Text „Analyse zu den Termini Existierendes, Entität, Sein und Seiendes“). Die Formen des Existierenden sind Mentales und Nichtmentales (vgl. den Text „Analyse der Termini Gedankliches, Mentales, Kognitives, Psychisches, Geistiges und Ideelles“). Im Bereich des Nichtmentalen wird unterschieden zwischen dem entäußerten Mentalen und dem nichtentäußerten Nichtmentalen. Ein beliebiges Element des Existierenden wird als Objekt bezeichnet (vgl. den Text „Analyse zu den Termini Ding, Sache, Gegenstand und Objekt“). Objekte können also mentale oder nichtmentale Zustände oder Vorgänge sein.

Es werden folgende Gruppen von Beispielen diskutiert:

  • Bezeichnungen, die vor allem im mentalen Sinne verwendet werden
  • Bezeichnungen, die sowohl im mentalen als auch im Sinne des entäußerten Mentalen verwendet werden
  • Bezeichnungen, die vor allem im Sinne des entäußerten Mentalen verwendet werden

In den Erörterungen werden nur einige Momente der Verwendung und des Inhalts der Bezeichnungen angesprochen. Hauptanliegen dieses Textes ist es, Bedeutung und Möglichkeiten der Unterscheidung von Mentalen und entäußertem Mentalen zu verdeutlichen.

Es werden teilweise alltagssprachliche Formulierungen und Formulierungen aus wissenschaftlichen Arbeiten angegeben, in denen die Bezeichnungen in dem jeweiligen Sinn verwendet werden. Quelle für die alltagssprachlichen Formulierungen ist das DWDS (www.dwds.de).

1         Bezeichnungen, die vor allem im mentalen Sinne verwendet werden

Dazu gehören alle Bezeichnungen, die sich auf mentale Zustände oder mentale Vorgänge in einem Menschen beziehen.  Das Bezeichnete ist immer an eine Person gebunden, es hat immer einen individuellen Charakter.

Es wird auf auch Formen und Bezeichnungen der Entäußerung der Objekte eingegangen. Bei der Entäußerung des Mentalen erfolgen in der Regel Zusätze zur Bezeichnung. Auch aus dem Kontext kann hervorgehen, dass es sich um Entäußerungen eines mentalen Objekts handelt sodass es in der Regel nicht notwendig ist, den Zusatz „im entäußerten Sinne (i.e.S.)“  zu verwenden.

Es werden auch Bezeichnungen für mentale Zustände und Vorgänge einbezogen, die eng mit physiologischen Vorgängen, insbesondere mit dem somatischen Nervensystem verbunden sind.

Bei den Beispielen geht es nicht um eine Diskussion des Inhalts der jeweiligen Bezeichnungen, sondern um ihre Verwendung in Bezug auf die mentalen Objekte. Bei den Bezeichnungen handelt es sich um Begriffe, die Elemente von Theorien sind und bei denen die Verwendung im mentalen und im entäußerten Sinne unterschieden werden muss. So bedeutet „Verstand i.m.S.“ die Vorstellungen und Kenntnisse eines Menschen zum Begriff „Verstand“ und „Verstand i.e.S.“ sind die intersubjektiven Auffassungen in wissenschaftlichen Publikationen. In den angeführten Zitaten aus wissenschaftlichen Publikationen werden Explikationen dieser Begriffe angegeben, aus denen hervorgeht, welche mentalen Objekte zum Inhalt des Begriffs gehören.

1.1        Mentale Zustände eines Menschen

1.1.1        Gedanke

Formulierungen

  • Alltagssprache: ein kluger; ein Gedanke kommt jemandem; seinen Gedanken nachgehen;
  • Wissenschaften: „Gedanke bezeichnet sowohl den Inhalt als auch das Ergebnis eines Denkvorgangs, also des Denkens (Ritter et al. 2007, Bd. 3, S. 53). „Fasst man einen Gedanken als Inhalt des Denkens auf, dann begreift man ihn entweder als internen Bestandteil, als dasjenige, was das Denken sozusagen »erfüllt«, mithin als relativ selbständigen Teil des Denkens, ohne den das Denken »leer« wäre. Als selbständig wird der Gedanke auch insofern betrachtet, als man ihn beim »Fassen« nicht schafft, sondern zu ihm, als vorherbestehendem, in Beziehung tritt. Man begreift einen Gedanken aber auch als denkabhängig, d. h. dass er nur im Denken des Wesens, das den Gedanken denkt, als … als Denkkorrelat vorkommt und betont damit seine Unselbständigkeit“ (Prechtl und Burkard 2008, S. 196).

Bezeichnungen und Formen der Entäußerung

Man kann seine Gedanken äußern, in Worte kleiden, zu Papier bringen oder zur Diskussion stellen. Seine Gedanken zum Frühling kann ein Schriftsteller in einem Roman, ein Maler in einem Bild und ein Komponist in einem Musikstück zum Ausdruck bringen.

1.1.2        Verstand/Vernunft

Formulierungen

  • Alltagssprache: Er verfügt über einen klaren, kühlen, gesunden Endlich hatte er wieder Vernunft angenommen.
  • Psychologie: „Der erlebte Unterschied (und manchmal Konflikt) zwischen Kognition und Emotion, zwischen Verstand und Gefühl, reflektiert nach MacLean also nichts weniger als die gleichzeitige Aktivität von zwei verschiedenen ‚Gehirnen im Gehirn‘“ (Kiesel und Spada 2018, S. 478).
  • Philosophie: „Zwar kann heute ein philosophischer Wortgebrauch als dominant betrachtet werden, der in der Vernunft das höchste Erkenntnisvermögen und im Verstand ein ihm untergeordnetes Moment oder Instrument erblickt: Während mit ›Vernunft‹ das bezeichnet wird, was an Prinzipien der Verstandestätigkeit, der sinnlichen Wahrnehmung und dem Handeln vorausliegt, bedeutet ›Verstand‹ die Erkenntnistätigkeit regelgeleiteter Verknüpfung von Elementen zu Zusammenhängen“ (Sandkühler et al. 2010, S. 2894).

