Hans-Dieter Sill, 28.12.2020

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Exzerpte zu Wolff und Kimmerle zu den Termini Unterschied, Differenz, Gegensatz und Widerspruch

Michael Wolff

(1986): Über Hegels Lehre vom Widerspruch

Hegel verwendet den Ausdruck Widerspruch fast nie zur Bezeichnung einer bestimmten Beziehung zwischen Sätzen, Aussagen oder anderen Satzgebilden. „Vielmehr verwendet Hegel den Ausdruck ‚Widerspruch‘ so, dass er etwas Objektives, etwas an den Dingen selbst bezeichnet, über die wir sprechen und urteilen.“ (Seite 107)

Um zu erfahren, was Hegel unter einem Widerspruch versteht, verweist Wolff vor allem auf das Kapitel „C. Der Widerspruch“ in der „Wissenschaft der Logik II“. Dieses Kapitel und auch die drei Anmerkungen sind so verworren, dass man sie beim ersten Lesen überhaupt nicht versteht. Man hat den Eindruck, dass sie zu 90 % aus Redundanz bestehen.

Nach Meinung des Autors verdient vor allem die Tatsache Beachtung, dass „Hegel den Gegenstand seiner Begriffsexposition (Wolff meint Begriffsexplikation, eine Exposition ist eine Einführung in ein Drama/Roman, oft der erste Satz) in keinerlei Weise einschränkt auf eine speziell erdachte Sorte von Widersprüchen: Hegel möchte das Wesen ‚des‘ Widerspruchs erklären.“ (S. 107) Hegel verwendet auch den Begriff des dialektischen Widerspruchs nicht. Die Formulierung taucht nur einmal in seinen Texten auf, nämlich in den Vorlesungen über die Ästhetik.

Hegel sieht den Widerspruch als eine Beziehung der von ihm sogenannten objektiven Logik an, demgemäß ist ein Widerspruch etwas Objektives, etwas den Dingen selbst Zukommendes. Dies drückt er in dem Kapitel zum Widerspruch zusammenfassend so aus: „Alle Dinge sind an sich selbst widersprechend.“ (Hegel 1970, S. 74)

Der Autor diskutiert dann die formale und inhaltliche Seite des Begriffs Widerspruch. In der formalen Logik geht es darum, an den formalen Merkmalen eines sprachlichen Gebildes zu erkennen, ob ein Widerspruch vorliegt. Nur in formalen Sprachen sind formale Merkmale notwendige und hinreichende Kennzeichen eines Widerspruchs. In formalen Sprachen ist eine Aussagenverbindung aus logischen Gründen falsch, wenn sie aus Teilaussagen zusammengesetzt ist, die die Bejahung und Verneinung derselben Aussage enthalten. Bereits Kant hat darauf hingewiesen, dass auch dann ein Widerspruch vorliegt, wenn die Aussagen dem Inhalt nach konträr oder subkonträr sind wie etwa die Formulierung „ein verheirateter Junggeselle“. „Hegel ist … ebenso wie Kant um eine nicht bloß formallogischen Widerspruchsbegriff bemüht.“ (S. 110) „Hegel geht von der keineswegs abwegigen Überzeugung aus, dass ein formaler Widerspruch, insofern er bloß formal ist, eben kein echter Widerspruch sein kann.“ (S. 111) „Ein Widerspruch“ schreibt er in § 135 der Grundlinien der Philosophie des Rechts „kann sich nur mit etwas ergeben, das ist, mit einem Inhalt, der als festes Prinzip zum Voraus zugrunde liegt.“ Nach dieser Überzeugung kann die bloß formale Logik vom Widerspruch keinen Begriff im strengen Sinne des Wortes haben.

Gedanken:

  • Dies entspricht meinen Auffassungen von der Einheit der formalen und inhaltlichen Aspekte eines Begriffs und kann als ein Beispiel zur wahren Mathematik verwendet werden.

Alle Vorwürfe gegen den Widerspruchsbegriff bei Hegel laufen nach Meinung des Autors darauf hinaus, dass Hegels Widerspruchsbegriff eine Homonymie zugrunde läge, dass er also mit dem gleichen Wort zwei ganz unterschiedliche Dinge bezeichne. Der Autor weist dann darauf hin, dass in der Geschichte der Logik das Wort Widerspruch bereits sehr unterschiedliche Bedeutungen hatte. In der Antike etwa wurde der Widerspruch mit Handlungen verknüpft, so sagte Platon etwa, es sei nicht möglich, zur selben Zeit Entgegengesetztes zu tun oder zu leiden. Auch für Aristoteles ist Widerspruch ein Handeln, der Selbstwiderspruch ist der besondere Fall einer leeren Handlung.

Der Autor schlägt vor, dass man Hegels Sprachgebrauch als Paronymie deutet.

Gedanken:

  • Offensichtlich meint er aber Polysemie, also die Verwendung des Wortes „Widerspruch“ mit mehreren Bedeutungen. Eine Paronymie würde vorliegen, wenn es ein Wort gibt, das ähnlich oder auch gleich (homophon) klingt, aber eine ganz andere Bedeutung hat. Wolff bringt auch als Beispiel für paronyme Bedeutungsverschiebungen die Bedeutungsveränderungen solcher Wörter wie Wärme und Masse innerhalb der Wissenschaften. Die Wörter kann man aber als polysem ansehen, sie haben im Alltag und in der Wissenschaft eine unterschiedliche Bedeutung, die aber gleiche Seme hat. Durch die gleichen Seme sind sie keine Homonyme.
  • Aber auch die Deutung als Polysemie ist nicht sinnvoll. Polyseme Wörter wie Bruch, Läufer, kürzen stehen für verschiedene Begriffe (als semantische Netze), die wenige Seme gemeinsam haben. Es ist zutreffender, von Bedeutungen, Aspekten, Momenten des Begriffs Widerspruch zu sprechen, wie es ja auch Hegel getan hat (s. o.)

Der Autor will dann als nächstes zeigen, dass Kants Theorie der dialektischen Opposition für Hegels Lehre vom Widerspruch eine Vorstufe darstellt. Sie entzieht der traditionellen üblichen Unterscheidungsweise zwischen den sogenannten konträren und kontradiktorisch an Begriffen den Boden. Weiterhin will er zeigen, dass Kants Theorie der realen Opposition den für Hegels Lehre vom Widerspruch grundlegenden Begriff der Negativität vorbereitet hat. Es geht ihm darum, dass die seit dem 19. Jahrhundert bis heute beliebte Hegel-Kritik (er zitiert Trendelenburg 1843, Patzig 1973, Krings u. a. 1974, und Stegmüller 1975), dass Hegel keine Klarheit über den von Kant einsichtig gemachten Unterschied zwischen realer, dialektischer und analytischer Opposition hatte. Dazu erläutert er einige Auffassungen von Kant.

Gedanken:

  • Kant spricht anstelle von Gegensatz von Opposition.

In seiner Oppositionslehre lässt Kant nur für die analytische Opposition den Begriff des Widerspruchs zu. Unter analytischer Entgegensetzung versteht er ein bestimmtes Verhältnis zwischen einem Ding und einem Prädikat, das vom Ding ausgesagt wird. Durch die Prädikate werden einem Ding eine bestimmte Bestimmung zugeschrieben. Bestimmungen sind das, was ein Ding sein soll, sie sind keine Gegenstände der formalen Logik sondern objektive Korrelate logischer Prädikate. Zwischen Ding und Prädikat besteht nach Kant ein Widerspruch, der darin besteht, dass das Prädikat eine Bestimmung setzt oder aufhebt, die dem Ding entweder fehlt oder zukommt.