Bezeichnungen und Formen der Entäußerung

Vernunft und Verstand sind den Menschen als Anlage angeboren. Die Möglichkeiten ihrer Entfaltung werden durch andere Anlagen wie die Verlaufsqualitäten des Denkens bedingt. Vernunft und Verstand entwickeln sich in der Ontogenese durch das Sammeln von Erfahrungen und Erlebnissen, das Verinnerlichen von Kenntnissen und Vorstellungen, das Training von logischen und Problemlösefähigkeiten und andere Faktoren.

Die Ausprägung von Vernunft und Verstand eines Menschen äußert sich in seinem Verhalten, insbesondere in Entscheidungssituationen im Treffen vernünftiger und angemessener Entscheidungen.

1.1.3        Bedürfnisse

Formulierungen

  • Alltagssprache: Er hatte das Bedürfnis nach Ruhe[1].
  • Psychologie: „Jedes Bedürfnis stellt einen Zustand der Abhängigkeit der Persönlichkeit von ihren Existenzbedingungen dar, und eben diese Abhängigkeit zwingt den Menschen zu handeln und dadurch seine Bedürfnisse zu befriedigen“ (Kossakowski et al. 1988, S. 138). „Nach Maslow verfügen wir alle über eine in Ebenen gegliederte Hierarchie angebo ich rener und durch Werte der Umwelt beeinflussbarer Bedürfnisse, die bei ständiger Frustration auch zu pathologischen Formen führen kann“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 522). „Primäre Verstärker befriedigen physiologische Bedürfnisse, wie etwa Hunger und Durst“ (Kiesel und Spada 2018, S. 349).

Bezeichnungen und Formen der Entäußerung

Die Grundbedürfnisse eines Menschen sind angeboren. Andere, wie kulturelle Bedürfnisse, entwickeln sich in der Ontogenese im Ergebnis entsprechender Erlebnisse.

Bedürfnisse äußern sich im Verlangen und in entsprechenden Handlungen eines Menschen zu ihrer Befriedigung. Bedürfnisse können verbal geäußert („Ich habe Hunger.“ „Ich möchte schlafen.“) oder auch durch Mimik und Gestik zum Ausdruck gebracht werden. Nach seiner Befriedigung erlöscht ein Bedürfnis, es entsteht aber nach einer gewissen Zeit erneut, teilweise auf höherem Niveau.

Bedürfnisse kann man auch verrichten.

1.1.4        Motiv

Formulierungen

  • Alltagssprache: aus persönlichen, eigennützigen, politischen, sittlichen, niedrigen Motiven (heraus) handeln[2]
  • Psychologie: „Eigenschaft von Personen, auf Ziele einer bestimmten Thematik (etwa Anschluss, Macht oder Leistung) emotional anzusprechen“ (Müsseler und Rieger 2017, S. 245). „Motiv etwas, das den Organismus zu einer Handlung anreizt oder das der Handlung eine beständige Richtung gibt, wenn der Organismus einmal in Tätigkeit ist. (Atkinson et al., 1993)“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 577)

Bezeichnungen und Formen der Entäußerung

Ein Motiv ist ein aktueller Antrieb für eine Handlung. Motive entstehen aus habituellen Eigenschaften (Streben nach Erkenntnis, Selbstverwirklichung) oder durch äußere Zwänge (Leistungsmotiv). Motive werden selten verbal geäußert („Ich will das wissen“.), Sondern zeigen sich in der Art der Ausführung von Handlungen. Dabei wird selten deutlich, welche Motive den hauptsächlichen Antrieb darstellen.

1.1.5        Fähigkeiten

Formulierungen

  • Alltagssprache: Er hat die Fähigkeit zur Abstraktion.
  • Psychologie: „Fähigkeiten sind relativ verfestigte und verallgemeinerte, für die Persönlichkeit spezifische Bestandteile und Besonderheiten des Verlaufs der psychischen Prozesse, die den Menschen für eine bestimmte, historisch ausgebildete Art menschliche Tätigkeit mehr oder weniger geeignet machen“ (Kossakowski et al. 1988, S. 142).

Bezeichnungen und Formen der Entäußerung

Fähigkeiten sind mentale Zustände und Verlaufseigenschaften von Vorgängen, deren genaue Beschreibung sich schwer in Worte fassen lässt. Sie können deshalb kaum verbal geäußert werden. Sie zeigen sich in besonderen Denkleistungen (geistige Fähigkeiten), in der Art des sprachlichen Ausdrucksvermögens (sprachliche Fähigkeiten), in der Qualität künstlerischer Produkte (künstlerische Fähigkeiten) oder sportlichen Leistungen (sportliche Fähigkeiten).

1.1.6        Gefühle

Formulierungen

  • Alltagssprache: das Gefühl für glatt und rau, fein und grob; ein starkes, tiefes, gutes, beglückendes Gefühl der Geborgenheit
  • Psychologie: „Gefühlseigenschaften sind verfestigte spezifische Widerspiegelung der Beziehung der Gesamtpersönlichkeit zu anderen Personen, zu Objekten und Vorgängen der Umwelt, besonders auch zu gesellschaftlichen Anschauungen, zum eigenen Handeln und zur eigenen Person in unmittelbarer erlebnismäßiger Form“ (Kossakowski et al. 1988, S. 146). „Emotion: Ein komplexes Muster von Veränderungen; es umfasst physiologische Erregung, Gefühle, kognitive Prozesse (Bewertungen) und Verhaltensreaktionen auf eine Situation, die als persönlich bedeutsam wahrgenommen wurde“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 572).