In einigen dialektischen Entgegensetzungen sieht Kant lediglich einen scheinbaren Widerspruch. Eine Kontradiktion kann durchaus wahr sein, je nachdem auf welchen Gegenstand sie sich bezieht. Als triviales Beispiel bringt Kant die beiden Aussagen „ein Körper riecht gut“ und „er riecht nicht gut“. Wenn sich diese Aussagenverbindung auf einen Körper bezieht, der gar nicht riechen kann, ist die Kontradiktion durchaus wahr. Kant artikuliert damit ein logisches Gesetz, das kein formallogisches Gesetz ist. Im Anschluss an Hegel wird dies als „Reflexionslogik“ bezeichnet. Von den vorausgesetzten Gegenstandsbestimmungen hängt damit der Charakter des Widerspruchs zweier Prädikationen ab. Wolff bezeichnet die vorausgesetzte Gegenstandsbestimmtheit mit dem Terminus „reflexionslogisches Substrat“. Hegel hält es für eine grandiose Leistung Kants, dass er gezeigt hat, dass die Widersprüchlichkeit der antinomischen Urteilspaare abhängig ist vom vorausgesetzten Inhalt des Satzsubjekts dieser Urteile.

Gedanken:

  • Ein schönes Beispiel für das Verhältnis des Formalen und Inhaltlichen in der Logik.

Der Autor geht dann auf den Begriff der Negativität ein, der von Kant eingeführt wurde und für die nachkantische, hegelsche und materialistische Dialektik von großer und bisher wenig verstandener Bedeutung sei. (S. 119) Der Begriff wurde von Kant zunächst in mathematischer Hinsicht verwendet. Dabei muss beachtet werden, dass in der damaligen Zeit der Begriff von negativen Größen oder auch negativen Zahlen in der Mathematik strittig und unklar war. Kant wollte mit seinen Auffassungen zum Begriff der Negativität auch das mathematische Problem lösen, was ihm aber nicht gelang.

Hegel hat in seinem Artikel „Der Gegensatz“, der dem Widerspruchskapitel vorangeht, den Begriff der Negativität ausführlich erläutert und ist dabei der später auch in der Mathematik durch Graßmann eingeführten Betrachtungsweise nahegekommen. Nach Graßmann haben zwei entgegengesetzte Zahlen oder Vektoren den gleichen Betrag.

Hegel bezeichnet die Bestimmtheit eines Dings mit dem vorzeichenlosen Buchstaben A, das als reflexionslogische Substrat aufgefasst werden kann, von dem die Beziehung der Negativität zwischen + A und – A abhängt. So sind zum Beispiel die Farben blau und gelb nur negativ zueinander, wenn eine bestimmte Theorie entgegengesetzter Farben (zum Beispiel die Farbenlehre von Goethe) vorausgesetzt wird.

Gedanken:

  • Anstelle von „X und Y sind entgegengesetzt zueinander“ sagt Hegel, „sie verhalten sich negativ zueinander.“

Neben der Entgegensetzung von Bestimmungen gibt es nach Hegel auch ein Gegensatzverhältnis höherer Stufe zwischen den entgegengesetzten Bestimmungen als solchen und den reflexionslogischen Substraten. Dies wäre nach Hegel analog den höheren Rechenoperationen in der Mathematik. Hegel versteht unter dem Entgegengesetzten immer positive Bestimmungen und unter dem Nichtentgegengesetzten immer reflexionslogische Substrate.

Zusammenfassen stellt der Autor als Kerngedanken des Hegelschen Widerspruchsbegriff folgendes heraus.

  1. „Das, was Hegel „den Widerspruch“ nennt, ist eine Beziehung zwischen einer von zwei entgegengesetzten Bestimmungen und dem reflexionslogischen Substrat, in Bezug auf das die Bestimmungen einander entgegengesetzt sind.“ (S. 126) Das reflexionslogische Substrat heißt bei Hegel „das an sich Positive“ im Gegensatz zur „an sich negativen“ entgegengesetzten Bestimmung. Der Widerspruch besteht darin, dass sich die Gegensatzbeziehungen höherer Stufe in ein und derselben Hinsicht sowohl negativ als auch nicht negativ zueinander verhalten.
  2. „Damit wird der Widerspruch zu einer „objektiv logischen“ Beziehung. … Genauer gesagt wird der Widerspruch zu einer Beziehung objektiv logischer Reflexion.“ (S. 127) Bisher wurde unter logischen Reflexionen nichts objektives, sondern nur eine subjektive Tätigkeit der Urteilskraft verstanden. Hegel gestaltet die traditionelle Reflexionslogik auf zweifache Weise in eine objektive Logik um: Erstens lenkt er die Aufmerksamkeit von den Reflexionsbeziehungen logischer Prädikate auf die in diesen Beziehungen schon vorausgesetzten Beziehungen von Bestimmungen; in dem wir nämlich logische Prädikate identifizieren unterscheiden, entgegensetzen usw., setzen wir schon die Identität, den Unterschied, den Gegensatz usw. von Bestimmungen voraus. Identität, Unterschied usw. interessieren Hegel nicht als Begriffe unserer subjektiven Reflexion, sondern als Bestimmungen von Beziehungen zwischen Bestimmungen (als Reflexionsbestimmungen). Zweitens benutzt Hegel, … dass logische Beziehungen wie Kontrarietät und Kontradiktorietät zwischen logischen Prädikaten alleine nicht bestehen können, sondern nur insofern diese Prädikate bezogen werden auf reflexionslogische Substrate.
  3. Die Rede vom objektiven Widerspruch (der allen Einzeldingen innewohne, sofern sie nur durch gewisse entgegengesetzte Bestimmungen gegeneinander bestimmt sind) schließt ein, das echte kontradiktorisch Urteile nicht schlechthin falsch sein müssen. (S. 127)

Wolff (2017): Der Begriff des Widerspruchs

Der Autor geht zu Beginn auf die Schwierigkeiten in der Definition des Widerspruchsbegriffs ein und weist darauf hin, dass die formalen Merkmale in der Logik für eine allgemeine Definition nicht tauglich sind, da auch der Inhalt der Aussagen betrachtet werden muss. Die formale Logik blendet gerade dasjenige Verhältnis aus, dass zwischen den von ihr untersuchten Formen und den logischen Beziehungen besteht, die diesen Formen zugrunde liegen. In Büchern zur formalen Logik wird bis auf wenige Ausnahmen dieses Problem nicht thematisiert. Interessant ist ein Hinweis, dass moderne philosophische Wörterbücher oft ohne einen Artikel zum Widerspruch auskommen.

Gedanken:

  • Auch in Wikipedia ist der Eintrag zum Begriff Widerspruch, der zudem auch noch mit dem Begriff Antagonismus gleichgesetzt wird, äußerst knapp. Dies spricht für meine These, dass man sinnvollerweise auf diesen Begriff in der Philosophie verzichten sollte.