Bezeichnungen und Formen der Entäußerung

Gefühle kann man verbal äußern oder durch bestimmte Handlungen zum Ausdruck bringen. Gefühle können bei einem Menschen ausbrechen, mit ihm durchgehen, ihn überwältigen. Über die eigenen Gefühle kann man sprechen oder sie schriftlich äußern.

1.2        Mentale Vorgänge beim Menschen

1.2.1        Denkvorgänge

Der allgemeinste mentale Vorgang ist das Denken. Zu den speziellen Denkvorgängen gehören: Abstrahieren, Verallgemeinern, Vergleichen, Unterscheiden, Spezialisieren, Erinnern, u. a.

Viele mentale Vorgänge hängen eng mit physiologischen Vorgängen im somatischen Nervensystem zusammen, z. B. Wahrnehmen, Empfinden, Fühlen u. a.

Diese Vorgänge laufen im Innern eines Menschen ab und können nicht direkt entäußert werden. Dies ist nur möglich für die Ergebnisse der Vorgänge, also die Gedanken, Überlegungen, Erinnerungen, Abstraktionen oder Wahrnehmungen. Einige Denkvorgänge, wie abstrahieren und verallgemeinern, gehören zu den Methoden der Erkenntnisgewinnung, die auch in entäußerter Form dargestellt werden.

1.2.2        Lernen

Lernen ist ein individueller mentaler Vorgang, bei dem mentale Zustände wie Kenntnisse, Vorstellungen, Fertigkeiten u. a. bei einem Menschen verändert werden sollen. Diese mentalen Vorgänge können nicht beobachtet oder direkt entäußert werden. Von außen feststellbar sind nur entäußerten Ergebnisse der Vorgänge, die Lernresultate. Dies kommt in der folgenden Begriffserklärung zum Ausdruck: „Lernen (learning) Relativ permanente Veränderung des Verhaltens als Folge von vorausgehender Erfahrung (Atkinson et al. 2000; Myers 2008). Genauer: Änderung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter Verhaltensweisen in bestimmten Reizsituationen (oder des Verhaltenspotenzials), wobei es sich um eine direkte Folge früherer Begegnungen mit dieser oder einer ähnlichen Reizsituation handelt (vgl. Angermeier 1972)“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 576)

Lernen ist eng mit Denkvorgängen verbunden. Es müssen zum Beispiel neue Inhalte in die vorhandenen semantischen Netze integriert werden. Dazu sind u. a. ein Vergleichen, Unterscheiden und Systematisieren erforderlich.

Lernen wird in der Theorie und in der Unterrichtspraxis oft auf die äußeren Lerntätigkeiten beschränkt (vgl. 3.2.1). Die Organisierung von Lerngelegenheiten wie dem Lösen von Aufgaben oder dem Durchführen von Projekten sowie eine abwechslungsreiche methodische Gestaltung sind zwar notwendige oder zumindest förderliche Bedingungen für mentale Lernvorgänge, aber letztlich nicht das Ziel des Unterrichts, die weitere Entwicklung von mentalen Zuständen. Die Aufgaben müssen entsprechend dieser Zielstellung bewusst ausgewählt und die methodische Gestaltung muss sich dem Ziel unterordnen.

2         Bezeichnungen, die sowohl im mentalen als auch im nichtmentalen Sinne als entäußertes Mentales verwendet werden

In diesen Fällen geht es um mentale Zustände und Vorgänge, bei denen die gleiche Bezeichnung für das Mentale und das entäußerte Mentale verwendet werden. Wenn aus dem Kontext nicht oder nicht eindeutig hervorgeht, um welchen Bereich des Existierenden es geht, kann es insbesondere bei wissenschaftlichen Publikationen zu erheblichen Verständnisschwierigkeiten und weiteren Problemen kommen, auf die bei den Beispielen nur kurz eingegangen werden kann. Mit dem empfohlenen Zusatz zu den jeweiligen Bezeichnungen „im mentalen Sinne (i.m.S.)“ bzw. „immerhin äußerten Sinne (i.e.S.)“ können diese Probleme vermieden werden.

2.1        Wort, Terminus, Begriff

Für alle existierenden mentalen und nichtmentalen Objekte haben die Menschen in jeder Sprache eine Bezeichnung gebildet. Diese Bezeichnungen werden Wort, Terminus oder Begriff genannt, auf die unterschiedlichen Bedeutungen dieser drei Bezeichnungen wird im Folgenden noch eingegangen. Die drei Bezeichnungen können jeweils im mentalen und im entäußerten Sinn verwendet werden, unabhängig davon, ob die bezeichneten Objekte mentale (z.B. Verstand) oder nichtmentale (z.B. Haus) sind. Im Folgenden wird diese unterschiedliche Verwendung durch die entsprechenden Zusätze kenntlich gemacht.

  1. Wort, Terminus und Begriff im mentalen Sinne (i.m.S.)

Ein Wort i.m.S. ist ein mentales Objekt, das im Gedächtnis gespeichert ist. Als Modell zur Art der Speicherung wird in der Psychologie und Linguistik der Terminus mentales Lexikon verwendet, in dem alle verfügbaren Informationen über die Wörter unserer Sprache gespeichert sind. Informationen über die Phonologie, die Morphologie, die Syntax sowie die Orthographie ist ebenfalls im Langzeitgedächtnis gespeichert, aber nach den Modellvorstellungen nicht im mentalen Lexikon (s. z. B. Becker-Carus und Wendt 2017, S. 428). Jedes Wort im mentalen Lexikon ist mit Bedeutungen verknüpft, die im Langzeitgedächtnis gespeichert sind. Als Modellvorstellung für die Verknüpfungen kann ein semantisches Netz verwendet werden (Klix und Spada 1998).

Ein Terminus i.m.S. ist ein Wort i.m.S., das als Fachbegriff in einer Fachdisziplin eine besondere Bedeutung hat, Der Terminus i.m.S. enthält die formalen Momente des Begriffs i.m.S. mit demselben Wort. Das semantische Netz zum Terminus i.m.S. (als Gesamtheit der Gedanken zu dem Terminus) ist also ein Teil des semantischen Netzes zum zugeordneten Begriff i.m.S. Umgekehrt gibt es nicht zu jedem Begriff i.m.S. auch einen Terminus i.m.S., da bei vielen Begriffen i.m.S., insbesondere im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich nicht möglich ist, formale Momente zu isolieren, die eine eindeutige Erklärung bzw. Definition des entsprechenden Terminus erlauben.

Ein Begriff i.m.S. ist ein Wort i.m.S., das mit einem komplexen semantischen Netz verbunden ist. Ob ein Wort i.m.S. als Begriff i.m.S. angesehen werden kann, ist oft nicht entscheidbar und zudem von den konkreten mentalen Zuständen des Subjektes abhängig. Für die betreffende Person ist diese Frage aus ihrer subjektiven Sicht von geringer Relevanz.

Generell sind Wörter, Termini und Begriffe i.m.S. subjektive Kategorien. Sie existieren nur im Kopf eines Menschen. Erst durch ihre Entäußerung ist eine Kommunikation mit anderen Personen möglich.

Die Wörter, Termini und Begriffe i.m.S. entstehen in der Ontogenese im Ergebnis von Lernvorgängen, die im Säuglingsalter beginnen. Dabei kommt es zu stufenweisen Veränderungen, Anreicherungen und Erweiterungen der Bezeichnungen und ihrer semantischen Netze.   

Formulierungen:

Alltagssprache: in neuen Begriffen denken; das gibt einen ungefähren Begriff davon;

Wissenschaften: Christian Wolff (1679-1754) versteht unter Begriff «jede Vorstellung einer Sache in unseren Gedanken». (zitiert nach Ritter et al. 2007, Bd. 1, S. 783).

  1. Wort, Terminus und Begriff im entäußerten Sinne (i.e.S.)

Ein Wort i.e.S. ist zum einen ein von einem Menschen ausgesprochenes oder aufgeschriebenes Wort, meist als Bestandteil eines Satzes. Dabei wird in der Regel nur die Bezeichnung entäußert, viele Bestandteile des semantischen Netzes des Wortes bei dem Menschen bleiben ungenannt. Wenn bei einer Kommunikation von einem Teilnehmer z. B. das Wort „Verstand“ verwendet wird, kann es zu Verständigungsproblemen kommen, wenn bei anderen Teilnehmern an der Kommunikation Unterschiede von „Verstand i.m.S.“ bestehen, sie also andere Auffassungen und Vorstellung von „Verstand“ haben.

Ein Terminus i.e.S. ist ein Wort i.e.S., dessen Bedeutung von dem Menschen durch eine Erklärung oder Definition angegeben werden kann. In der Erklärung bzw. Definition sind nicht alle Momente der Bedeutung i.m.S. enthalten. Diese sind erst Bestandteil der Explikation eines Begriffs i.e.S. Eine Explikation eines Begriffs i.e.S., die durch einen Menschen vorgenommen wird, ist eine mündliche oder schriftliche Beschreibung aller Bestandteile des semantischen Netzes zu dem Begriff, also des Begriffs i.m.S. im Kopf des betreffenden Menschen.

Von einem Menschen geäußerte Wörter, Termini und Begriffe haben einen subjektiven Charakter und verändern sich in der Ontogenese.

Die Entäußerung von Wörtern, Termine und Begriffen in mündlicher oder schriftlicher Form ermöglicht eine Kommunikation zwischen Menschen. Ein Mensch hört oder liest die entäußerten Gedanken eines anderen und kann sie mit seinen eigenen Gedanken zu den betreffenden Begriffen in Beziehung setzen. Dadurch kann es zu einer Korrektur oder Erweiterung des eigenen semantischen Netzes also des Begriffs i.m.S. kommen. Diese können dann wieder zu einer mündlichen oder schriftlichen Entäußerung führen, die andere Menschen zur Veränderung ihres eigenen Gedankensystems veranlassen. Im Ergebnis dieser intersubjektiven Kommunikationsprozesse bildet sich sukzessive eine intersubjektive Übereinstimmung der Wörter, Termini und Begriffe i.m.S. heraus, die dann auch zu einer intersubjektiven Übereinstimmung der Wörter, Termini und Begriffe i.e.S. und zu entsprechenden Publikationen führt.

Diese intersubjektive Übereinstimmung von Wörtern, Termini und Begriffen i.e.S. erfasst oft, insbesondere in den Geisteswissenschaften, in der Regel nur einen bestimmten Personenkreis.