Unbestritten ist, dass Hegels Lehre vom Widerspruch und Hegels Begriff der Negativität Schlüsselproblem im Verständnis der hegelschen Dialektik sind. (Seite 12)

Innerhalb der klassischen philosophischen Literatur gibt es wohl kaum eine Theorie, die der Sache nach stärker durch den Typus der Frage nach der Echtheit formaler Widersprüche geprägt ist als die kantische transzendentale Dialektik. (Seite 16)

Der Autor geht dann sehr ausführlich auf das Problem ein, dass das Wort Widerspruch bei Hegel eine andere Bedeutung hat, als es in der Logik und im Alltag verwendet wird. Er ist aber der Meinung, im Gegensatz zu vielen anderen Autoren, dass es sich bei der Verwendung des Wortes Widerspruch bei Hegel nicht um ein Homonym handelt, d. h. ein Wort mit einer gänzlich anderen Bedeutung. Wie schon in seinem Artikel von 1986 tritt er dafür ein, dass Hegels Gebrauch des Wortes polysem zum Wort Widerspruch im üblichen Sinne ist. Anstelle von Polysemie spricht er auch hier ständig von Paronymie, was nicht zutreffend ist, wenn man das Wort Paronymie im üblichen Sinne verwendet.

 Als Beispiel für einen „dialektischen Widerspruch“ (er verwendet diese Bezeichnung, obwohl sie Hegel nicht gebraucht hat), das Hegel als Anmerkung in dem Kapitel Wissenschaft der Logik verwendet hat, diskutiert er ausführlich die Definition der Bewegung.

Er erläutert dann die Auffassungen von Kant zum Begriff des Widerspruchs. Kant unterscheidet drei Arten der Opposition die er als logische, dialektische und reale Entgegensetzung bezeichnet. Nur für die logische Entgegensetzung lässt Kant den Ausdruck Widerspruch zu. Hegels Auffassungen ergeben sich nach Sicht des Autors aus einer kritischen Auseinandersetzung mit den Auffassungen von Kant und einer darüberhinausgehenden Erkenntnis.

Gedanken:

  • Entgegensetzung und Opposition behandelt der Autor synonym.

Der Begriff des Widerspruchs von Kant setzt die Unterscheidbarkeit analytischer und synthetischer Urteile voraus. Dies ist, wie der Autor zeigt, allerdings mit einigen Problemen verbunden. „Bei jedem Widerspruch wird nach Kant etwas in Bezug auf dasselbe Ding bejaht und verneint. Kants logische Entgegensetzung ist daher kein bloßes Aussagenverhältnis, sondern genau genommen eine Beziehung, die bestimmte Prädikate, die denselben Dingen analytisch teils zu, teils nicht zu kommen, untereinander haben.“ (Seite 56)

Gedanken:

  • Das ist ein neuer Gedanke, ich habe bisher immer Beziehungen zwischen zwei unterschiedlichen Existierenden betrachtet. Aber eine Analyse aller meiner bisherigen Beispiele für dialektische Wechselbeziehungen zeigt, dass es eigentlich immer um ein Existierendes geht, von dem zwei Merkmale, Momente betrachtet werden, die entgegengesetzt sind.

Bei der dialektischen Opposition nach Kant gibt es nur Scheinwidersprüche wie etwa die Paradoxien des Zenon.

Er führt dann den Terminus „reflexionslogische Substrat“ ein für die vorausgesetzte Bestimmtheit eines Gegenstandes. „Vom reflexionslogischen Substrat hängt ab, ob zwei der Form nach logisch entgegengesetzten Prädikationen einen echten Widerspruch ergeben oder nicht. … Antinomien sind für Kant Paare von formal logisch einander widersprechenden Subjekt-Prädikat-Urteilen, deren Widerspruch von einem speziellen reflexionslogischen Substrat abhängt: dem von Kant sogenannten ‚Ding an sich‘“. (Seite 61)

Kant unterscheidet zwischen konträren dialektischen Oppositionen und subkonträren dialektischen Oppositionen. Als Beispiel für ein konträres Paar von Urteilen führt er an: „Körper riechen entweder wohl, oder sie riechen übel.“ Dabei wird ein drittes Prädikat „riechen nicht“ außer Acht gelassen, sodass die beiden Teilsätze zwar nicht beide wahr, wohl aber beide falsch sein können. Sie sind also konträr. Bei einer dialektischen Opposition des konträren Typs ist der Gegenstand, über den geurteilt wird, überbestimmt.

Dialektischen Oppositionen zwischen Urteilen sind subkonträr, wenn die reflexionslogischen Substrate diese Urteile nicht in einer Über- sondern einer Unterbestimmtheit bestehen.

In der realen Opposition nach Kant treten keine formal logischen Verneinungen auf. Es handelt sich um Paare von Urteilen oder Bestimmungen die einem Gegenstand durch affirmative Subjekt-Prädikat-Urteile beigelegt werden. Trotz des affirmativen Charakters diese Urteile sind jedoch diese Bestimmungen einander entgegengesetzt. Diese Entgegensetzungen resultieren aber nicht aus einer logischen Negation, sondern aus einem Negativitätsverhältnis besonderer Art. Vorbild des hier verwendeten Negativitätsbegriffs ist der mathematische Begriff des Negativen (Seite 83). Er erläutert dann ausführlich die Überlegungen von Kant zu den mathematischen Problemen negativer Größen und ihrer Verwendung in der Mathematik und Naturwissenschaft insbesondere durch Newton.

Kant war überzeugt, dass in allen Wissenschaften reale Entgegensetzung des Positiven und Negativen entdeckt werden können und sollen. Dazu gehören anziehende und abstoßende Kräfte in der Mechanik, Erscheinung des Magnetismus und der Elektrizität und andere. Er sieht dies aber auch in menschlichen Handlungen. Kant sagt: „Man kann die Verabscheuung eine negative Begierde, den Hass eine negative Liebe, die Hässlichkeit eine negative Schönheit nennen; Nehmen ist Negatives Geben, Widerlegung ist ein negativer Beweis. Irrtum negative Wahrheit, Laster negative Tugend, Verbot negatives Gebot, Tadel negativer Ruhm, Strafe negative Belohnung.“ (Immanuel Kant (1763): Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen. Seite 19-39)

Der Autor erläutert dann die Auffassungen von Hegel zu den mathematischen Problemen positiver und negativer Größen und führt auch die entsprechende Literatur aus der Algebra und Arithmetik der damaligen Zeit an.

Hegel unterscheidet drei Stufen bzw. Arten des Gegensatzes, die sich aus seinen mathematischen Überlegungen mit ergeben:

  1. Das Verhältnis zwischen Positivem und Negativem als Verhältnis gegen einander negativer Relate (Entgegengesetzte überhaupt) (L I, Seite 273)[1]
  2. Das Verhältnis zwischen Positivem und Negativem als Verhältnis miteinander verwechselbarer Relate (das Positive und Negative als gleichgültig) (L I, Seite 274)
  3. Das Verhältnis zwischen dem an sich Positiven und dem an sich Negativen (das Positive und das Negative als jeweils selbstständige Reflexionsbestimmungen) (L I, Seite 274 und 279)

Der Autor diskutiert dann die Begriffe konträr und kontradiktorisch (Seite 140). Nach Aristoteles heißen zwei Begriffe konträr zueinander, wenn sie einander ausschließen und wenn zwischen ihnen ein Tertium, d. h. mindestens ein „mittlerer“ dritter Begriff möglich ist. Sie heißen kontradiktorisch, wenn sie einander ausschließen, ohne dass ein solcher mittlerer Begriff möglich ist. Hegel lehnt die Unterscheidung zwischen konträren und kontradiktorischen Begriffen ab, da es weder am Inhalt noch an der logischen Form der Begriffe liegen kann, ob diese Begriffe ein Tertium zulassen oder nicht. So können etwa die Begriffe wohlriechend und nicht wohlriechend zueinander kontradiktorisch oder konträr sein je nachdem auf welchen Gegenstand sie sich als Prädikat beziehen.