Formulierungen:

Alltagssprache: ein einsilbiges, langes, zusammengesetztes, mehrdeutiges, umgangssprachliches, fachsprachliches, fremdes, unbekanntes, Wort; ein ästhetischer, philosophischer Begriff;

Wissenschaften: „Ein Wort ist jede Folge von Buchstaben, die von Leerzeichen umgeben ist, aber selbst kein Leerzeichen enthält“ (Meibauer et al. 2015, S. 17).

Begriffe sind demnach Satzfunktionen, «deren Wert stets ein Wahrheitswert ist». Auch hier zeigt sich die Tendenz, die sich heute weitgehend durchgesetzt hat, Begriffe qua Bedeutungen als Regeln der Verwendung und Anwendung von sprachlichen Zeichen zu explizieren und damit ihre Abhängigkeit vom Kontext eines sprachlichen Systems, einer Theorie usw. zu berücksichtigen“ (Ritter et al. 2007, Bd. 1, S. 784).

2.2        Wissen, Kenntnisse

Die Bezeichnungen Wissen und Kenntnisse sind auf einen realen Sachverhalt bzw. Gegenstandsbereich bezogen, es geht also immer um Wissen bzw. Kenntnisse zu, von oder über etwas. So umfasst z. B. das mathematische Wissen bzw. die mathematischen Kenntnisse einer Person alle ihre verinnerlichten mathematischen Wörter, Termini und Begriffe i.m.S. sowie weitere mathematische Objekte, also alle ihre Gedanken und Vorstellungen zur Mathematik. Dieses Wissen i.m.S. wird in der Mehrzahl im Mathematikunterricht erworben und in der weiteren Ausbildung vertieft und erweitert.

  1. Wissen und Kenntnisse i.m.S.

Wissen bzw. Kenntnisse i.m.S. sind eine Gesamtheit von Wörtern Termini und Begriffen i.m.S., also subjektive Kategorien. Ihre Speicherung erfolgt im mentalen Lexikon sowie im semantischen Gedächtnis.

Wissen bzw. Kenntnisse i.m.S. haben einen unterschiedlichen Grad der Bewusstheit, d. h. der Verfügbarkeit für den betreffenden Menschen. Man kann unterscheiden zwischen dem Wissen i.m.S., das

  • unmittelbar verfügbar ist,
  • erst nach einer eigenen oder von außen begleiteter Reaktivierung verfügbar ist
  • nur im Unterbewusstsein vorhanden, also nicht bewusst verfügbar ist oder verfügbar gemacht werden kann.

Das unbewusste Wissen i.m.S. kann unbewusste Prozesse beeinflussen, die darauf zurückgreifen können. Es kann in Einzelfällen durch bestimmte psychische Verfahren (Hypnose) verfügbar gemacht werden.

Formulierungen:

Alltagssprache: Er hat ein beachtliches, grundlegendes, umfassendes, vielseitiges Wissen auf seinem Fachgebiet.

Wissenschaften: „Eine weitere Schwäche unseres gesunden Menschenverstands liegt in unserer nicht bewussten Neigung, unser eigenes Wissen als zuverlässiger und sicherer (richtiger) zu beurteilen, als es tatsächlich ist“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 14). „Semantisches Wissen ist in semantischen oder propositionalen Netzwerken repräsentiert“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 377). „Kenntnisse sind individuelle Abbilder von Dingen, Eigenschaften, Vorgänge und Relationen der objektiven Realität …“ (Kossakowski et al. 1988, S. 136)
„Die diesen Strategien zu Grunde liegende Idee ist, dass man schon vorhandene Kenntnisse als Anker und Kontexte für neue Kenntnisse nutzt (Gebrauch einer bereits vorhandenen Struktur)“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 402).

  1. Wissen und Kenntnisse i.e.S.

Analog zu Begriffen i.e.S. kann man auch bei Wissen und Kenntnissen i.e.S. unterscheiden zwischen dem entäußerten Wissen einer Person und dem intersubjektiven Wissen i.e.S., das in Vorträgen, Vorlesungen oder Lehrbüchern und anderen Publikationen präsentiert wird. Auch intersubjektives Wissen und Kenntnisse i.e.S. beziehen sich häufig nur auf einen bestimmten Personenkreis.

Formulierungen:

Alltagssprache: unser gesichertes, exaktes Wissen vom Aufbau der Elemente; sich Wissen aneignen; die Vermittlung wissenschaftlicher Kenntnisse

Wissenschaften: „Den Techniken zum Lernen und Behalten von Information schenkten bereits die alten Griechen viel Beachtung. Das Wissen über diese Gedächtniskunst war ein wesentlicher Bestandteil der Kenntnisse der damaligen Redner“ (Becker-Carus und Wendt 2017, S. 399). „Wissen, bezeichnet einen Erkenntniszustand allgemeiner intersubjektiv-vermittelbarer Sicherheit bzgl. der Kenntnis einzelner Gegenstände oder prozessualer Vorgänge. Wissen wird abgegrenzt von Erfahrung, Erkenntnis, Gewissheit, Empfinden, Meinen und Glauben. Die in der Wissenschaft zusammengefassten Kenntnisse sind nach Aristoteles Wissen.“ (Prechtl und Burkard 2008, S. 683)

2.3        Weitere Beispiele

Er werden für weitere exemplarische Beispiele von Bezeichnungen ihre Bedeutung im mentalen Sinne sowie im entäußerten Sinne kurz dargestellt. Auf die Angabe von Formulierung aus der Alltagssprache wird verzichtet.

Abstraktion:

Im mentalen Sinne ist eine Abstraktion das Ergebnis des Vorgangs des Abstrahierens bei einem Menschen. Dabei wird in eine Anzahl von Objekten in Bezug auf ihre wesentlichen und unwesentlichen Merkmale untersucht. Die Abstraktion i.m.S. ist ein System von individuellen Gedanken, mit dem das Allgemeine der betreffenden Objekte aus Sicht des Menschen erfasst wird.