Gedanken:

  • Das mag zwar stimmen, aber es ist in vielen Fällen sinnvoll, zwischen einer dichotomen Skala und eine Rangskala bei der Messung von Merkmalen eines Prozesses oder Zustandes zu unterscheiden.

Hegel erweitert den Begriff der Reflexion. In der traditionellen Begriffslogik gibt es eine metaphysische Trennung zwischen Gegenstand und Begriff. Es werden zwei Sphären gegenübergestellt, einmal die Sphäre der bestehenden Gegenstände und die Sphäre inhaltlich bestimmte Begriffe. Die Beziehungen, welche die Begriffe aufgrund ihrer Inhalte aufeinander haben und die den Gegenstand logischer Reflexion ausmachen, werden als Beziehungen nur innerhalb der Sphäre der Begriffe, als Beziehungen von Begriffsarten vorgestellt. Diese Art der Reflexion bezeichnet Hegel als „äußere“ oder „subjektive“ Reflexion im Sinne einer Verstandestätigkeit, wodurch man vorgegebene Begriffsinhalte miteinander in Beziehung bringt, um aufgrund dieser hergestellten Beziehungen neue Begriffe bilden zu können. Dabei wird nach Hegel außer Acht gelassen das die Beziehungen innerhalb der Begriffssphäre und die Bestimmtheit der Gegenstände, auf die die Begriffsinhalte als Bestimmungen der Gegenstände bezogen sind, voneinander abhängig sind. (L I, S. 243)

Hegel spricht von „objektiver“ Reflexion und meint damit die objektiven Beziehungen zwischen den Gegenständen, die auf sich selbst reflektiert werden (L I, Seite 244). Hegel spricht bei diesen Bestimmungen von „reflectirten Bestimmungen“ in dem Sinne, dass sie als objektive Beziehungen durch andere objektive Beziehungen reflektiert werden.

Gedanken:

  • Die Termini „Reflexion“ und „Reflexionsbestimmung“ werden in unterschiedlicher Bedeutung verwendet, was bei Wolff nicht immer klar unterschieden wird. Eine Reflexionsbestimmung ist zunächst allgemein eine Bestimmung, die durch Reflexion entsteht (also etwas Erkanntes oder Ermitteltes). Reflektieren kann aber in zweierlei Hinsicht erfolgen. Es kann sich einmal um eine Tätigkeit des Verstandes handeln (ein Identifizieren, Unterscheiden, Entgegensetzen usw.). Dies bezeichnet Hegel eben als äußere oder subjektive Reflexion. Reflexion kann aber auch den Prozess der Erkenntnistätigkeit in Bezug auf objektive, also vom erkennenden Subjekt unabhängige Sachverhalte bezeichnen, was Hegel als objektive Reflexion bezeichnet.
  • Es wird hier der Terminus „Begriff“ unterschiedlich verwendet. Für Hegel ist der Begriff in seiner Endform (als spekulativer Begriff) die subjektive Reflexion aller objektiven Beziehungen, die der Gegenstand mit anderen Gegenständen hat. Als Modell für den Gedächtnisinhalt kann das Konstrukt des semantischen Netzes verwendet werden.
  • Die Merkmale „Inhalt“ und „Umfang“ eines Begriffs entstammen der traditionellen Logik. Der Umfang ist die Menge aller Elemente, die der Begriff umfasst und in diesem Sinne trifft dies auch für den spekulativen Begriff zu. Als Inhalt (oder Intension) eines Begriffs wird oft die Gesamtheit seiner (oft nur definierenden) Merkmale oder auch Eigenschaften bezeichnet. Dies unterscheidet sich grundsätzlich vom Begriff im Hegelschen Sinne.
  • Zu diskutieren wäre die Bedeutung der Termini „objektiv“ und „objektive Beziehungen“. Als objektiv kann ein Etwas bezeichnet werden, das existiert auch ohne, dass ein Subjekt darüber reflektiert. Dabei kann es sich sogar um etwas handelt, zudem gar keine Reflexion möglich ist, wie etwa das Unterbewusste. Beim Objektiven muss es sich nicht um etwas materiell Gegenständliches handeln. Gegenstand der Reflexion können auch Gedanken oder Theorien von Subjekten oder Kunstwerke sein. Jede Reflexion über Objektives führt aber dann zu etwas Subjektivem, z. B. Begriffen.

Der Autor untersucht dann die drei Stufen bzw. Arten des Gegensatzes nach Hegel und betrachtet zunächst Hegels Begriff der Negativität. Analog zur Arithmetik verhalten sich Positives und Negatives zueinander als Bestimmungen, die in Bezug auf einen Gegenstand kontradiktorisch sind. Das Positive ist bestimmt als Nichtnegatives und das Negative als Nichtpositives. „Beide sind negativ gegeneinander.“ sagt Hegel (Logik I, S. 273)

In der Wissenschaft der Logik bezeichnet Hegel die Identität als Negativität.

Hegel unterscheidet Negativität und Negation. Er sagt: „Wenn fernerhin von Negativität oder negativer Natur die Rede sein wird, so ist darunter nicht jene erste Negation, die Grenze, Schranke oder Mangel, sondern wesentlich die Negation des Andersseins zu verstehen, die, als solche, Beziehung auf sich selbst ist.“ (L I, S. 77) Die Selbstbeziehung findet vermittelt durch Negation und zwar durch zweifache Negation statt. Hegel kennzeichnet die Negativität terminologisch auch als Negation der Negation.

Für Hegel ist die Negativität von zentraler Bedeutung. Nach Hegel ist die Negativität abstrakte Grundlage aller philosophischen Ideen und auch des spekulativen Denkens. Sie ist das einfache, welches als Aufheben des Andersseins in sich zurückkehrt (L I Seite 77). Ohne Erkenntnis der Natur der reflexionslogischen Negativität sei „kein Schritt in der Philosophie möglich“ (L I Seite 285). Er unterscheidet sich damit von Kant, der die dialektische Struktur der Vernunft, insbesondere durch die Darstellung und Lösung ihrer Antinomien als die Triebkraft der Philosophie entdeckt zu haben glaubte.

Gedanken:

  • Zum besseren Verständnis der Hegelschen Gedanken wäre es sinnvoll, zwischen Negativität und Negation in folgender Weise zu unterscheiden. Die Negativität ist ein Zustand, der durch die Existenz zweier entgegengesetzter Zustände gekennzeichnet ist, während die Negation ein Prozess ist, der die bekannten drei Merkmale (verneinen, bewahren und erhöhen) hat.
  • Es ist deshalb verwirrend, die Negativität als Negation der Negation zu bezeichnen. Der Übergang von einem Entgegengesetzten zum anderen ist nicht mit den Merkmalen der Negation als dialektische Aufhebung verbunden.
  • In Bezug auf die drei Bedeutungen des Minuszeichens in der Mathematik (Vorzeichen, Rechenzeichen, Operator für das Entgegengesetzte) bezieht sich Hegel auf die Bedeutung des Negativen als Entgegengesetztes, die in der Mathematik immer dann zum Tragen kommt, wenn das Minuszeichen vor einer Variablen steht (zum Beispiel – a).
  • Beziehung auf sich selbst heißt, dass bei zwei kontradiktorischen Bestimmungen jede das Entgegengesetzte des anderen und damit jedes das Entgegengesetzte seines Entgegengesetzten ist (a = – (- a)).
  • Obwohl beide Entgegengesetzte (das Positive und das Negative) gleichwertig, also austauschbar sind, spricht Hegel vom Negativen und von Negativität, offensichtlich deshalb, weil damit der Gedanke der Entgegensetzung eng verbunden ist, der beim Begriffspaar Positives und Positivität nicht enthalten wäre.
  • Die Termini negativ und entgegengesetzt, dass Negative und das Entgegengesetzte, die Negativität und die Entgegensetzung können bei Hegel als synonym angesehen werden.

Hegel spricht nur bei kontradiktorischen Urteilen von einem Gegensatz, bei konträren spricht er von Verschiedenheit.

Ein entscheidender Gedanke bei Hegel ist, dass zwischen den reflexionslogischen Bestimmungen und den Bestimmtheiten zu unterscheiden ist, auf die sich diese Bestimmtheit beziehen. Als Beispiel bringt auch Wolf immer wieder die Bestimmung „wohlriechend“ an, die nur Sinn macht, wenn sie sich auf die Bestimmtheit eines riechenden Körpers bezieht. Um diese beiden Ebenen terminologisch und auch formal zu unterscheiden, führt Wolff den Terminus „reflexionslogisches Substrat“ ein (Seite 155). Der Terminus bezeichnet nicht den Gegenstand selbst, sondern auf der geistigen Ebene die Bestimmtheit dieses Gegenstandes. Als Bezeichnung verwendet er mit Beziehung zur Mathematik, wie es auch Hegel tut, das Symbol |A|, das in der Mathematik der Betrag von A bedeutet. Der Betrag von A ist der Mathematik der Abstand einer Zahl vom Nullpunkt bzw. bei einem Vektor seine Länge. Die entgegengesetzten Reflexionsbestimmungen (also zum Beispiel wohlriechend und übelriechend) bezeichnet er mit + A und – A.

Gedanken:

  • Der Bezug zu Mathematik ist hier allerdings fraglich. Eine Zahl oder ein Vektor und ihr Betrag sind nicht zwei verschiedene Sphären, der Betrag ist ein Merkmal einer Zahl oder eines Vektors. Auch handelt es sich bei dem Pluszeichen bei + A nicht um einen Operator, sondern um ein Vorzeichen im Unterschied zu Minuszeichen bei – A.

Die weitere Diskussion, die dann zum Begriff des Widerspruchs bei Hegel führt, dreht sich erneut um das Verhältnis zwischen Substraten und reflexionslogischen entgegengesetzten Bestimmungen. Hegel meint, dass die Vorstellung selbstständiger Substrate und selbstständiger Bestimmungen ein Kennzeichen eines metaphysischen Verstandes ist. Die Selbstständigkeit und die Beziehungen müssen in Verbindung gebracht werden, was nach Hegel das allerschwerste Problem der Logik ist. Das Verhältnis zwischen Bestimmungen und ihrem Gegenstand sieht Hegel darin, dass dieser Gegenstand nichts anderes als „das Produkt der eigenen Reflexion“ der entgegengesetzten Bestimmungen als entgegengesetzte Bestimmungen ist (Seite 179, nach L I, S. 244). Hegel bezeichnet dieses In-Beziehung-Bringen als „bestimmende Reflexion“, die die Einheit der setzenden und äußeren Reflexion ist (L I Seite 255). Bestimmende Reflexion bezieht die Bestimmungen und die Substrate so aufeinander, wie sie an sich aufeinander bezogen sind, d. h. sie bestimmt die Bestimmungen und die Substrate in ihrer Beziehung aufeinander. Diese Beziehung lässt sich nach Hegel wieder nur als Gegensatzverhältnis bestimmen, das aber im Unterschied zu den bisher betrachteten Gegensatzbeziehung eine andere Art von Gegensätzen ist, die Wolff als einen Gegensatz dritter Stufe bezeichnet. Dies ist ein Gegensatz zwischen einem (selbständigem) Substrat |A|, das kein Entgegengesetztes ist (z. B. ein riechender Körper), also als „Nichtentgegengesetztes“ bezeichnet werden kann, und einer Bestimmung (- A, z. B. wohlriechend), die ein Entgegengesetztes ist. Für dieses Gegensatzverhältnis führt Hegel einen Gebrauch der Bestimmungen des Positiven und Negativen ein, der bisher nicht auftrat und auch dem üblichen Verständnis nicht entspricht. Das Nichtentgegengesetzte, also das Substrat, nennt Hegel das Positive und das Entgegengesetzte, also eine der kontradiktorischen Bestimmungen, nennt Hegel das Negative. Damit ist auch der Gegensatz dritter Stufe ein Verhältnis des Positiven und Negativen, wobei deren Verhältnis in diesem Fall aber nicht umkehrbar und auch nicht gleichberechtigt ist. Das so bestimmte Positive und Negative hängen nicht noch von einem anderen Dritten ab. Hegel nennt diese Bestimmungen deshalb das an sich Positive und das an sich Negative und bezeichnet sie als „selbstständige Reflexionsbestimmungen“ (L I, Seite 279).

Gedanken:

  • Hegel versucht eine Beziehung zwischen der Sphäre der Substrate, also der objektiven Logik und der Sphäre der Gegenstandsbestimmungen, also der subjektiven Logik herzustellen. Damit unterscheidet er sich grundlegend von dem Vorgehen in der formalen Logik und der bisherigen metaphysischen Trennung dieser beiden Ebenen.
  • Es ist etwas unverständlich, dass Hegel die Beziehung zwischen einem Substrat und einer seiner Bestimmungen als Gegensatz bezeichnet. Wolff erklärt das mit Hegels Auffassung vom Begriff Gegensatz. Danach fasst Hegel den Gegensatz als die Einheit der Identität und der Verschiedenheit auf. Im vorliegenden Fall sind das Substrat und seine Bestimmung verschieden voneinander, bilden aber eine Einheit, da weder das Substrat für sich noch seine Bestimmung für sich existieren.
  • Es ist allerdings nicht so recht verständlich, weshalb er für das Gegensatzpaar die Bezeichnungen Positives und Negatives verwendet. Ein Grund könnte daran liegen, dass er die weiteren Ausführungen, die dann auf den Begriff des Widerspruchs führen, vereinfachen möchte.

Die Vorstellung selbstständiger Substrate und selbstständiger Bestimmungen gehört nach Hegel zu den Vorstellungen, die in der Metaphysik und den Wissenschaften überhaupt ein zählebendiges Dasein fristen. Als ein Beispiel nennt er die unzureichenden Vorstellungen vom Positiven und Negativen an sich in der Mathematik, die ein Verständnis der Rechenoperationen höherer Stufe behindern.