Abstraktion und Abstrahieren im entäußerten Sinne ist ein allgemeines Verfahren der Erkenntnisgewinnung, mit dem Ziel „entweder eine spezifische Eigenschaft an einem einzelnen Gegenstand herauszustellen (isolierende Abstraktion), oder das Gemeinsame einer Menge von Gegenständen festzulegen, um zu Allgemein- und Gattungsbegriffen und den damit bezeichneten Gegenstandsbereichen zu gelangen. Im Hinblick auf den Stellenwert der Abstraktion für die Begriffsbildung wird zwischen einem hypothetischen und einem konstitutiven Charakter der generalisierenden Abstraktion unterschieden“ (Prechtl und Burkard 2008, S. 6).

Problem:

Im mentalen Sinne, ist ein Problem für einen Menschen eine innere Fragestellung, die der betreffende Mensch nicht unmittelbar beantworten kann. Er wird durch das Konflikterleben angeregt, nach einer Antwort auf die Fragestellung zu suchen. Die Suche kann im Gedächtnis oder auch in externen Speichern wie dem Internet erfolgen. Wenn die Suche nicht unmittelbar zum Erfolg führt, müssen Fähigkeiten des Menschen zum Lösen von Problemen eingesetzt werden, um dadurch im Innern zu einer möglichen Lösung des Problems zu gelangen.

Wenn ein Problem i.m.S. in bestimmter Weise geäußert oder dargelegt wird, ist es ein Problem i.e.S. Dieser Vorgang betrifft Aufgabenentwickler, wie zum Beispiel Lehrer.

Ein Problem i.e.S. ist eine Frage oder Aufgabenstellung, die von einer Person geäußert oder schriftlich fixiert wird. Das Problem i.e.S. wird durch Verinnerlichung einer Person zu einem Problem i.m.S. In der Heuristik spricht man vom Erfassen des Problems.

Ein Problem im mentalen Sinne kann also auf verschiedene Weisen entstehen. Es kann sich bei Überlegungen der Person zu einem bestimmten Fragenkreis in ihrem Innern ergeben. Es kann auch durch Verinnerlichung einer äußeren Problemstellung erwachsen, wie es etwa in Unterrichtsprozessen der Fall ist.

Neben der bisherigen Bedeutung des Begriffs „Problem“ als innere oder äußere Problemstellung ist der Begriff Problem aber auch für sich von Bedeutung als Bestandteil von Theorien wie der Heuristik. Diese Theorien können im mentalen Sinne Gegenstand von Überlegungen einer Person sein, im entäußerten Sinne sind sie mündliche oder schriftliche Darstellungen intersubjektiver Auffassungen.

Eine dabei oft diskutierte Frage ist der subjektive Charakter eines Problems und der Zusammenhang mit dem Begriff Aufgabe. In vielen Publikationen werden Aufgabe und Problem als Nebenbegriffe angesehen, wie es etwa Dietrich Dörner formuliert: „Aufgaben erfordern nur reproduktives Denken, beim Problemlösen muss etwas Neues geschaffen werden“ (Dörner 2010, S. 10). Dies entspricht der alltagssprachlichen Bedeutung des Problembegriffs, ein Problem ist etwas besonders Anspruchsvolles und eine Aufgabe ist leicht zu bewältigen. Damit erhalten die Begriffe Aufgabe und Problem einen absoluten Charakter, d. h. man kann von einer Anforderung entscheiden, ob es eine Aufgabe oder ein Problem ist. Diese Auffassung ist für Unterrichtsprozesse wenig geeignet, dieselbe Anforderung kann für einige Schüler leicht zu bewältigenden sein und anderen erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Es ist deshalb sinnvoller von einem Problem immer nur im Hinblick auf den Bearbeiter dieses Problems zu sprechen (vgl. Sill 2019, S. 49). Der Begriff „Problem“ hat in dieser Auffassung einen subjektiven Charakter. Dies drückt auch das folgende Zitat aus: „Insofern tauchen Probleme nur auf, weil jemand bestimmte Erwartungen nicht erfüllt sieht. Andere können das ganz anders sehen. Problemen kommt deshalb keine ontologische Qualität mehr zu. Was ein Problem jeweils ist, hängt vom jeweiligen Beobachter ab“ (Prechtl und Burkard 2008, S. 483).

Der subjektive Charakter eines Begriffs kann sich also im Allgemeinen zum einen auf den Begriff i.m.S. als auch auf ein Moment des Begriffs i.e.S. im Rahmen einer Theorie beziehen. Ein Begriff im mentalen Sinne hat immer einen subjektiven Charakter, da er sich auf einen bestimmten Menschen bezieht. Umgekehrt ist der subjektive Charakter eines Begriffs nicht an seine mentale Repräsentation gebunden.

Umweltbewusstsein:

Im mentalen Sinne bezeichnet Umweltbewusstsein die Vorstellungen, Überzeugungen und Motive für entsprechende Verhaltensweisen eines konkreten Menschen in Bezug auf die Umwelt. Das Umweltbewusstsein eines Menschen zeigt sich in seinen Äußerungen und seinem Verhalten zu Umweltproblemen.

Umweltbewusstsein im entäußerten Sinne ist eine Gesamtheit von entäußerten Vorstellungen Überzeugungen und Handlungsmotiven in Bezug auf die Umwelt. Es kann verbal oder schriftlich dargestellt werden, ist Ziel der Umwelterziehung in der Schule und kann etwa in folgender Weise erklärt werden: „Einsicht in die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Abhilfe“ (Sachverständigenrat für Umweltfragen 1982, Seite 445) zitiert nach (Belz et al. 2022, S. 22).