Gedanken:

  • Es ist tatsächlich ein großes Problem im Verständnis der Multiplikation rationaler Zahlen, dass das Produkt zweier negativer Zahlen eine positive ist. Wenn man eine negative Zahl als Schulden interpretiert, ergibt sich das seltsame Ergebnis, dass die Multiplikation zweier Schuldenbeträge einen positiven Wert ergibt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Produkt als Einheit nicht die Währung, sondern das Quadrat der Währung hat.
  • Wenn man im Sinne von Hegel das Negative an sich als das Entgegengesetzte interpretiert, so ist es völlig verständlich, dass das Entgegengesetzte des Entgegengesetzten das Positive ist. Es ist 3 × (- 4) = (- 4) + (- 4) + (- 4) = – 12 und dann gilt (mit – als Entgegengesetztes):
    (- 3) × (- 4) = – (+ 3) × (- 4) = – (+ 3 × (- 4)) = – (- 12) = 12

Am Beispiel des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten demonstriert Hegel nach Wolff dann die Beschränktheit der formalen Logik. Hegel stellt zunächst fest, dass der Satz nicht nur ein Gesetz des Denkens, sondern auch ein Prinzip der objektiven Logik ist. Er besagt in dieser Richtung, dass alles ein Entgegengesetztes ist, d. h., dass jedem Etwas genau eine von zwei entgegengesetzten Bestimmungen zukommt. Durch den Zusatz „Es gibt kein Drittes“ entsteht nach Hegel ein logischer Widerspruch, der sich aus der inhaltlichen Interpretation des Bezuges auf ein Substrat ergibt. Es gibt kein Drittes bedeutet, dass das durch den ersten Teil des Satzes bestimmte Substrat weder die Bestimmung + A noch – A hat. Dem Substrat soll aber genau eine von diesen beiden Bestimmungen zu kommen. Wenn es nicht die Bestimmung + A hat, muss es die Bestimmung – A haben und umgekehrt. Aus der Forderung, dass es weder die Bestimmung + A noch – A hat, folgt dann, dass es sowohl die Bestimmung + A als auch – A hat.

Bei der Explikation des Begriffswiderspruchs (Wolff bezeichnet dies fälschlicherweise als Exposition) geht Hegel davon aus, „dass ein Widerspruch nicht trotz, sondern nur aufgrund einer zwischen Gegenstand und Gegenstandsbestimmung bestehenden objektiven Ausschlussbeziehung bestehen kann. Die Relate der Ausschlussbeziehung, die ein Widerspruch stets voraussetzt, sind wie schon genannt bei Hegel das reflexionslogische Substrat |A| und die Bestimmung – A.“ (Wolff 2017, S. 199) dies ist in der Formulierung von Wolff ein Gegensatz dritter Stufe (s. o.). Mit der Bezeichnung Ausschlussbeziehung will Hegel zum Ausdruck bringen, dass im Unterschied zu den Gegensätzen auf der ersten und zweiten Stufe kein weiteres besonderes Substrat erforderlich ist, von dessen Bestimmtheit diese Beziehung abhängig wäre. Hegel bezeichnet die Relate deshalb auch als selbstständige Reflexionsbestimmungen.

Nach Kant schließen Gegenstände Bestimmungen nur insofern von sich aus, als sie so bestimmt sind, dass sie Negationen dieser Bestimmungen analytisch enthalten. Hegel sagt dagegen, dass die selbstständige Reflexionsbestimmung die andere nicht etwa in derjenigen Hinsicht ausschließt, dass sie deren Negation enthält, sondern in derselben Rücksicht als sie die andere enthält. Damit ist gemeint, dass etwas ausgeschlossen wird, was jedes der beiden in einem bestimmten Sinne enthält (Wolff 2017, S. 205).

Gedanken:

  • Auch die Bezeichnung des Ausschließens ist nicht sehr glücklich, sondern eher verwirrend. Das Substrat schließt seine negative Bestimmtheit, die mit ihm einen Gegensatz bildet, dadurch aus, dass es diese Bestimmtheit enthält, denn beides ist ja eine Einheit. Umgekehrt schließt die Bestimmtheit das Substrat aus, das es aber selbst auch enthält, da sich die Bestimmtheit auf das Substrat bezieht.

Wolff gibt im Anschluss an Hegel eine Argumentation an, aus der folgt, dass das an sich Positive das an sich Negative in der Rücksicht ausschließt, in der es das an sich Negative enthält. Die Negativität des an sich Positiven ist genau dasjenige, was das an sich Positive von sich ausschließt, in dem es das an sich Negative von sich ausschließt. Das an sich Positive ist, sofern es negativ ist, gerade nicht negativ. (Wolff 2017, S. 206)

Dann begründet er folgende Aussage: Das Negative ist sofern es negativ ist, negativ aber auch nicht negativ. (Wolff 2017, S. 207)

Nach Hegel ist der Widerspruch eine selbstständige Reflexionsbestimmung, und zwar insofern, als sie in derselben Rücksicht ausschließt, was sie enthält.

Das wechselseitige Ausschließen und Enthalten reflexionslogischer Substrate und entgegengesetzter Bestimmungen ergibt sich für Hegel allein daraus, dass die reflexionslogischen Substrate an sich positiv und die entgegengesetzten Bestimmungen an sich negativ sind. In diesem Sinne ist der Widerspruch, der dem an sich Positiven zugrunde liegt, erst eine Folge davon, dass das an sich Negative ihm entgegengesetzt ist.

In der Anmerkung 3 gestattet sich Hegel eine metaphernreiche Sprache, die er im Haupttext zu vermeiden oder wenigstens begrifflich zu erläutern sucht. So betrachtet Hegel die widersprüchliche negative Einheit, als die er die Bestimmtheit der Dinge betrachten möchte, als eine wesenhafte und immanente Bestimmung der Dinge. Der Widerspruch ist absolute Tätigkeit, absoluter Grund, Prinzip aller Selbstbewegung, die „Wurzel aller Bewegung und Lebendigkeit. Nur insofern etwas in sich selbst einen Widerspruch hat, bewegt es sich, hat Trieb und Tätigkeit“ (L I S. 286).

Er sagt weiterhin: „Etwas ist also lebendig, nur insofern es den Widerspruch in sich enthält, und zwar diese Kraft ist, den Widerspruch in sich zu fassen und auszuhalten. Wenn aber ein Existierendes nicht in seiner positiven Bestimmung zugleich über seine negative übergreifen und eine in der anderen festhalten, den Widerspruch nicht in ihm selbst zu haben vermag, so ist es nicht die lebendige Einheit selbst, nicht Grund, sondern geht in dem Widerspruch zu Grunde.“ (L I S. 287)

Hegel schreibt: „Jede Bestimmung, jedes Conkrete, jeder Begriff ist wesentlich eine Einheit unterschiedener und unterscheidbare Momente, die durch den bestimmten, wesentlichen Unterschied in widersprechende übergehen. Dieses Widersprechende löst sich allerdings in Nichts auf, es geht in seine negative Einheit zurück. Das Ding, das Subjekt, der Begriff ist nun eben diese negative Einheit selbst; es ist ein an sich selbst Widersprechendes, aber ebenso sehr der aufgelöste Widerspruch: es ist der Grund, der seine Bestimmungen enthält und trägt.“ (L I S. 289)

Die Negativität, die „als der sich aufhebende Widerspruch“ (L I, S. 289) aufzufassen ist, ist nach Hegels Meinung diejenige Beziehung, die die Einheit verschiedener, analytisch einander nicht enthaltener Bestimmungen stiftet. Die Negativität ist „der einfache Punkt der negativen Beziehung auf sich, der innerste Quell aller Tätigkeit, lebendiger und geistiger Selbstbewegung, die dialektische Seele, die alles Wahre an ihm selbst hat, durch die es allein Wahres ist; denn auf dieser Subjektivität allein ruht das Aufheben des Gegensatzes zwischen Begriff und Realität und die Einheit, welche die Wahrheit ist.“ (L I, S. 246)

Wolf stellt u. a. zusammenfassend fest:

  • „Der Widerspruch besteht eben darin, dass die selbstständigen Reflexionsbestimmungen in ein und derselben Hinsicht sich sowohl negativ als auch nicht-negativ zueinander verhalten.“ (S. 226)
  • „Der Widerspruch wird zu einer objektiv logischen Beziehung, … der Widerspruch [wird] zu einer Beziehung objektiv logischer Reflexion. (S. 227)

Gedanken:

  • Wolff konstruiert in seiner Hegel-Interpretation zum Teil eine eigene Begrifflichkeit und Bezeichnungsweise, die so bei Hegel nicht zu finden ist.
  • Der Text ist im Grunde auch nicht viel einfacher zu lesen, als Hegel im Original. Es gibt häufige Wiederholungen der gleichen Gedanken. Es gibt nur zwei relativ triviale Beispiele die Farben blau und gelb und ein riechender Körper. An den anspruchsvollen Stellen zum Begriff des Widerspruchs bei Hegel werden selbst diese Beispiele nicht zur Erläuterung verwendet.
  • In so einer grundlegenden Arbeit wäre zu erwarten gewesen, dass die Gedanken von Hegel mit eigenen Worten und an zahlreichen Beispielen verständlich gemacht werden.
  • Hegel verwendet den Begriff des Widerspruchs immer nur in Bezug auf einen einzelnen Gegenstand, Erscheinung oder Begriff. Das Problem dialektischer Wechselbeziehungen zwischen unterschiedlichen Gegenständen oder Erscheinungen wird nicht explizit behandelt. Es wäre zu untersuchen, wie es sich einordnen ließe.
  • Der Begriff des Negativen und der Negativität ist ein dominierender Terminus, der die Rezeption des Textes erheblich erschwert.

Heinz Kimmerle

(1986): Verschiedenheit und Gegensatz. Über das Verhältnis von Dialektik und Denken der Differenz

Der Autor versucht zu Beginn die Ableitung der Kategorie Identität, Unterschied und Widerspruch in der Wissenschaft der Logik von Hegel kritisch nachzuvollziehen. Er meint, dass dieser Kategorienzusammenhang die eigentliche Begründung für das enthält, was Hegel am Ende des gesamten Werkes die dialektische Methode nennt. Er wirft bereits die Frage auf, ob der Zusammenhang der Kategorien vielleicht ganz anders als bei Hegel begründet werden kann. Die Erörterung dieser Frage soll deutlich machen, dass die Struktur des dialektischen Denkens eng mit der gesellschaftlich-politischen Situation zusammenhängt, in der dieses Denken entwickelt wird.

Der Begriff der Verschiedenheit wird von Hegel als eine nähere Bestimmung des Unterschieds entwickelt und wird sogleich weiter bestimmt als der Gegensatz.

Gedanken:

  • Bei Hegel ist also der allgemeine Begriff der des Unterschieds, darunter dann der der Verschiedenheit und danach der des Gegensatzes.

Bei den Betrachtungen wird ein beliebiges Etwas von einem beliebigen Anderen unterschieden. Hegel unterscheidet zwischen dem absoluten Unterschied als der Negativität der reinen Identität und dem bestimmten Unterschied als der Einheit seiner und der Identität. Der Unterschied ist nach Hegel beides (also absolutes und bestimmtes) zugleich, was nach Kimmerle freilich rätselhaft bleibt. (S. 269) Das absolute Unterschiedensein und auch das absolute Identischsein gehören zur abstrakten Logik des formalen Denkens. Hegel, der die Logik des Denkens der Wirklichkeit entwickeln will, geht davon aus, dass in einer Beziehung stets unterschiedliche und identische Aspekte zu unterscheiden sind d. h. vom Unterschied des Unterschieds und der Identität.

Die Verschiedenheit bringt die äußere Seite der Reflexion zum Ausdruck. Sie repräsentiert den Vorgang des Vergleichens in der Beziehung. Das Vergleichen bleibt an äußeren Aspekten orientiert, die als solche nicht wesentlich sein können. Der Gegensatz ist für Hegel die Einheit der Identität und der Verschiedenheit. In ihr gelangt der Unterschied zu seiner wesentlichen Form. Die Momente der Verschiedenheit, bestimmt als die Seiten des Gegensatzes, sind nichts anderes als das innere Leben der Identität, die den Rahmen ihrer möglichen Entwicklung angibt.

Gedanken:

  • Die Identität ist also das Ganze.

Die Verschiedenheiten und die Gegensätze sind relativ, während die Identität absolut ist. Deshalb ist nach Meinung von Kimmerle diese Dialektik nicht kämpferisch, sondern letztlich auf Versöhnung gerichtet. Sie entspricht einer gesellschaftlich politischen Wirklichkeit, in der die in Bewegung gekommene Geschichte, auf einer neuen Stufe wieder stabilisiert, in ein dynamisches aber doch innerhalb seiner eigenen Bedingungen verbleibendes Ordnungssystem. (S. 270)

Gedanken:

  • Es ist sicher zutreffend, dass Hegel im Unterbewusstsein die Stabilität der aktuellen Ordnung hatte und sich dies auf seine Philosophie auswirkte. Allerdings sind die Ausführungen in der Wissenschaft der Logik nicht allein aus politischer Sicht zu betrachten. Es handelt sich um allgemeine Aussagen zu jeglicher Erkenntnisgewinnung.

Hegels Ableitung besagt nach Kimmerle: „Der Unterschied als das Negative der Identität verleiht dieser den Charakter des Positiven. Das Negative dieses Positiven erweist sich in sich gedoppelt: Verschiedenheit und Gegensatz.“ (S. 271) Die wesentliche Form des Unterschieds, die im Gegensatz verwirklicht wird, bringt diesen letztlich nicht als radikalisierten Unterschied zur Geltung, sondern lediglich als die negative Seite innerhalb der Identität.

„Mit dem Selbstständigwerden der Reflexionsbestimmungen des Positiven und des Negativen entsteht schließlich der Widerspruch.“ (S. 271)

„Der Widerspruch wird zur universalen Struktur des Denkens, in dem der bestimmte Widerspruch des selbstständigen Positiven und Negativen sich auflöst und sich auf die Einheit der überall identischen allgemeinen Widerspruchstruktur zurückführt. Weil der Unterschied gegenüber der Identität keine gleichwertige Rolle spielt, sind Verschiedenheit und Gegensatz auf die Identität hin orientiert und die Allgemeinheit des Widerspruchs kann in dem Satz zusammengefasst werden: ‚Alle Dinge sind an sich selbst widersprechend‘, darin besteht ihr identisches Wesen.“ (Seite 271)

Kimmerle unterbreitete dann eine eigene Ableitung der allgemeinsten Bestimmungen des auf die Wirklichkeit gerichteten Denkens, die er bereits auf dem Hegel-Kongress in Belgrad 1979 vorgetragen hat und die in Übereinstimmung mit Michael Wolff und Laszlo Erdei als das dialektische Denken bestimmt wird. Sie gehen davon aus, dass alle Wirklichkeit in der Form von Verhältnissen zu denken ist. Dieses Denken ist stets zugleich Bestimmen und Ausschließen. Jede Bestimmung bildet aber einen Widerspruch zu dem, was durch sie ausgeschlossen wird. Das Denken der Wirklichkeit als das Denken von Verhältnissen erweist sich so als das Denken von Widersprüchen.

Gedanken:

  • Sie verwenden also als Grundbegriff dem Begriff „Verhältnis“ und beschreiben das Denken in Verhältnissen als das Denken von Widersprüchen.