Ziel:

Ein Ziel i.m.S. ist ein „mental repräsentierter, wertgeladener zukünftiger Zustand, der Verhalten reguliert und organisiert“ (Müsseler und Rieger 2017, S. 246). Im entäußerten Sinne ist ein Ziel die verbale oder schriftliche Darstellung eines künftigen mentalen Zustandes bzw. des erwarteten Ergebnisses einer gegenständlichen Handlung.

Diese Unterscheidung der Bedeutungen des Wortes „Ziel“ ist insbesondere für Unterrichtsprozesse bedeutsam. Ein Ziel i.e.S. wird von einer Lehrkraft formuliert und muss zu einem Ziel i.m.S. bei den Lernenden werden. Die Formulierung eines Ziels ist noch keine Garantie für seine Verinnerlichung.

Daneben gibt es weitere Bedeutungen des Wortes „Ziel“. Es kann ein angestrebter Punkt, den jmd. mit der Schusswaffe treffen will, ein Ort, den jmd. auf einer Reise erreichen will, oder ein Ort, der bei einem Rennen den Endpunkt bildet.

Auch die folgenden Bezeichnungen für mentale Objekte werden oft im mentalen und im entäußerten Sinne ohne Unterscheidung verwendet: Glauben, Idee, Meinung, Theorie, was zu Problemen in der Konsistenz der Darlegungen führt.

3         Bezeichnungen, die vor allem im Sinne des entäußerten Mentalen verwendet werden

Bei der mündlichen oder schriftlichen Äußerung der Bezeichnungen ist ihre mentale Bedeutung oft nicht präsent. Wenn in einem Gespräch über die Häuser in einer Straße gesprochen wird, so sind den Teilnehmern beim Nennen oder Hören des Wortes „Haus“ ihre mentalen Strukturen zu diesem Objekt meist nicht vollständig präsent. In der Regel wird ein Prototyp des Wortes oder Begriffs realisiert, der wesentliche Merkmale eines Hauses enthält.

3.1        Zustände

3.1.1        Organische und nichtorganische reale Objekte

Bezeichnungen von realen organischen und nichtorganischen Objekten wie Pflanze, Tier, Muskeln, Nervenzelle, Haus, Baum, Stein oder Wasser treten bei ihrer Verwendung in der Alltagssprache meist nur im entäußerten Sinn auf. Eine sprachliche Kennzeichnung oder Unterscheidung der Verwendung der Bezeichnungen durch die Zusätze i.m.S. und i.e.S. ist diesen Fällen nicht erforderlich.

In einigen Fällen ist aber auch ihre Verwendung im mentalen Sinne von Bedeutung.

  • Wenn zum Beispiel ein Architekt ein Haus plant, muss er zunächst gedankliche Vorstellungen entwickeln, bevor er Entwürfe zu Papier bringen kann.
  • Mit einer geeigneten schematischen Darstellung von Objekten, zum Beispiel einer Zelle, kann eine adäquate Vorstellung des realen Objektes im Kopf eines Lernenden oder eines interessierten Menschen ausgebildet werden, sodass bei der Herstellung der Zeichnung die auszubildenden Vorstellungen beachtet werden müssen.

Wenn es um wissenschaftliche Untersuchungen zu den Momenten der Begriffe oder um ihre Aneignung in Lernprozessen geht, wird eine Unterscheidung von mentalem und entäußertem Sinn der Verwendung der Bezeichnungen erforderlich.

3.1.2        Mathematische Objekte

Mathematische Objekte wie „Zahl“, „Funktion“ oder „Würfel“ dienen zur Modellierung quantitativer und räumlicher Beziehungen in der Realität. Die mathematischen Objekte sind aber selbst nicht Bestandteil der Realität, sondern sie sind lediglich gedankliche Objekte. Ein Würfel im mathematischen Sinne existiert nicht in der Realität, sondern nur in Gedanken. Die Eckpunkte, Kanten und Flächen eines mathematischen Würfels haben keine Ausdehnung. Um diese Eigenschaft zum Ausdruck zu bringen, spricht man auch von einem idealen Würfel, der sich aber auch der Vorstellungen entzieht. Man kann mit dem mathematischen Modell „Würfel“ die Form realer Gegenstände beschreiben. Beim Auftreten des Wortes „Würfel“ in entäußerter Form werden diese Gedanken in der Regel nicht aktiviert. Der Prototyp eines Würfels ist ein realer Würfel. Auch für „Zahl“ und „Funktion“ hat ein Mensch Prototypen im Kopf, die beim Nennen der Bezeichnungen aktiviert werden.

Bei Verbindung eines konkreten Begriffs i.e.S. wie „Wahrscheinlichkeit“ mit „Wort“ oder „Begriff“, wie „Wahrscheinlichkeitsbegriff“, handelt es sich um eine Bezeichnung, die wie „Wort“ und „Begriff“ im zweifachen Sinne als Mentales oder entäußertes Mentales verwendet werden muss. Mit „Wahrscheinlichkeitsbegriff“ werden zum einen die individuellen Vorstellungen und Kenntnisse eines Menschen zum Begriff Wahrscheinlichkeit i.e.S. bezeichnet und zum anderen die Momente des Begriffs Wahrscheinlichkeit i.e.S. als Bestandteil der Theorie der Wahrscheinlichkeitsrechnung.