Die innere Struktur eines Widerspruchs enthält einen gegensätzlichen und einen allgemeinen Widerspruch. Ein gegensätzlicher Widerspruch sind Bestimmungen, die zur Kennzeichnung von menschlichem oder der durch menschliches Handeln geprägten Verhältnisse verwendet werden. Die Eigenschaften der Dinge, die nicht in ihrem vollen Handlungs- und Weltzusammenhang gedacht werden, fast er unter die Kategorie der Verschiedenheit. Gegensätzliche Widersprüche müssen aufgehoben werden, wozu ein Kampf erforderlich ist. Die Widersprüche die nicht auf einem Gegensatz, sondern auf einer Verschiedenheit beruhen, lösen sich von selber auf. In diesem Ansatz erhält die Verschiedenheit eine gleichberechtigte Stelle neben dem Gegensatz. Die These von der Allgemeinheit des Widerspruchs wurde von Mao Tsetung am treffendsten und kürzesten ausgedrückt durch den Satz, dass „der Unterschied immer ein Widerspruch ist.“ (Mao Tsetung 1956: Über den Widerspruch. In Ausgewählte Schriften Bd. 1, Seite 263)

Gedanken:

  • Das ist alles noch recht verworren und unbestimmt. Die Verschiedenheit ist ein sehr allgemeiner Begriff. Verschiedenheit kann sich auf wesentliche und unwesentliche Merkmale wie zum Beispiel die Farbe eines Gegenstands beziehen.
  • Interessanterweise beruft er sich auf Mao Tsetung. Den Satz, dass der Unterschied immer Widerspruch ist, halte ich aber für völlig unzutreffend.

Er diskutiert dann Fragen zum Verhältnis von Dialektik und Denken der Differenz. Der Begriff Differenz steht bei ihm sowohl für den Unterschied als auch die Verschiedenheit, da aus seiner Sicht die Unterschiede der beiden Begriffe bei Hegel nicht deutlich gemacht werden. (S. 275)

Er ist der Meinung, dass man verschiedene Typen von Gegensätzen bzw. Widersprüchen unterscheiden muss, die verschiedene Typen von Entwicklung möglich machen. Dies hätte Mao mit seiner Lehre vom Widerspruch versucht und auch Althusser hat diese Gedanken weiter ausgeführt in seiner Auffassung einer „Struktur mit Dominante“. Maos Lehre von Haupt- und Nebenwidersprüchen, die nach der Lage der Dinge ihren Platz wechseln können und von der hauptsächlichen Seite in einem Widerspruch, die sich ebenfalls verändern kann, ist eine Weiterentwicklung von Hegels Dialektik-Modell. Althusser hat für eine weitere Vergrößerung der Beweglichkeit des dialektischen Denkens gesorgt, die der komplizierten Kampfsituation entspricht, in der er sich als marxistischer Theoretiker vorfindet. Es gibt nach ihm nicht nur ein veränderliches System von Widersprüchen, sondern auch eine Mehrfachüberlagerung in den Verhältnissen des Determinierens und Determiniertwerdens.

Der Autor stellt infrage, ob im Zusammenhang mit Problemen der Differenz nicht Bereiche der Wirklichkeit unbegriffen bleiben, die sich der Schlüssigkeit eines Systems dialektischer Einheiten entziehen. Müssen wir nicht zu Formen des Denkens der Wirklichkeit zurückfinden, die dem Denken von Verhältnissen voraus liegen und die dieses nur als eine Möglichkeit der Präzisierung parataktischer Wortfolgen möglich sein lassen? (S. 277)

Gedanken:

  • Der Terminus Widerspruch spielt offensichtlich eine zentrale Rolle in der materialistischen Philosophie. Das trägt nicht zu einer Verständlichkeit ihre Auffassungen bei.
  • Der Begriff Differenz scheint mir sehr weit gefasst zu sein und eher dem Begriff Unterschied als Verschiedenheit zu entsprechen.

Er führt dann als Beispiel an, dass der Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit in der heutigen Zeit nicht allein die Arbeiterklasse betrifft, sondern ebenso den Mittelstand und das Beamtentum. Er führt weiterhin die Frauenbewegung und Probleme rassische Minderheiten an. Um das Denken der Differenz weiter auszuarbeiten kann man bestimmte theoretische Entwürfe verwenden, die innerhalb der Frauenforschung entwickelt wurden. Das Spezifische der Frauen, ihre Andersartigkeit ist noch unentdeckt und noch wenig ausgesprochen oder ansprechbar. Philosophische Vorarbeiten für eine Logik der Differenz finden sich auch bei Heidegger und Jacques Derrida, auf die er eingeht. Er verweist dann weiterhin auf Michel Foucault und Jean François Lyotard, die sich zum Beispiel mit geistig gestörten Menschen in psychiatrischen Kliniken oder dem Kampf von Minoritäten beschäftigen. Er sieht abschließend das Denken der Differenz als umfassender als das dialektische Denken an.

Gedanken:

  • Der Autor scheint im Innern linksorientiert zu sein. Er sieht aber, dass die Fixierung auf die grundlegenden ökonomischen Widersprüche in der kapitalistischen Gesellschaft nicht alles erfassen und versucht eine Ausdehnung auf viele weitere Konflikte vorzunehmen.
  • Das Verhältnis dieser Konflikte mit den ökonomischen Grundlagen wird von ihm nicht dargestellt, was im Rahmen des Aufsatzes auch kaum möglich ist.
  • Es ist aber großer Irrtum, dass das Denken in Differenzen umfassender als das dialektische Denken ist. In jeder der von ihm genannten Differenzen gibt es zahlreiche dialektische Wechselverhältnisse, die das Wesen der Differenz ausmachen.
  • Offensichtlich ist das Festhalten am Begriff Widerspruch mit einer starken Einschränkung des Denkens verbunden, im Unterbewussten ist der Begriff Widerspruch mit Klassengegensätzen verbunden. Dies spricht erneut dafür, ihn möglichst als philosophische Kategorie zu vermeiden.

Literaturverzeichnis

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1970): Werke in zwanzig Bänden. 6. Wissenschaft der Logik II. Auf der Grundlage der Werke von 1832-1845 neu edierte Ausgabe. Unter Mitarbeit von Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag (Theorie Werkausgabe, 6).

Kimmerle, Heinz (1986): Verschiedenheit und Gegensatz. Über das Verhältnis von Dialektik und Denken der Differenz. In: Dieter Henrich (Hg.): Hegels Wissenschaft der Logik. Formation und Rekonstruktion. Symposion des Instituts für Philosophie der Akademie der Wissenschaft der Sowjetunion und der Internationalen Hegelvereinigung. Moskau, Oktober 1980. 1. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta (Veröffentlichungen der Internationalen Hegel-Vereinigung, 16), S. 265–282.

Wolff, Michael (1986): Über Hegels Lehre vom Widerspruch. In: Dieter Henrich (Hg.): Hegels Wissenschaft der Logik. Formation und Rekonstruktion. Symposion des Instituts für Philosophie der Akademie der Wissenschaft der Sowjetunion und der Internationalen Hegelvereinigung. Moskau, Oktober 1980. 1. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta (Veröffentlichungen der Internationalen Hegel-Vereinigung, 16), S. 107–128.

Wolff, Michael (2017): Der Begriff des Widerspruchs. Eine Studie zur Dialektik Kants und Hegels. Mit einem Nachwort versehene dritte, durchgesehene Ausgabe. Berlin: Eule der Minerva Verlag.

[1] Mit L I bezeichnet Wolff: Wissenschaft der Logik, Erster Band (1812/1813) in GW 11, 1978

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