3.1.3        Eigenschaften

Eine Eigenschaft i.e.S. ist „allgemein dasjenige, was Personen, Gegenständen oder auch Begriffen zu eigen ist; eine Beschaffenheit oder ein Merkmal“ (Prechtl und Burkard 2008, S. 126). Bezeichnungen für Eigenschaften gegenständlicher Objekte wie die Größe, das Gewicht, die Beschaffenheit der Oberfläche, die Farbe oder die Art des Materials werden im allgemeinen Sprachgebrauch von einem Menschen ohne weitere Reflexionen über seine Kenntnisse und Vorstellungen zu den jeweiligen Eigenschaften verwendet.

Es können zwei Arten von Eigenschaften unterschieden werden:

  • Eigenschaften, die durch bewusste Tätigkeit von Menschen entstanden sind und
  • Eigenschaften, die von Natur aus gegeben, also ohne die Tätigkeit von Menschen entstanden sind.

Zu den Eigenschaften, die Ergebnis der Tätigkeit des Menschen sind, gehören die vom Menschen gestaltete Form, die durch Menschen versehene Farbe oder die von Menschen erzeugte Beschaffenheit der Oberfläche. Von Natur aus gegeben ist die Art des verwendeten Materials, seine physikalischen und chemischen Eigenschaften oder die von Natur aus vorhandene Farbe des Objektes.

Die erste Gruppe von Eigenschaften sind Entäußerungen der Gedanken und Vorstellungen eines Architekten, Designers, Malers oder andere an der Produktion des Gegenstandes beteiligter Menschen.

Die zweite Gruppe von Eigenschaften existiert ohne Zutun des Menschen. Sie gehört ohne ihre Verwendung in der Sprache zum Nichtmentalen und Nichtentäußerten.

3.2        Vorgänge

3.2.1        Äußere Tätigkeiten

Innere oder auch geistige Tätigkeiten sind mentale Vorgänge wie Überlegen, Analysieren, Abstrahieren, Vergleichen und andere. Äußere Tätigkeiten sind nichtmentale Vorgänge wie Schreiben, Lesen, Reden, Bohren, Malen, Laufen, Essen oder Lachen. Sie sind Entäußerungen mentaler Zustände oder Vorgänge, z. B.:

  • schreiben ist Entäußerung von Gedanken,
  • bohren ist Entäußerung der Fertigkeiten im Umgang mit einer Bohrmaschine und Erkenntnisse zur Bedienung der Maschine,
  • laufen ist Entäußerung automatisch ablaufende physiologischer und somatischer Vorgänge,
  • lachen ist Entäußerung von Gefühlen und somatischen Vorgängen.

Lernen ist eine Einheit von inneren und äußeren Lerntätigkeiten (vgl. 1.2.2). Zu den äußeren Lerntätigkeiten gehören zuhören, lesen, diskutieren, recherchieren oder mit digitalen Lernwerkzeugen arbeiten.

Ein Bezug der äußeren Tätigkeiten zu den entäußerten mentalen Zuständen oder Vorgängen ist in der alltagssprachlichen Kommunikation nicht erforderlich, sodass keine entsprechenden Unterscheidungen erfolgen müssen. Bei wissenschaftlichen Untersuchungen, etwa zum Lernen mit digitalen Medien, ist ein Bezug der äußeren Lerntätigkeiten zu den damit beeinflussten mentalen Zuständen und Vorgängen zwingend erforderlich, ansonsten bleiben die äußeren Tätigkeiten reine, nicht zielgerichtete Beschäftigungen, deren Lernerfolg fraglich ist.

3.2.2        Verhalten

Unter Verhalten versteht man in der Biologie die Gesamtheit der Aktionen und Reaktionen von Organismen auf Lebens- und Umweltbedingungen. Verhalten ist also ein nichtmentaler Vorgang. Äußerungen zu Verhaltensweisen wie körperliche Aktionen oder auch Schlaf in der Alltagssprache ist entäußertes Mentales. Die damit verbundenen mentalen Objekte eines Menschen sind in der Alltagssprache und auch in den Wissenschaften in der Regel nicht Gegenstand der Betrachtungen.

Literaturverzeichnis

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Dörner, Dietrich (2010): Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. 9. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt (Rororo, 61578).

Kiesel, Andrea; Spada, Hans (Hg.) (2018): Lehrbuch Allgemeine Psychologie. Unter Mitarbeit von Karl-Heinz T. Bäuml. Hogrefe-Verlag. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Bern: Hogrefe. Online verfügbar unter https://elibrary.hogrefe.de/9783456956060/.

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Meibauer, Jörg; Demske, Ulrike; Geilfuß-Wolfgang, Jochen; Pafel, Jürgen; Ramers, Karl Heinz; Rothweiler, Monika; Steinbach, Markus (2015): Einführung in die germanistische Linguistik. 3., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler.

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Prechtl, Peter; Burkard, Franz-Peter (Hg.) (2008): Metzler Lexikon Philosophie. Begriffe und Definitionen. 3., erw. und aktualisierte Aufl. Stuttgart: Metzler. Online verfügbar unter https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/.

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Sill, Hans-Dieter (2019): Grundkurs Mathematikdidaktik. 1. Auflage. Paderborn: Ferdinand Schöningh (StandardWissen Lehramt, 5008).

[1] Das Wort „Bedürfnis“ hat an der Alltagssprache noch die Bedeutung einen Anspruch zu haben („Seine Bedürfnisse wachsen ständig.“).

[2] Das Wort „Motiv“ hat in der Alltagssprache noch folgende Bedeutungen: 2. Gegenstand, Thema einer (künstlerischen) Darstellung 3. [Musik] kleinste und charakteristische melodische Einheit in einer Komposition